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Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 1: Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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verbunden, andere über Möbius-Rolltreppen, wieder andere durch längere Treppengänge, die in einem Winkel von neunzig Grad auf die kürzeren stießen. Dann gab es Korridore, die unvermittelt endeten und senkrecht nach unten stürzten. Es war ein Meisterstück in 3-D-Hyperraumgeometrie, nach Meinung gewisser Mathematikphilosophen sogar etwas, das noch weit darüber hinausging: etwas, das den Zutritt ermöglichte in eine Welt, in der es noch andere, unerklärliche Dimensionen gab. Um diesen Zutritt zu erhalten, brauche man sich – so meinten sie jedenfalls – lediglich auf den ›höchsten‹ Punkt der ›höchsten‹ Treppe zu stellen, die Augen zu schließen und sich dann ganz entspannt nach hinten, ins Nichts zu lehnen. Dann wäre es möglich, im paradimensionalen Fall alle Gesetze der herkömmlichen Geometrie zu umgehen und einzutauchen in eine Welt, in der weiß der Himmel wie viele Dimensionen sich tummelten. Seltsamerweise hat aber nie jemand den Mut gefaßt und festzustellen versucht, ob das denn tatsächlich der Fall war.
    Unglücklicherweise haben Entwurf und Bau des ›Drehkreisels‹ einen schlimmen Tribut von ihrem Schöpfer gefordert. Mit Ämze Ächzer ging es bergab – unaufhaltsam und in rasender Geschwindigkeit wie auf einer spiralförmig gewundenen Rutschbahn. Als man ihn nach Jahren dann endlich wieder fand, hockte er hochgradig verwirrt am Fußende mehrerer Treppenhäuser. Man brachte ihn in ein Heim für wahnsinnige Architekten, in dem er für den Rest seines Lebens verblieb und still für sich versuchte, Mosaike aus Reptilien und Fröschen zusammenzusetzen.
     
    Inzwischen war auch das Häuflein der Eindringlinge an dieser Stelle angekommen. Klein kamen sie sich vor, sehr klein und unbedeutend, als sie in den riesigen Raum traten, nach oben blickten und das Gewirr aus Treppen, Korridoren und gewundenen Rolltreppen sahen. Firkin blieb vor Erstaunen der Mund offenstehen. Hogshead wurde entsetzlich schwindlig. Der Pastetenbäcker kippte um.
    »Tut … tut … mir leid, Courgette«, flüsterte Firkin, der jetzt die Dimension der Schloßanlage erkannte. »Es ist riesig.«
    »Hab ich doch gesagt.«
    »Ich wette, du hast keine Ahnung, wo es jetzt weitergeht.«
    »Nein.«
    »Wie viele Finger hast du eigentlich, Merlot?« fragte Firkin.
    »Auf jeden Fall nicht viel genug, was?« antwortete der Zauberer, der gerade zusah, wie sich der Pastetenbäcker wieder aufrappelte.
    »Dieser Korridor sieht hübsch aus.« Hogshead zeigte auf einen Gang, in dem man mehr Fackeln brannten als in den übrigen.
    »Aber da jeht et ja unendlisch viele Treppen rauf«, jammerte der Pastetenbäcker.
    »Klar. Könige leben schließlich nicht im Erdgeschoß«, erläuterte Hogshead.
    Der Pastetenbäcker zuckte die Achseln, die Gruppe machte sich an den Aufstieg.
    »Seht immer nur genau auf die Stufen vor euch«, riet Merlot. »Wir haben es hier mit Magie zu tun!«
    Firkin stieg als erster die schmalen Stufen hinauf.
    Nach kurzer Zeit schon kamen sie auf einem Treppenabsatz an, bogen ab und stiegen auf einer Treppe weiter, die unmittelbar neben der nach oben verlief, die sie heraufgestiegen waren. Die Treppe wurde steiler.
    Firkin blickte nach ›oben‹ und spürte im selben Augenblick, daß sich die Stufe, auf der er stand, hob und senkte, wieder hob und wieder senkte – es war wie ein Kamelritt bei einem Erdbeben. Er packte den Handlauf; ihm wurde schwindlig und entsetzlich schlecht. Er spürte nach wie vor die vertraute Wirkung der Schwerkraft und war sich deshalb sicher, daß er ›nach oben‹ sah. Und trotzdem meldete ihm sein restliches Empfindungsvermögen überdeutlich, daß er ›nach unten‹ blickte – weit nach unten, sehr tief nach unten! Er schüttelte den Kopf, sah zur Seite und blickte ins Leere. Keine gute Idee. Alles drehte sich, sein Magen geriet in Aufruf, er blickte in einen Abgrund, der gleichzeitig nach unten und oben zu stürzen schien. Er blieb stehen, drückte sich eng an die Wand, umklammerte den festen Stein und preßte schutzsuchend die Wange dagegen. Sein Puls raste. Die Wand bewegte sich. Bewegte sie sich wirklich? Oder war er es, der hin und her schwankte? ›Oben‹ und ›unten‹ wurden zu tückischen Gerüchten, von denen er vor langer Zeit einmal gehört hatte. Er drehte sich, stürzte und purzelte in einer wirbelnden Spirale zum Himmel hinunter. Oder vielleicht zum Boden hinauf …? Eine Hand legte sich auf seine Schulter, hielt ihn fest …
    »Alles in Ordnung?« fragte

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