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Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 1: Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Hogshead.
    »Schau bloß … bloß … nicht hinunter. Oder … oder hinauf«, antwortete Firkin. Er war bleich und zitterte.
    »Warum nicht?«
    »Tu … tu’s nicht! Es ist schrecklich!«
    Firkin klammerte sich so verzweifelt an die Wand, als befürchte er, ab- oder hinaufzustürzen in einen Mahlstrom, aus dem es kein Entrinnen gab. Dantes Inferno gab es tatsächlich. Und es war gar nicht einmal so weit weg – es lag knapp einen Meter hinter ihm.
    »Geh endlich weiter!« drängte Hogshead. »Du stehst im Weg. Mach schon! Geh weiter!«
    »Wohin?«
    »Nach oben.«
    »Wohin?«
    Hogshead schubste Firkin sanft die Treppe hinauf, lenkte jeden seiner Schritte, sprach ohne Ende auf ihn ein – so lange, bis sie endlich auf dem nächsten Treppenabsatz angelangt waren. Firkin fiel auf die Knie und küßte den Boden. Küßte ihn wie einen lange vermißten Freund, der irgendwann in Urlaub gefahren und weggeblieben war und erst jetzt wieder nach Hause kam – nur ungern und nur deshalb, weil ihm das Geld ausgegangen war. Er legte sich auf dem Boden, sprach flüsternd auf ihn ein (es war ein erbärmlicher Anblick), hielt die Augen fest geschlossen und spürte die beruhigende Kraft der Erdanziehung. Sie zog in eine Richtung. Er nannte sie ›unten‹.
    Mit der Zeit kam auch der Rest der Gruppe auf dem Treppenabsatz an, als letzter der Pastetenbäcker, der wie eine Dampflokomotive schnaufte.
    Merlot blickte Firkin vorwurfsvoll an: »Du hörst wohl nie darauf, was man dir sagt, was?«
    Vor ihnen erstreckte sich ein großer Korridor und bog um eine nicht einsehbare Kurve, rechts von ihnen bog ein kleinerer Korridor ab. Firkin zuckte die Achseln, schlich sich, ein Bild des Jammers, in diesen kleinen Gang, setzte sich auf den Boden und lehnte sich an die Wand. Der kalte Stein gab ihm ein Gefühl der Sicherheit. Allmählich wurde er ruhiger, sein gefoltertes Wahrnehmungsvermögen erholte sich wieder. Bald darauf wurde ihm bewußt, daß er einer Unterhaltung zuhörte.
    Er hörte eine leise Stimme fragen: »Was ißt du denn da?« Es war Courgette.
    Er hörte Hogshead antworten: »Kekffe.«
    Verwirrt schlug er die Augen auf und sah Hogshead an einem großen, goldbraunen Haferkeks knabbern.
    »Woher hast du den?« fragte Courgette.
    »Äh … ich … hab ich gefunden«, log Hogshead und schluckte.
    »Wo?«
    »Er ist so rumgelegen und … äh …«
    »Mein Vater tobt, wenn er das merkt.«
    »Es waren viel zu viel für sechs Leute.«
    »Das nenne ich Diebstahl!«
    »Ich nenne es Steuer«, sagte Hogshead trotzig. »Wird Zeit, daß wir mal was zurückbekommen! Hab ich recht, Firkin?«
    Er lächelte seinem Freund zu und reichte ihm einen Keks. Firkin biß hinein.
    »Sind woll meine Pasteten nit mehr jut jenuch?« stichelte der Pastetenbäcker.
    »Mir war nur eben mal nach …«
    »Pssst!« Firkin legte den Zeigefinger an die Lippen.
    »Was?« flüsterte Hogshead.
    »Ich höre Stimmen.«
    Hinter der Biegung war Gemurmel zu hören – tiefe bedächtige Stimmen. Firkin schlich sich vorsichtig an, lugte um die Ecke und war im selben Moment wieder zurück.
    »Zwei von der Schwarzen Garde!« Seine Stimme zitterte leicht.
    »Was tun wir jetzt?« fragte Hogshead. Die Angst hatte ihn wieder gepackt.
    »Überlaßt das ruhig mir«, sagte Merlot bestimmt. »Ich habe Erfahrung in derlei Angelegenheiten.« Und damit schritt er, begleitet vom leisen Geklingel der Glöckchen an seinen Schuhen, melodisch voran. Firkin, Hogshead und der Pastetenbäcker sahen mit offenem Mund, wie der Zauberer um die Ecke bog.
    »Oooh«, flüsterte Courgette bewundernd, »was für ein tapferer Mann!«
    Merlot war nicht mehr zu sehen. Die vier lauschten gespannt, erwarteten jeden Moment jene gewaltigen thaumaturgischen Donnerschläge zu hören, mit denen Merlot ihre Feinde vernichtet hätte. Statt dessen aber hörten sie hinter der Wegbiegung die besänftigend milde Stimme des Zauberers: »Guten Tag, die Herren. Ich gehe doch sicher nicht fehl in der Annahme, daß Sie mir sagen können, wo ich den König finde, was?«
    Börrnhadt und Mattsches sahen sich ungläubig an, nickten sich stumm zu und rannten hinter dem fliehenden Zauberer her, der mit wehenden Rockschößen und dem wild flatternden Arbutus an der Seite um die Ecke sauste.
    »Hier entlang!« rief er Firkin zu und deutete auf den kleinen Korridor zur Rechten. Im nächsten Moment waren sie auf den Beinen und rannten, was das Zeug hielt, vor den beiden riesigen Schloßwächtern davon, die gerade um die Kurve

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