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Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 1: Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Festungsanlage, hätte es gut und gern noch Mitternacht sein können. Nur für zwei ganz bestimmte Menschen, die leider nicht weit, weit von diesem Punkt entfernt waren, war es selbst hier noch viel zu hell.
    »OOHHHHGNNOHHHH!« stöhnte Firkin, als er versuchsweise die verquollenen roten Augen aufschlug. »NICHT SCHON WIEDER!« Während er geschlafen hatte, mußte jemand einen Teppich auf seiner Zunge verlegt haben. Der Paukist dengelte ungerührt immer weiter auf sein Instrument ein.
    »OHHHGOTTO-GOTTO-GOTTO-GOTT!« Zunächst nur ganz schwach, dafür aber vom ersten Moment an zutiefst demütigend, meldete sich die Erinnerung zurück, die Erinnerung daran, was in der vergangenen Nacht geschehen war. Beschwingten Schritts flanierte sie hinauf in die Gedächtniszentrale in Firkins Kopf und piekste mit dem, was in der neuronalen Welt des Gehirns einer Schirmspitze entspricht, haarscharf in die synaptischen Spalten. Trat dann einen Schritt zurück und wartete die Wirkung ab.
    Firkins Gesicht nahm eine äußerst merkwürdige Farbe an, verfärbte sich, als peinlichste Verlegenheit und Brechreiz um die Vorherrschaft kämpften, auf irgendeine Weise rot und grün zugleich. Die Gesichtsmuskulatur ruckte und zuckte in einfühlsame Anpassung an das kämpferische Hin und Her, als Unglaube und offenkundige Klarheit einander einen Halbnelson ansetzten. Firkin verlor den Kampf. Er sah Hogshead an, öffnete den Mund und sagte: »Wa…?«
    Und so, mit offenem Mund, starrte er Hogshead noch immer an, nachdem der ihm (es mochte zwei, drei Minuten lang gedauert haben) erzählt hatte, daß sie, nachdem man sie auf eine sehr nachdrückliche Art und Weise aus dem Spuckschloß gewiesen habe, die Nacht auf der Gasse gelegen hätten. Der Wirt habe sich ein klein wenig unfroh gezeigt, als er hatte feststellen müssen, daß sie kaum so viel Geld in der Tasche gehabt hatten, um ihr Bier bezahlen zu können. Von den Speisen, die sie konsumiert hatten, und den diversen gehaltvolleren Getränken ganz zu schweigen. Sie könnten froh sein, daß man ihnen nicht die Knochen gebrochen habe. Der Wirt habe sich aber letztlich doch als liebenswürdiger Mensch erwiesen und sie ziehen lassen. ›Weil‹, so habe er wortwörtlich gesagt, ›weil schließlich ham wir schon ewich nich mehr so viel gelacht, was, Gnorm?‹
    ›Arr‹, habe Gnorm ihm daraufhin beigepflichtet.
    Firkin sah übel aus. Und es war ihm noch viel übler, als er aussah. Er wünschte sich sehnlichst, der Boden möge sich auftun und ihn verschlucken.
    »Warumtussudichnichaufunverschluxmich, Bodn?« fragte er und steckte den Kopf zwischen die Knie.
    Hogshead holte den Kübel.
     
    Hoch oben, in einem Zimmer in einem der höchsten Türme von Schloß Isolon, war ein Mann emsig beschäftigt. Er säuberte die unzähligen Käfige, die dort standen, die dünnen, knochigen Hände bewegten sich flink und geschickt. Es war ein Drecksjob. Der Mann trug einen alten Overall, hohe Stiefel, eine Schiebermütze und eine lederne schwarze Augenklappe. Mit schwungvoller Gebärde wischte er den letzten Käfig aus, warf die Taube wieder hinein und schloß schleunigst die Tür. »Graaaa!« schrie er erleichtert. Es war eine lästige Pflicht, aber irgend jemand mußte sie tun. Nicht irgend jemand. Nur er konnte das tun. Niemand sonst im Schloß wußte von den etwa dreißig Tauben, die er dort oben hielt. Es war sein Geheimnis.
    Er hörte das Geräusch flatternder Flügel, das Scharren von Vogelkrallen – eine Taube war auf der steinernen Fensterbank gelandet. Ängstlich griff er sich den Vogel und holte ihn, den Arm weit ausgestreckt, ins Zimmer. Er kauerte auf den Boden nieder, hielt das Geflügel mit dem Kopf nach unten in der Hand und band ihm das Stück Papier vom Bein los. Dann öffnete er den nächstliegenden leeren Käfig und warf die Taube hinein. Eine Handvoll Federn schwebte sanft zu Boden.
    Er dröselte den schmalen Streifen Papier auf und las:
     
    Wg. bevorstehendem kgl. Festmahl Abholung nächste Nachschublieferung am Morgen des Neunzehnten – Stop – Kümmert Euch drum, daß Ladung komplett ist – Stop
    SONST – Stop
     
    Er rechnete kurz nach.
    »Heute!« Er spuckte die Taube an.
    Wie er sie haßte, diese Cranachier! Die nichts Besseres zu tun hatten, als ihm immer wieder seine Pläne über den Haufen zu werfen! Und dann auch noch von einer Sekunde auf die andere! Er haßte seine Arbeit, er haßte das ganze Königreich, er knirschte mit den Zähnen, er mußte raus hier! Raus aus Isolon, so

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