Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum
salbe?«
»Was?« blaffte Bharkleed.
»Würg!« Flaezz krümmte sich. »Hört sich ja scheußlich an!«
»Verschwindet endlich«, fauchte Bruder Wenzl. »Laßt uns in Frieden, und stört uns nicht fortwährend!«
»Darf ich das so verstehen, daß es also nicht Euer Wunsch ist?«
»Genau so!« bekräftigte Bharkleed.
»Na gut, ich wollte nur gefragt haben. Es gibt immer wieder geistliche Herren, die das schätzen, wenn sie mit Beten beschäftigt sind.«
»Das will ich Euch gern glauben.« Flaezz schloß die Tür und verbarrikadierte sie mit einem Stuhl.
»Mach bitte weiter, Wenzl«, brummte Bharkleed.
»Äh ja, hmm. Schaut euch die Karte an. Wir sind unwahrscheinlich stark in diesen Vierteln.« Er zeigte auf die Karte. »Aber das sind die Armenviertel, und die sind finanziell uninteressant. Hier, im Mittelbereich, haben wir eine leidlich große Anhängerschaft. Und hier, wo wir’s nötig hätten, nur eine sehr kleine: im Viertel der Stinkreichen, in dem Gebiet, das vor allen anderen einer Läuterung bedarf!«
»Und? Das ist doch nix Neues«, fauchte ihn Flaezz an. »Was willst du damit sagen?«
»Und hier, seht euch das hier an!« Bruder Wenzl deutete auf den befestigten Reichspalast, der innerhalb der Mauern der Stadt Cranachan lag: »Null!«
»Ja, und …?«
»Ich will damit sagen: Wir brauchen die Unterstützung eines Mannes, der so mächtig ist, daß er den Stein ins Rollen bringen kann. Die Unterstützung eines Mannes, der das letzte Wort hat …«
»Genau …«, pflichtete Bharkleed bei, der mit dem intensiven Studium des Schloßplans beschäftigt war.
»… dessen Meinung sich alle anschließen, ob sie diese nun teilen oder nicht …«
»Ich verstehe, was du sagen willst. Das heißt, wir müssen uns …«
»… an den König heranmachen«, jubelte Wenzl. »Wenn wir ihn auf unserer Seite haben, ist alles andere ein Kinderspiel!«
Flaezz nickte.
»Dazu«, sagte Bharkleed, »möchte ich folgenden Vorschlag machen: Wir beantragen die Genehmigung für eine Visitatio-Regis, eine Heimsuchung des Königs, um Seine Majestät, König Kharthezsh, den Herrscher von Isolon und Cranachan, davon zu überzeugen, daß er nichts Besseres tun kann, als sein Leben dem Glauben an die Hochkirche von Sankt Mammon dem Ungewaschenen zu weihen.«
»Schließe mich an«, sagte Wenzl.
»Vorschlag angenommen«, faßte Bharkleed zusammen, starrte dabei gierig auf das rechteckige kleine Stück Pergament, auf dem der im Privatbesitz des Königs befindliche Staatsschatz abgebildet war, und grinste hinterhältig.
»Außer mir noch jemand ein Täßchen Tee?« fragte er abschließend. »Macht mächtig Durst, diese Habgier!«
Es sah aus, als marschierten im Exekutionshof von Schloß Isolon fünfzehn ferngesteuerte nackte Vogelscheuchen, die in drei Reihen zu je fünf Mann zusammengeschlossen waren, auf und über eine hölzerne Pyramide. Seilzüge verbanden eine komplizierte Anordnung von Stangen und Streben zu einem verwirrenden und verwickelten Takelwerk, in dem das Fallbrett eines jeden Galgens mit dem Auslösemechanismus des nächsten Galgens verknüpft war.
Mit stolzgeschwellter Brust stand Pit Pendler, der Taktvolle Galgenstrick, vor diesem Meisterwerk, vor der Bühne, die für seine extravagante Exekutionskunst ausgestattet und mit allerlei Terrassen und gärtnerischen Anlagen geschmückt war. Erhobenen Hauptes trat er an den Haupthebel, der auf einem eigenen Podest, gut sichtbar für alle, montiert war. Von hier aus wollte er, wenn es soweit war, das Spektakel in Gang setzen. So wie der königliche Festgast eine Flasche am Bug des Langschiffs zerschellen läßt und damit jenes zusätzliche Trägheitsmoment auslöst, das das Boot über die schiefe und glatte Bahn der Unvermeidlichkeit nach unten schickt, genau so würde er vor den Augen der Publikumsmassen, die es danach verlangte, daß der Gerechtigkeit Genüge getan wurde, diesen Hebel umlegen. Hurrageschrei, stürmischer Applaus und tumultuarische Begeisterung würden die fünfzehn armen Seelen auf ihrem letzten Gang begleiten. Er glaubte es beinahe schon hören zu können. Nur noch wenige Stunden, dann …
Höchste Zeit, den Wachen ein wenig Dampf zu machen.
Es gab noch eine ganze Menge zu tun: Das Ensemble mußte in die Garderobe * geführt und jedes Ensemblemitglied exakt gewogen werden … Bittgebete um gutes Wetter waren noch zu verrichten …
Und plötzlich stach Pit Pendler etwas ins Adlerauge, etwas, das in seiner Planung nicht vorgesehen war. Hinter
Weitere Kostenlose Bücher