Fischland Mord - Küsten-Krimi
konnten? Von Beziehungen und Ehen gar nicht zu sprechen.«
»Und der einzige Ausgleich dafür ist Betrug, Korruption und was
sonst noch Geld bringt? Wie lange hast du gebraucht, dir das einzureden?«,
fragte Johannsen. »Du hast Kays Tod in Kauf genommen, um deine Geschäfte und
deine Haut zu retten. Du weißt gar nicht, wie du mich ankotzt!«
»Das … ist mir nicht leichtgefallen.«
»Das ist dir nicht …« Johannsen wurde weiß vor Zorn.
»Bengt«, mahnte Verena Steiner sanft.
Statt Johannsen sagte nun Paul, was der Hauptkommissar vermutlich
dachte. »Sie haben zehn Jahre mit ihm zusammengearbeitet. Haben Sie eine
Vorstellung davon, wie schwer es ihm fiel, Sie überhaupt zu verdächtigen?«
»Das sollte mich wohl ehren.« Menning hatte den Anstand, den Blick
zu senken. »Kind hatte jedenfalls damals schon seit Jahren einen gut gehenden
Kunstschmuggel laufen und Leute an der Hand, die falsche Gutachten verfassten,
freiwillig und unfreiwillig. So konnte er wertvolle Objekte günstig kaufen und
mit Gewinn wieder abstoßen. Ich stieg ein und habe im Laufe der Jahre mehr über
Kunst und Kunstgeschichte gelernt als bei einem Studium.«
Er schien in sich hineinzusehen, bevor er weitersprach. »Eine Zeit
lang dachte ich, Josef Kinds einzige Schwäche wäre seine Tochter Tina, von der
er mir ab und zu erzählte. Bis ich kapierte, dass der Mann überhaupt keine
Schwächen kannte und selbst vor seiner Tochter nicht haltmachte. Allerdings war
er stolz auf sie und ihre Talente, und das ist ihm – uns allen – schließlich
zum Verhängnis geworden. Er wollte unbedingt auf Tinas Ausstellungseröffnung
bei den Degenhards. Nicht offiziell, aber er kannte Degenhard durch diverse
Geschäfte, also ließ der ihn auf Schleichwegen rein. Kind bestellte mich hin,
weil wir noch was zu besprechen hatten, aber mir kam ein Fall dazwischen,
deshalb fuhr ich auf dem Weg zu meinem Einsatz nur kurz vorbei und bin Degenhard
selbst gar nicht begegnet. Während dieser zwei Minuten musste Kind unbedingt in
den Ausstellungsraum sehen. Ich wollte ihn aus dem Blickfeld ziehen, das war
sicher der Moment, in dem der Fotograf auf den Auslöser drückte. Wir verlegten
unsere Verabredung auf später an diesem Abend in ein Restaurant außerhalb der
Stadt. Tina saß noch bei ihm, als ich kam. Das hatte er bestimmt nicht geplant,
aber …«
Wieder sahen Tina und Menning sich an, und obwohl Kassandra ihnen
beiden gegenüber nur Abscheu empfand, erkannte sie doch, was sie einander
bedeuteten.
»Claus hat gar nicht so unrecht«, ergänzte Tina. »Auf gewisse Weise
war ich die einzige Schwäche meines Vaters. Nicht nur, weil er mich
besitzergreifend liebte, sondern weil er mich für seine Geschäfte brauchte.
Seine Erpressungsopfer hatten oft genügend zu verbergen, aber manchmal eben
nicht, und da kam ich ins Spiel. Es war reizvoll, Macht über Männer zu haben,
die«, sie sah flüchtig zu Degenhard, »nur noch mit dem Schwanz dachten, sobald
ihnen eine attraktive, oft weitaus jüngere Frau ein bisschen einheizte. Dann
lernte ich Arnold kennen und dachte, ich wäre zum ersten Mal in meinem Leben
wirklich verliebt. Dabei wusste ich damals gar nicht, was Liebe ist. Mein Vater
war vor allem skeptisch, ob ich trotz einer festen Beziehung unsere
geschäftliche weiterführen konnte. Er war zufrieden, als sich rausstellte, dass
ich damit keine Probleme hatte. Arnold und ich waren übrigens tatsächlich sehr
diskret, wir verbargen sogar einige unserer Arbeiten vor der Öffentlichkeit,
allerdings nicht wegen meines Vaters, wie Arnold glaubte. Vielmehr sollte keins
der potenziellen Erpressungsopfer mich dauerhaft mit demselben Mann in
Verbindung bringen. Zwei Jahre ging alles gut, dann trafen mein Vater und
Arnold in meiner Wohnung zufällig aufeinander, und es gab keinen
offensichtlichen Grund mehr, warum wir Arnolds Bild und meine Plastik nicht
ausstellen sollten. Jede Weigerung meinerseits hätte Arnold bloß misstrauisch
gemacht. Das brachte auch keine Schwierigkeiten, die begannen erst, als ich
Claus begegnete. Wir sahen uns an und wussten, dass diese einzige Sekunde unser
ganzes Leben veränderte.«
»Uns beiden war klar, dass Kind nichts gegen Kesting unternommen
hatte, weil er zu keiner Zeit eine Gefahr darstellte«, fiel Menning wieder ein.
»Er war bloß so bis zum Wahnsinn verliebt in Tina, dass er nicht mal begriff,
was sie nebenbei tat. Mit Tina und mir sah das anders aus. Kind hätte nie
geduldet, dass sich jemand ernsthaft zwischen ihn und
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