Fischland Mord - Küsten-Krimi
seine Tochter drängt oder
dass sie aufhört mit den inszenierten Affären. Oder dass ich aus dem Geschäft
aussteige. Wir wollten aber genau das: aussteigen und unser Leben leben. Kind
hätte alles getan, um das zu verhindern, jedenfalls was mich betrifft. Und wenn
ich sage alles, meine ich alles. Das hieß, wir mussten vor ihm handeln. Ich
verfügte im Gegensatz zu Kind nicht über die Kontakte, die dafür notwendig
waren, und es selbst zu tun, wäre nur die allerletzte Lösung gewesen. Kesting
schien uns der geeignete Kandidat. Tina wusste, wie jähzornig er werden konnte,
wenn man ihn genug anstachelte oder reizte.«
»Ich ließ mein Verhältnis mit Raimund platzen, damit Arnold davon
erfuhr«, sagte Tina, »und erzählte ihm eine herzzerreißende Geschichte, dass
mein Vater mich quasi gezwungen hätte, ihm aus der Patsche zu helfen. Nur
dieses eine Mal.« Tina warf Kassandra einen Blick zu. »Ich hab dir gesagt, wie
er reagiert hat. Ich hab überhaupt viel gesagt, was der Wahrheit entsprach,
damit meine Geschichte möglichst glaubwürdig klang. Arnold ist jedenfalls erwartungsgemäß
ausgerastet. Ich musste geschockt tun und ihn davon abhalten, zu meinem Vater
zu rennen und ihm seine Meinung zu sagen. Er sollte mehr tun als das. Ich
erzählte, wie sehr ich meinen Vater liebte, damit Arnold glaubte, ich würde
jederzeit auf dessen Seite stehen statt auf seiner. Das tat er am Ende auch,
bloß war er darüber nicht wie erhofft unglaublich wütend, sondern bloß
frustriert. Er hat seine Sachen gepackt, ist gegangen, und Claus und ich
dachten, unser Plan wäre gescheitert. Da kam uns unerwartet Raimund zu Hilfe,
der die Finger nicht von anderen Frauen lassen konnte. Ich arrangierte das
Treffen zwischen ihm und Arnold in dieser Galerie, deren Inhaberin ich kannte.
Es war nur ein Testballon, aber wir hatten nichts zu verlieren. Zwei Menschen
vereint im Hass auf einen anderen können eine eigene Dynamik entwickeln – und
es hat funktioniert.« Tina schaute beinah triumphierend in die Runde.
Kassandras Widerwillen und Verachtung wuchsen im selben Maße. Es war
nicht so sehr die Tatsache, dass sie sich von Tina manipulieren lassen hatte,
sondern vielmehr deren völlige Ignoranz gegenüber den Gefühlen anderer
Menschen, die sie zur Weißglut brachte. »Dumm nur, dass Arnold alle Schlüssel
deines Vaters an sich genommen hatte, sein Telefon und sein Notebook. Ihr
hättet einkalkulieren müssen, dass er euch nicht nur die Drecksarbeit abnimmt,
sondern ein bisschen genauer nachforscht. Aber wie hättet ihr vorsorgen sollen?
Ihr konntet ja nicht wissen, ob und wann Arnold zuschlägt«, forderte sie Tina
heraus. »Jetzt waren Kinds Sachen in seinem Besitz, er konnte sehen, was du
jahrelang gemacht hast, auch während er mit dir zusammen war. Wahrscheinlich
dachte er, Kind hätte dich dazu gezwungen. Aber als du ihn im Keller
eingesperrt hast und nichts weiter von ihm wolltest als diese Unterlagen, muss
selbst er verstanden haben, was passiert war. Du konntest nur wissen, dass er
die Papiere, Fotos oder was immer hatte, wenn du auch wusstest, was er getan
hatte, richtig?« Kassandras Stimme hatte sich gehoben. »War es so?«, fuhr sie
Tina an.
Aber nicht Tina antwortete. »Ja«, sagte Arnold leise. »So war’s.
Nach Kinds Andeutungen am Bodden hatte ich begriffen, dass er bis zum Hals in
jeder Menge unsauberer Geschäfte steckte – die Erpressungen waren nur ein Teil
seiner Machenschaften, für die ich reihenweise Beweise fand. Nicht in seinem
Notebook, dessen Passwörter ich nicht knacken konnte und das ich deshalb
vernichtet habe. Dafür in seinem Haus. Das war zwar gesichert wie Fort Knox,
aber er hatte sämtliche Codes für die Überwachungsanlage und den Safe
ausgerechnet in seinem iPhone gespeichert, durch das ich außerdem Zugriff auf
Daten und Kontakte bekam, die auf den ersten Blick nicht viel verrieten, auf
den zweiten aber vielleicht noch mal nützlich sein konnten.« Arnold sah zu
Kassandra. »Was sich gerade vorhin bewahrheitet hat.«
Er warf einen verbitterten Blick auf Menning. »Während ich da unten
im Keller hockte, wurde mir klar, dass Tina mich benutzt hatte, weil sie frei
sein wollte von ihrem Vater. Mir war nicht klar, dass
es einen anderen Mann in ihrem Leben gab. Im Gegenteil, ich dachte, sie würde
mich vielleicht irgendwann wieder lieben, wenn sie nur genug Zeit hätte zu
verinnerlichen, was ich für sie getan hatte, und zu erkennen, dass ich ihr
niemals schaden würde. Aber wenn ich ihr sofort
Weitere Kostenlose Bücher