Fischland-Rache
um zu erkennen, dass er den Blinker links setzte. Auf der HauptstraÃe herrschte mehr Verkehr, Paul konnte ihm nicht unmittelbar folgen, sodass sich zwischen ihnen und dem Volvo schlieÃlich drei Autos befanden. Eines fuhr bald darauf in die schmale StraÃe, die zum Althäger Hafen führte, damit verbesserte sich Pauls Sicht auf Petersâ Volvo.
»Was hat er denn nun gesagt?«, nahm Paul den Faden ihres Gesprächs wieder auf, während sie den Ortsteil Althagen verlieÃen und in Richtung Niehagen und Wustrow weiterfuhren.
Kassandra berichtete knapp und erntete einen fragenden Seitenblick.
»Was meinte er damit, unliebsame Freunde wären âºimmer noch besser als â¦â¹? Glaubst du ernsthaft, er dachte dabei an Inga?«
»Möglich. Bloà hatte er sich ja schon darüber ausgelassen, wie wenig er von ihr hält, warum sollte er sich verbieten, weiter über sie zu schimpfen?«
»Eben.«
Bis zur Mühle am Ortseingang von Wustrow fuhren sie, ohne ein weiteres Wort zu wechseln.
»Wohin will er?«, fragte Kassandra, als er in den Friedhofsweg einbog.
»Zu Mirko, denke ich. Der wohnt in der OsterstraÃe.«
»Aber es ist Sonntagabend, Mirko wird arbeiten und im âºFisch-Länderâ¹ sein.«
Dennoch stellte sich heraus, dass Paul recht hatte. Sie hielten zwar sehr viel Abstand, weil kein Wagen mehr zwischen ihnen war, doch die OsterstraÃe war schnurgerade, und sie konnten ohne Schwierigkeiten erkennen, wie Peters vor dem drei Häuser umfassenden Wohnblock parkte, ausstieg und auf den ersten Eingang zuging. In Wustrow gab es nur sehr wenige Wohnblöcke, einer davon, in dem früher Angestellte der Seefahrtschule gewohnt hatten, stand hier. Paul bog in die schmale FeldstraÃe ein, hielt an und schaltete das Licht aus. Im Rückspiegel beobachteten er und Kassandra, wie in einer Wohnung in der zweiten Etage das Licht eingeschaltet wurde. Mehr konnten sie nicht erkennen.
»Das heiÃt wohl, dass Mirko nicht zu Hause ist«, stellte Paul fest und wendete den Wagen, damit sie einen besseren Blick auf die OsterstraÃe hatten. »Erstaunlich, dass er seinem Vater einen Wohnungsschlüssel überlassen hat.«
»Vielleicht hat er das nicht«, wandte Kassandra ein. »Oder er stammt aus der Zeit, als sie sich gerade mal nicht gestritten haben.«
Paul lachte kurz auf. »Wann soll das gewesen sein? Wie auch immer â wenn wir davon ausgehen, dass Ralf vorhin versucht hat, Mirko zu erreichen, muss er wissen, dass er nicht da ist. Das heiÃt, er will gar nicht mit ihm reden, sondern verfolgt andere Ziele.«
Eine ganze Zeit lang sagte keiner von ihnen etwas, obwohl Kassandra eine Menge im Kopf herumging. Langsam wurde es kühl im Auto ohne Heizung.
»Paul?«, brach sie schlieÃlich das Schweigen.
»Ja?«
»Ist Ralf eigentlich klar, dass du nicht nur vermutest, er hätte dich bespitzelt, sondern tatsächlich über ihn Bescheid weiÃt?«
»Ja.«
Kassandra überlegte, ob sie sich durch diese einsilbige Antwort entmutigen lassen sollte, und entschied sich dagegen. »Hast du ihn damit konfrontiert, nachdem du es rausgefunden hattest?«
»Nein.«
Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Ralf das Thema selbst zur Sprache gebracht hatte, also musste Paul es auf andere Weise durchblicken lassen haben. Wie und warum war es dazu gekommen? Kassandra erinnerte sich deutlich an die Worte, die Paul benutzt hatte, als er im Zuge der Recherchen über den toten Kunstgutachter vor Monaten über Ralf Peters gesprochen hatte. Er sagte, er habe ihn »unter Druck gesetzt«, damit er mit dem herausrückte, was er wusste. Paul hatte ihr nicht erzählt, was dieses Druckmittel gewesen war, aber es gehörte jetzt nicht mehr viel dazu, eins und eins zusammenzuzählen.
»Du hast meinetwegen mit ihm darüber geredet. Du hättest es sonst nie erwähnt, oder?«
»Hm.«
»Du kanntest mich gerade mal eine Stunde! Woher wolltest du wissen, dass ich das wert bin?«
Endlich sah Paul sie an, ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen. »Eine Stunde war lange genug.«
»Du bist unvergleichlich«, sagte Kassandra.
»Das ist normalerweise mein Spruch für dich.«
»Passt aber genauso gut zu dir.« Sie berührte seine Hand, die auf dem Lenkrad ruhte. Dabei ging ihr mit einem Mal etwas auf.
Paul bemerkte offenbar, dass sich etwas in ihrem Gesicht
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