Fish im Trüben
gesagt, daß niemand die Autos rausfuhr.«
»Glorias Auto paßt nicht in die Garage. Sie parkt es auf dem Weg neben dem Haus.«
»Da ist ein Weg? Kann man den von deinem Zimmer aus sehen?«
»Nein.«
»Könnte Gloria das Auto weggefahren haben, ohne gesehen zu werden?«
»Da ist ein Tor«, sagte er. Einfach so: »Da ist ein Tor.«
»Wo ist das Auto jetzt, Billy?«
»Es wurde gestohlen.« Seine Stimme war leise. Plötzlich sah er alt aus. Die Hoffnung war dahingeschwunden, gemeinsam mit den Jahren, der Muskelkraft und der Verehrung. Er saß eine Weile schweigend da, trank geistesabwesend und dachte vielleicht an Devon. Dann zahlte er seine Rechnung in bar, schüttelte mir die Hand, dankte mir freundlich und ging.
Ich schloß mein Büro ab, ging aus und betrank mich, ging mit einer mitleidigen Anwältin essen, tanzte mir in einer Disco, die ich niemals wiederfinden würde, den Arsch ab, trank noch mehr, ging nach Hause und verlor das Bewußtsein. Am nächsten Morgen hatte ich einige Wunden zu lecken, aber vermutlich nicht so schlimme wie Billy Cleat.
Ich rief Lizzie an und weinte mich an ihrer Schulter aus, bis sie die Nase voll hatte. »Mein Gott, Syd, alle haben Probleme. Hier sind sie gerade dabei, die Hälfte des Personals zu entlassen, und mein Freund steht unter Beschuß von der gesamten gottverdammten Labor Party. Du mußt dir wenigstens nur Sorgen wegen Larry Azzarro machen.«
»Danke, Kumpel«, sagte ich und legte auf.
Eine Woche später rief Dave Mitchell an und sagte mir, daß Devons Polizist an dem Wochenende, als sie verschwand, in Griffith gewesen sei.
Die Zeit vergeht. Ich kam wieder ins Gleichgewicht, als Lizzie eines Sonntags früh anrief, um mir mitzuteilen, daß Billy Cleat, Larry Azzarro und Angel Gloria tot seien: Billy hatte die Kontrolle über den Jaguar verloren, als er aus dem Kings-Cross-Tunnel kam, und ihn frontal gegen einen Pfeiler gesetzt.
»Was denkst du, Syd?« fragte Lizzie gedämpft.
»Würde Billy Cleat die Kontrolle über ein Auto verlieren? Einfach jetzt, einfach so?«
»Das könnte passieren. Er soff.«
»Aber wenn er es absichtlich getan hat, dann muß er sicher gewesen sein, daß sie Devon umgebracht haben. Vielleicht hat er einen Beweis gefunden.«
Wenn er das hatte, dann würden wir es nie erfahren. Der Fall war abgeschlossen.
Die Leichenhalle in Glebe ist alt, kalt und unheimlich und riecht nach Chemikalien und Sterblichkeit. Der Leichenwäscher erfüllt flink und geschickt seine Pflicht.
Abgehärtet gegen plötzlichen und gewaltsamen Tod, wie er ist, hält er einen Moment inne, um die Perfektion von Glorias nacktem Körper zu betrauern, der in der Düsternis zu schimmern scheint. Niemand würde sich jetzt allerdings ihr Gesicht ansehen wollen.
Er seufzt und setzt seine Arbeit fort, kennzeichnet ihr persönliches Eigentum und versiegelt es in Plastiktüten. Nur flüchtig schaut er dabei auf die hochhackigen roten Schuhe, die Angel Glorias letztem Auftritt einen fast obszönen Farbtupfer geben.
Der Sohn des Pornohändlers
Obwohl als Berufsangabe auf seiner Einkommensteuererklärung wahrscheinlich >Financier< angegeben war, wußten die Eingeweihten doch, daß Bernie Coogan mit Pornographie handelte.
Daran mußte ich denken, als er eines Morgens anrief und mich bat, ihn auf seinem Landsitz zu besuchen.
»Wozu?« fragte ich. Ich mag Coogan nicht. Kennengelernt habe ich ihn durch meinen Ex-Chef Barry Cromer, der gerade sein Bestes tut, sich als Justizminister komplett lächerlich zu machen.
Coogan hatte sich von unten hochgearbeitet, aber dabei nicht mit Ruhm bekleckert. Seine Persönlichkeit war ebenso unappetitlich wie seine Karriere, die mit Abschleppwagen angefangen und sich durch eine Reihe von Unfallinstandsetzungs-Klitschen weitergeschleppt hatte. Aber bis jetzt hatte ihm noch niemand etwas anhängen können.
»Es ist verdammt wichtig, Fish«, sagte er. »Ich kann nicht am Telefon darüber sprechen.«
Als Einwohner von New South Wales konnte ich ihm folgen; Gott allein weiß, wieviel selbsternannte Verbrechensverhüter, Journalisten, Hacker und Rollstuhlaktivisten uns zuhörten oder gar aufnahmen. Es reicht, um aus jedem Ganoven mit Selbstbewußtsein einen Datenschutzfanatiker zu machen.
Ich war nicht besonders wild darauf, mich mit Coogan einzulassen. Deshalb zögerte ich.
»Es ist eine persönliche Angelegenheit, Fish«, sagte er, und seine Stimme gelierte. Da hatte er mich. Ich konnte
mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, ihn klein zu
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