Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fish im Trüben

Fish im Trüben

Titel: Fish im Trüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Geason
Vom Netzwerk:
und an der Wand ein zerfleddertes Midnight-Oil-Poster.
    Das zweite Zimmer erreichte einen ganz anderen Grad der Befremdung. Die Wände und Fenster waren schwarz gestrichen, und ich mußte ein Fenster aufstoßen, um einen Anfall von Klaustrophobie niederzukämpfen.
    Erhellt vom nun einfallenden Licht enthüllte das Zimmer sein erstes Geheimnis — eine Fotogalerie. Da war Claire, zusammen mit Schnappschüssen von ungefähr zwanzig anderen hübschen Mädchen.
    Obwohl die Mädchen so ziemlich im gleichen Alter waren, hatten sie ganz unterschiedliche Größen und Figuren. Warum sahen sie sich dennoch alle gleich? Dann fiel es mir auf. Alle hatten eine unschuldige, weltfremde Aura, das unschlüssige, noch unreife Aussehen von Mädchen, die noch nicht die unsichtbare Grenze zum Frausein überschritten haben. Es hätten sogar Jungfrauen sein können.
    Das schrille Klingeln des Telefons im Erdgeschoß versetzte mir einen Adrenalinstoß und schnitt mein Sinnieren über Gary Jones’ Frauengeschmack ab. Völlig irrational war ich mir sicher, daß die Person am anderen Ende der Leitung wußte, daß ich hier eingedrungen war und an den Phantasien eines Verrückten herumfingerte, und ich war paralysiert, bis das Telefon aufhörte zu klingeln. Dann untersuchte ich seinen Schreibtisch. Da war die Kamera, zusammen mit ein paar Rechnungen und einer Menge Vorlesungsskripte über Strukturalismus. Kein Wunder, daß der ausgeflippt war. Keine Briefe oder Fotos von der Familie oder Freunden: absolut nichts Persönliches.
    Jetzt, wo das Telefon nicht mehr klingelte, wurde mir die Stille unheimlich. Alles, was es sonst noch gab, war ein großer Schrank. Er war abgeschlossen, aber so billig und schlecht gebaut, daß er leicht zu öffnen war. Als ich das Schloß aufbrach, hatte ich eine Hitchcocksche Vision von einer Leiche, die mir in die Arme fiel, und unterdrückte ein Schaudern.
    Deshalb wirkten die ungefähr vierzig Paar Schuhe, die ich zutage brachte, ein bißchen wie eine Antiklimax. Frivole Schuhe mit hohen Absätzen und dünnen Riemchen, lässige italienische Slipper, Schulmädchen-Schnürschuhe, ideologisch fundierte chinesische Stoffschuhe, praktische Sandalen, und ein paar flotte hellbraune Wildlederschuhe. Mein erster Schuhfetischist: Nicht neidisch werden, Havelock Ellis!
    Aber woher hatte er sie?
    Unter erleichtertem, kreischenden Gelächter klärte Rosie mich später auf. Jemand war in der Bibliothek unter den Schreibtischen herumgekrochen und hatte die Schuhe gestohlen, die die Mädchen während des Lesens abgestreift hatten. Manche waren unsäglichen Praktiken unterworfen und in der Herrentoilette zurückgelassen worden; andere waren einfach verschwunden.
    Bevor ich ging, gab ich Rosie das Foto von Claire, das ich von Jones’ Wand abgenommen hatte, und empfahl ihr, den Ärzten einen Wink zu geben. Die Schuhe machten mir keine großen Sorgen, aber hinsichtlich der Jungfrauengalerie fühlte ich mich unbehaglich.
    Ich hatte das Haus durchsucht und nichts Belastendes gefunden, und der Garten war aus solidem Beton, also waren wir wieder bei der Ausreißertheorie angelangt. Als ich an diesem Abend vor dem Fernseher ein libanesisches Fertiggericht verputzte, beschloß ich, daß ich wesentlich mehr über Claire Granger wissen mußte, um herauszubekommen, wohin sie gegangen sein könnte. Dann rief Matthew an.
    »Miranda sagte, wir sollten versuchen, Ihnen zu helfen«, sagte er widerwillig. Noch ein Opfer der rosafarbenen Blonden.
    »Dann helfen Sie mir.«
    »Als ich an dem Abend nach Hause kam, dem Abend, als sie wegging, war das Branchentelefonbuch aufgeschlagen und zwei Seiten rausgerissen...«
    »Machen Sie schon«, schnauzte ich ihn an. »Welche verdammten Seiten?«
    »782 und 783, Arschloch!« schrie er und knallte den Hörer auf.
    Die betreffenden gelben Seiten enthielten Hunde, Hundeheime und Haustüren. Hunde und Haustüren schloß ich automatisch aus; Haushaltshilfe-Service erschien am vielversprechendsten.
    Nach dem Zustand von Claire Grangers Zimmer zu urteilen, war sie nicht in Haushaltskünsten bewandert, sie hatte wahrscheinlich noch nicht mal gelernt, wie man ein Bett macht. Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, daß sie eine Agentur um einen Job als Haushaltsarbeitstier anging.
    Es waren auch Kindermädchenagenturen aufgelistet, aber die schloß ich aus: Australiens herrschende Elite zieht Kindermädchen vor, die komplett mit Zertifikat von ausgewählten englischen und australischen Akademien kommen. Außerdem

Weitere Kostenlose Bücher