Fish im Trüben
klobige Couch. »Irgendwelche Professoren vernascht in letzter Zeit?« fragte ich.
Sie stieß einen spitzen Schrei aus und versuchte, an mir vorbei die Treppe hochzulaufen. Ich ließ meinen Arm vorschnellen, schnappte sie mühelos um die Hüfte und drängte sie zu einem Sessel zurück.
»Ich schreie Vergewaltigung!« drohte sie.
»Bei Ihrem Ruf wird Ihnen das nichts nutzen«, sagte ich.
Sie starrte mich haßerfüllt an und schürzte die Lippen.
»O.k.«, sagte ich. »Raus damit. Was ist zwischen Ihnen und Claire abgelaufen?«
»Es war nur ein Streit wegen eines Mannes«, sagte das Mädchen.
»Sie meinen, sie fand heraus, daß Sie seit fünf Jahren mit ihrem Vater herumbumsten?«
Sie wurde puterrot: »Wer hat Ihnen das gesagt?«
»Louises beste Freundin«, sagte ich.
»Sie hat es doch nicht etwa Claire gesagt?« flüsterte das Mädchen.
»Nein, Sie haben Glück.«
»Ich schwöre, daß Claire das nicht weiß«, sagte Miranda. »Jemand an der Uni hat ihr gesagt, daß man uns zusammen gesehen hat, das ist alles, und sie war sehr bestürzt.«
»Wann war das?«
»Direkt bevor sie wegging.«
»Aber es fing doch alles ein paar Monate vorher an, als sie aufhörte, ihren Vater anzurufen, oder?«
»Sie fand heraus, daß Louise nicht durch einen Unfall ums Leben gekommen ist; sie hat sich umgebracht, indem sie das Auto gegen einen Baum fuhr. Claire dachte, ihr Vater sei schuld und habe sie angelogen, um das zu vertuschen. Und als sie das mit David und mir herausfand, ging sie in die Luft. Sie sagte, David hätte ihr alles weggenommen. Zuerst ihre Mutter und jetzt ihre beste Freundin. Sie sagte, ihr sei nichts mehr geblieben in dieser Welt.«
Außer Schönheit, Köpfchen und einem Haufen Geld, dachte ich hartherzig.
Das Mädchen schluchzte jetzt. »Ich fürchte so sehr, daß sie losgegangen ist und sich umgebracht hat wie ihre Mutter. Und es ist alles meine Schuld. Ich hab solche Angst.«
Ich war auch nicht gerade begeistert. »Wo könnte sie hin sein? Haben Sie irgendeine Idee?«
»Nein. Sie sprach nicht mehr mit mir. Sie ging, als ich nicht im Haus war. Sie hinterließ nicht mal eine Nachricht für Matthew. Und sie hat ihren Hund hiergelassen.«
Wenigstens das konnte ich verstehen.
Ich setzte mich, sah dem Mädchen eine Weile beim Heulen zu und fragte mich, wie ich Claire Granger finden sollte. Australien ist ein großes Land. Sie konnte in einem Fish-and-Chips-Laden in Kirribilli arbeiten oder in einem Urlaubsort beim Barrier Reef kellnern. Ich war ziemlich sicher, daß sie keine Fremden im Cross anmachen würde.
»Das ist zum Teil Ihre Schuld«, sagte ich der schniefenden Miranda, als ich ging. »Sie haben bekommen, was Sie wollten, aber um es zu kriegen, haben Sie eine Frau vernichtet, möglicherweise zwei. Falls Sie sich dazu entschließen können, wieder ein menschliches Wesen zu werden, dann zerbrechen Sie sich gefälligst mal den Kopf, und kommen Sie mit ein paar Ideen rüber, wo sie sein könnte. Sie kennen sie ihr ganzes Leben lang, gebrauchen Sie mal Ihre Phantasie.«
Ich schnippte ihr eine Visitenkarte zu. »Und rufen Sie mich sofort an, wenn Sie was haben.«
Ohne Make-up und mit roten Augen sah Miranda wie eine weiße Katze aus, aber da ich auch Katzen nicht mag, erweichte das nicht mein Herz.
Ich machte mir nicht die Mühe, mit Granger zu reden. Ich wußte, daß Miranda ihn noch in der Minute, in der ich gegangen war, anrufen würde, und ich war meinem Klienten nicht so besonders wohlgesonnen. Statt dessen rief ich Lizzie an, lud sie in ein deutsches Lokal in The Rocks zum Mittagessen ein und berichtete ihr über den Fall.
Ich legte gerade über Miranda los, als Lizzie mich mit einem der Blicke zum Schweigen brachte, die sie wegen zu harten Umgangs mit Politikern und Industriellen um ihren Job in einer tagespolitischen Fernsehsendung gebracht hatten. »Meinst du nicht, daß du Miranda gegenüber ein bißchen unfair bist? Immerhin wurde sie mit vierzehn vom Vater ihrer besten Freundin verführt, einer Vertrauensperson. Vierzehn ist ganz schön jung.«
»Vielleicht wollte sie, daß er es tat.«
»Sei nicht so... männlich! Woher willst du wissen, wie Miranda war, bevor Granger sie in seine Klauen bekam? Wenn Miranda ein Monster ist, dann hat Granger dabei geholfen, es zu erschaffen.«
Angemessen zurechtgewiesen, gab ich zu, daß ich mir Sorgen um Claire machte. »Was, wenn sie ganz Mutters Tochter ist?«
»Sie ist auch David Grangers Tochter«, sagte Lizzie. »Und ich würde ihm einen
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