Fish - Noch mehr Fish - Fuer immer Fish
Schuhmacher, der leidenschaftlich seinem Handwerk nachging, oder einer Möbelschreinerei, in der die Leute mit viel Elan bei der Sache waren. Uns beiden war ziemlich schnell klar, dass wirnach einem Bild suchten, mit dessen Hilfe wir jedermann zeigen konnten, wie Arbeit aussehen könnte und sollte. Denn schließlich verbringen wir den Großteil unseres Lebens mit nichts anderem. 1997 flogen John und ich nach Seattle, von wo aus wir unsere Filmausrüstung in die beschauliche Kleinstadt Langley auf Whidbey Island verfrachteten. Hier machten wir einige Aufnahmen mit dem Dichter David Whyte. Von ihm stammt die berühmt gewordene Botschaft an alle Arbeitnehmer, ihr gesamtes Ich mit zur Arbeit zu nehmen und nicht nur einen Bruchteil von sich selbst. Wir sprachen mit ihm über das Thema ungeteilte Präsenz am Arbeitsplatz und David erzählte uns von einem Freund, der einmal gesagt hatte: „Das probate Gegenmittel gegen Erschöpfung ist nicht unbedingt Ruhe. Vielmehr hilft ungeteilte Präsenz gegen Erschöpfung, denn es sind die halbherzigen Dinge, die wir tun, die uns erschöpfen.“
Später, vor der Kamera, erinnerte David sich an eine Auskunft, die er einem Reporter einmal während eines Rundfunkinterviews gegeben hatte. Der hatte ihn zuvor gefragt, wie es ihm dabei erging, wenn er seine Ideen in Unternehmen trug. Davids Antwort: „Manchmal ist es großartig, wie offen die Menschen reagieren; aber manchmal komme ich mir ein bisschen vor, als würde ich mit Inhaftierten sprechen.“ Diese Aussage überraschte mich nicht nur, sondern schockierte mich regelrecht. Dann fuhr er fort: „Ich meine damit nicht, dass manche Unternehmen oder Firmen Gefängnisse sind, sondern dass wir sie mit der Art, wie wir dort leben, zu Gefängnissen machen.“
Für uns war die Zeit mit David ein Fest für die Seele. Als wirWhidbey Island verließen, wussten wir um einiges besser, wonach wir suchten. Wir wollten unser bislang rein theoretisches Bild vom idealen Arbeitsplatz in der Praxis bestätigt finden.
Wir fuhren zurück nach Seattle und verbrachten die Nacht von Freitag auf Samstag dort. Ich wollte am nächsten Morgen zurückfliegen, aber John plante die Weiterreise erst für den darauffolgenden Abend. Wir fragten die Frau an der Hotelrezeption, ob sie eine touristische Empfehlung für zwei Burschen aus Minnesota hätte. Sie nannte uns den Pike Place Fischmarkt. Da wir von Seattle faktisch nichts kannten, klang es für uns reizvoll, diesen Platz zu besuchen, zumal John ein Faible für Einkaufsbummel hat.
John war am Ende des Platzes, als er lautes Lachen und Rufen hörte. Wie einst die Hamelner Kinder dem Flötenspiel des Rattenfängers nachliefen, folgte auch er dem verlockenden Lärm und fand sich schon bald in der hintersten Reihe einer lebhaften Menschenansammlung. Plötzlich trennte sich die Menge, und John ergatterte einen Blick auf die Ursache des regen Treibens. Es war der weltberühmte Pike Place Fischmarkt.
Falls Sie jemals dort gewesen sein sollten, wissen Sie, was hier vor sich geht. Sobald ein Kunde eine Bestellung aufgibt, wirft einer der Fischhändler die Ware einem Kollegen weiter hinten zu, der sie verpackt. Diese Fischhändler vollführen dabei die reinste Wurfakrobatik, und das Publikum ist begeistert. Immer wieder laden die Fischhändler einen Kunden ein, hinter den Tresen zu kommen und sein Wurf- und Fangtalent zu erproben.
Doch John ging es an diesem Tag nicht darum, sein Könnenunter Beweis zu stellen. Vielmehr stand er inmitten der jubelnden Menge und beobachtete fasziniert, mit welchem Schwung sich die Fischhändler ihrer Arbeit widmeten. Auf dem Markt waren sehr viel Publikum und es ging reichlich laut zu. Dennoch hatte der Fischhändler, der einen Kunden bediente, nur Augen und Ohren für den einen Menschen – als wären sie beide die einzigen Leute auf diesem Planeten. Ganz gleich wohin John sah, überall wurde gelächelt, gelacht und – was am wichtigsten war – die Menschen hatten wirklichen Kontakt miteinander. Kein Wunder also, dass die Kassen wie verrückt klingelten.
Beinahe eine Stunde lang betrachtete John wie gebannt, was sich hier abspielte. Dann riss ihn plötzlich einer der Fischhändler aus seinen Gedanken. „Hi!“ begrüßte er John. „Ich bin Shawn.“ Er hatte rote Haare, ein Lächeln, das von einem Ohr zum anderen reichte, und zwinkerte schelmisch.
„Was geht hier eigentlich vor?“ fragte John.
„Waren Sie heute Mittag essen?“ antwortete Shawn mit einer
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