Fish - Noch mehr Fish - Fuer immer Fish
Gegenfrage.
„Ja“, erwiderte John und fragte sich, worauf der Fischhändler hinauswollte.
„Wie war die Bedienung?“ fragte Shawn.
John zuckte mit den Schultern. „Okay, glaube ich.“
„Ja, aber hat die Bedienung Sie wirklich angesprochen, mit Ihnen Kontakt aufgenommen?“
Kontakt aufgenommen? Wovon redet dieser Mann überhaupt? dachte John irritiert.
Shawn blickte John direkt in die Augen. „Sehen Sie, diesenAugenblick verbringen wir beide, Sie und ich, zusammen, und ich möchte, dass wir ihn wie sehr gute Freunde verbringen.“
Allmählich begriff John, was hier vor sich ging. Ausgerechnet Fischhändler – keine Betriebswissenschaftsprofessoren oder Unternehmensgurus – führten ihm vor, wie man mehr Spaß, mehr Leidenschaft, mehr Konzentration und mehr Verantwortungsbewusstsein in den Arbeitsalltag bringt.
Während John weiter beobachtete, wie die Fischhändler sich jedem einzelnen ihrer Kunden widmeten, spielte sich neben ihm ein kleines Drama ab. Einer der Fischverkäufer hatte einem kleinen Jungen eine Languste ans Hosenbein geklemmt. Der Kleine erschrak und begann zu weinen. Daraufhin ging der Fischverkäufer in die Knie und kroch zu dem Jungen herüber, der sich ängstlich an seine Mutter klammerte. Er bat ihn reumütig um Vergebung und um eine Umarmung. Der Fischverkäufer hatte diesen kleinen Jungen offenbar falsch eingeschätzt und daher einen unpassenden Scherz gemacht, aber seine Entschuldigung sprach Bände.
John musste unwillkürlich an die vergangene Woche denken, als er seine kleine Tochter, die unter schwerem Asthma litt, zum Arzt gebracht hatte, weil sie keine Luft mehr bekam. Als er am Empfangstresen der Arztpraxis stand, die kleine Kelsey erbärmlich japsend neben sich, stellte ihm ein eisige Stimme einen Haufen Fragen, deren Antworten kommentarlos in ein Formular gehackt wurden. Ohne das Kind oder ihn auch nur ein einziges Mal angesehen zu haben sagte die eisige Stimme schließlich: „Nehmen Sie im Wartezimmer Platz.“
Irgendwann krächzte es dann aus einem Lautsprecher auf dem Flur: „Kelsey Christensen!“ Die Schwester, die ihnen entgegenkam, stellte Kelsey wortlos an eine Skala, die an der Wand befestigt war, und knallte ihr den Messstab auf den Kopf. Dann eilte sie den Flur hinunter, wobei John und die atemlose Kelsey Mühe hatten, ihr Tempo zu halten. Die Schwester blieb vor einer der Türen stehen, zeigte mit der Hand hinein und verschwand, ohne sich noch einmal umzudrehen.
John blickte den kleinen Jungen auf dem Fischmarkt an, der stolz lächelnd die Languste in der Hand hielt. Wie kann es angehen, dass ein Fischhändler einem verängstigten Kind mehr Aufmerksamkeit und Verständnis entgegenbringt, als das Fachpersonal der Klinik es konnte, in die ich Kelsey brachte? fragte er sich.
John beobachtete die einzelnen Fischverkäufer dabei, wie sie sich ihren Kunden zuwandten und ihnen eine Beachtung schenkten, wie sie von dem fürsorglichsten Pflegepersonal nicht übertroffen werden konnte. Dieses Erlebnis musste er auf einem Film festhalten. Seine Intuition sagte ihm, dass alle, denen er zeigen würde, mit welcher Verve diese Leute ihrer Arbeit nachgingen, zutiefst beeindruckt wären. Doch dann wurde er unsicher. Was passierte, wenn sie ablehnten? Zwei Stunden später war er endlich so weit, sich an den Inhaber des Fischmarkts zu wenden. John erzählte ihm, dass er Filmemacher wäre und noch bevor er weitersprechen konnte, unterbrach ihn der Mann: „Wo haben Sie gesteckt? Wir warten schon eine ganze Weile auf Sie.“
ChartHouse Learning schleppte kurz darauf seine Kameras zum Pike Place Fischmarkt. Nachdem wir mehrere Kilometer Film im
Kasten hatten, wurde uns klar, dass das Geheimnis dieser ganz besonderen Fischhändler auf wenigen Grundbegriffen fußte – einfache aber wirkungsvolle Regeln, für die sich jeder jederzeit entscheiden kann. Wir haben diese Regeln zu einem Ideenkatalog zusammengefasst, den wir als FISH!-Philosophie bezeichnen. Unsere vier Grundregeln haben wir zunächst in einem Dokumentarvideo – FISH! – dargestellt.
SPIELE – Arbeit, die Spaß macht, wird gemacht. Dies gilt besonders dann, wenn wir ernste Aufgaben leichten Herzens und spontan angehen. Spielen ist nicht nur eine Form der Beschäftigung, sondern es ist eine Befindlichkeit, in der wir zu erledigende Aufgaben mit mehr Schwung ausführen und kreativere Lösungen finden.
BEREITE ANDEREN FREUDE – Wenn man jemandem den Tag (oder auch nur einen Moment) angenehmer
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