Fish - Noch mehr Fish - Fuer immer Fish
Florida, schlüpfte eine der Abteilungsleiterinnen in die Rolle einer Phantasiegestalt, die sie „Delightful Day“ („Wunderbarer Tag“, Anm. d. Übers.) nannte. Mindestens einmal monatlich besuchte sie in einem vollkommen verrückten Aufzug alle Vermittlungsstationen und grüßte die Leute mit einem lauten und fröhlichen „Halloooooohh!“ Am 4. Juli, dem Tag zur Feier der Unabhängigkeitserklärung, tauchte Delightful Day in einem blauen Paillettenkleid mit roten Paspelkanten auf, zu dem sie eine Hut mit lauter Flaggen trug.
Selbstverständlich machten all diese erstaunlichen Vorgänge die Manager nervös. Eines Abends gegen 10 Uhr fragte sich Don Freeman vom Phoenix-Callcenter, ob die Kunden vielleicht etwas von dem hörten, was hier vor sich ging. „Also schaltete ich mich von meinem Büro aus in die Anrufe“, berichtet er. „Ich habe mir einen Anruf nach dem anderen angehört und bekam beinahe eine Gänsehaut. Ich hörte keinen Mucks von dem Tohuwabohu, das sich im Hintergrund abspielte. Aber ich hörte auch keine gelangweilten, ,SprintwaskannichfürSietun‘-Stimmen. Was ich hörte, waren lebendige, schwungvolle ,Sprint, was kann ich für Sie tun ‘-Stimmen. Ich war so beeindruckt, dass ich zu den anderen in die Halle hinunterging und mitmachte.“
Don fing an, des Abends häufiger als Elvis kostümiert aufzutreten – einschließlich Gitarre, woraufhin ihn die Mitarbeiter der Tagesschicht anflehten, nur ja nicht ganz in die Nachtschichten zu wechseln. Außerdem änderte er die Einrichtung des Phoenix-Centers. Er ließ es wie ein Kaffeehaus aussehen, mit Sofas, Billardtischen und Internetzugang für die Mitarbeiter – immerhin stellten die Studenten der Arizona State University einen beträchtlichen Teil seiner Belegschaft. „Viele der Studenten kommen seitdem früher zur Arbeit, weil sie sich gern hier aufhalten.“ Was wäre geschehen, wenn die leitenden Angestellten in den Sprint-Callcenters lediglich den Mitarbeitern gesagt hätten, sie sollten spielen, anstatt mit ihnen gemeinsam zu spielen? „Wir hättenes eventuell versucht, aber wir wären misstrauisch gewesen und hätten uns wahrscheinlich gefragt: ,Und wann werden sie sagen, es läuft alles wieder wie früher?‘“, sagt Rhonda. „Manchmal haben wir so viel zu tun, dass uns nicht viel Zeit für irgendwelche anderen Sachen bleibt. Aber wenigstens wissen wir heute, es hört nicht einfach wieder auf.“
„Schön zu wissen, daß sie Menschen sind!“
Ein Teil der Erwachsenen-Atmosphäre, die Mary, Lori und die anderen in ihren Callcenters schaffen wollten, bestand darin, den Mitarbeitern bestimmte Entscheidungen zu überlassen. Und diese Entscheidungen konnten durchaus auch darin bestehen, nicht spielen zu wollen. „Manche Leute haben Kopfschmerzen, mögen die Musik nicht oder wollen während der Arbeit Bücher für ihr Studium lesen“, erzählt Mary. „Wir haben einen separaten Raum auf der anderen Seite des Flures, in dem es still ist und keine Spiele gespielt werden. Die Mitarbeiter können zwischen der Halle und dem ruhigeren Raum nach Belieben hin- und herwandern.“
Lori fügt hinzu: „Einige unserer Leute sind der Ansicht, Arbeit sollte nicht gleichzeitig mit Spaßhaben vonstatten gehen. Eventuell ist das eine Frage der Generation, der man angehört, oder der Erziehung. Andere finden es ,cool‘, aber sie meinen damit nicht unbedingt die Musik oder die Spiele. Für sie ist es prima, bei der Arbeit Sachen für ihre Enkelkinder oder Kinder von Nachbarn zu stricken oder zu malen. Letztlich ist es unerheblich,was die Leute machen, um sich bei der Arbeit wohler zu fühlen – auf jeden Fall überträgt es sich auf die Art, wie sie mit den Kunden umgehen. Und wenn einer der Abteilungsleiter ein richtig gutes Gespräch hört, läuft er in die Halle und tut etwas Komisches, womit er auf diesen speziellen Mitarbeiter aufmerksam macht. Die Kollegen bekommen es mit, und alle feiern die Erfolge gemeinsam – das ist es, was sie lächeln lässt, wenn sie mit einem Kunden reden.“
Ein wichtiger Aspekt besteht darin, man selbst zu sein, wenn man eine Dienstleistung erbringt. In allen Callcenters wurden monatliche Qualitätsberichte erstellt, mit denen kontrolliert werden sollte, ob die Mitarbeiter im Umgang mit den Kunden die Erwartungen der Geschäftsleitung erfüllten. „Wir hatten endlose Fragebögen, auf denen wir Dinge angeben mussten wie ,Wie häufig haben Sie Bitte und Danke gesagt?‘“ erinnert sich Mary. „Wer nicht
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