Fish vor die Hunde
großen, teuren Einfamilienhaus im Stil der Jahrhundertwende. Es war eine Immobilie im Wert von knapp einer halben Million Dollar.
Ich notierte die Adresse und fuhr zum Royal, einer Kneipe, die von den Studenten und Mitarbeitern der nahe gelegenen University of New South Wales frequentiert wurde, und trank ein paar Bier. Offenbar hatte der Anblick von Macka irgendein Freßzentrum im Gehirn stimuliert, denn plötzlich hatte ich eine Riesenlust auf einen Hot dog.
Das Messegelände, wo Chicka und Macka sich ihre Hot dogs gekauft hatten, lag auf meinem Heimweg. Der chinesische Verkäufer, mit dem ich sie hatte streiten sehen, war nicht mehr da; an seinem Platz stand ein Rauhbein mit Tätowierungen, langen Haaren und fehlenden Vorderzähnen. Er war jedoch ganz freundlich und schien gern ein Schwätzchen zu halten, bis ich ihn fragte, was denn aus dem Chinesen geworden sei.
»Welcher Chinese?«
»Der Chinese, der vergangene Woche hier war.«
»Von nem Chinesen weiß ich nix.«
Das Thema war offensichtlich erschöpft. Ich verzichtete auf den Phantomchinesen und wechselte das Thema. »Wie kommt man eigentlich an diesen Job hier ran?«
Es war pure Neugierde. Abgesehen von der gigantischen alljährlichen Agrarausstellung fanden auf dem Messegelände ständig irgendwelche Veranstaltungen mit vielen tausend Teilnehmern statt. Es war bestimmt eine Goldgrube.
Der Mann wurde allmählich ein bißchen nervös. »Entscheidet die Firma«, sagte er.
»Welche Firma?« Die Sache wurde langsam interessant.
Der Hot-dog-Verkäufer murmelte irgend etwas und war plötzlich vollauf damit beschäftigt, ein Yuppiepärchen zu bedienen, das sich furchtbar verwegen dabei vorkam, mal einen richtig proletarischen Fraß zu probieren.
Auf der Fahrt nach Hause rätselte ich, wie es irgendein Privatunternehmen geschafft hatte, an eine Franchise-Konzession für den Verkauf von Hot dogs ranzukommen - normalerweise wurde die Bewirtschaftung aller Verkaufsstellen von Nahrungsmitteln von den lokalen Behörden kontrolliert. Vielleicht war ich zufällig auf irgendeine Mauschelei gestoßen.
Am nächsten Tag ging ich in der Staatsbibliothek vorbei und schlug im Wählerverzeichnis von Randwick die Macs nach. Macka hieß mit vollständigem Namen Michael James MacNamara, und er bezeichnete sich als Geschäftsführer, was alles mögliche, vom Betreiber einer Milchbar bis zum Drogenimporteur, bedeuten konnte.
Die Staatsbibliothek hatte sich seit meiner Studienzeit völlig verändert, vor allem durch den modernen lichtdurchfluteten neuen Trakt mit computerisiertem Informationsschalter und bequemen Sofas. Die Labour-Regierung hatte sich ein Bein ausgerissen, um die Anbauten rechtzeitig zur Zweihundertjahrfeier fertigzustellen, und jetzt kamen die Liberalen in den Genuß des Resultats.
Als in New South Wales die schlechten Zeiten anbrachen, verlegten sich die Regierungsvertreter häufig darauf, irgendeinen Zirkus zu veranstalten, damit der Steuerzahler nicht allzuviel über die Wirtschaftslage nachdachte. Man hatte uns sogar mit einer Motorradrennstrecke für viele Millionen Dollar beglückt. Die Bibliothek war zumindest irgendwie nützlich. Damit meine zwei Cents nicht umsonst gewesen waren, ging ich in das verglaste Atrium, in dem sich das Restaurant befand, aß im Schatten unter einem Sonnenschirm zu Mittag und machte Studentinnen mit unverbrauchten Gesichtern und Geschäftsfrauen, die sich mit Freunden zum Lunch trafen, schöne Augen. Bibliotheken haben auf jeden Fall erheblich an Sex-Appeal gewonnen, seit sie auch Gewinne erwirtschaften sollen.
Es muß doch irgendeine einfache Methode geben herauszufinden, bei welcher Firma Michael MacNamara Geschäftsführer ist, überlegte ich, während ich mir eine Pastete zu Gemüte führte, die so raffiniert war, daß selbst ich es nicht wagte, nach Ketchup zu fragen.
Von der Telefonzelle in der Eingangshalle aus rief ich beim Amt für Wirtschaft und Verbraucherfragen an, wo Julio Iglesias meine Wartezeit mit irgendeinem Liebesgestammel versüßte. Ich döste schon sanft vor mich hin, als eine Stimme fragte, ob sie mir behilflich sein könne. Ich trug mein Problem vor und erfuhr, daß es keine Möglichkeit gebe herauszufinden, bei welcher Firma eine bestimmte Person Geschäftsführer sei, daß aber, wenn ich den Namen der Firma wisse, sämtliche anderen Geschäftsführertätigkeiten der betreffenden Person auf dem Formblatt aufgelistet sein müßten. Ich dankte der Frau, die offensichtlich eine undankbare Aufgabe
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