Fish vor die Hunde
Recorder und beobachtete, wie ein unablässiger Strom von PKWs und kleinen Lieferwagen, ein Transporter von »Fritz Tiefkühlfleisch«, ein LKW von »Fieldfresh-Brot« und ein Kleinlaster von »Vidale Lebensmittelgroßhandel« ankamen und wieder wegfuhren.
Von meinem Standort aus hatte es den Anschein, als ob Macka ein Geschäft für Restaurantbedarf betrieb. Daran war nichts Illegales. Gelangweilt und kein bißchen schlauer fuhr ich zurück in die Stadt. Die Sonne hatte den Nebel aufgelöst: ein vollkommener Tag.
Von meinem Büro aus rief ich Lizzie an und fragte, ob sie schon mal was von »Pluto Foods« gehört hätte. Hatte sie nicht, sagte aber, sie könne Harriet Steed fragen, eine Kollegin, die wegen ihrer Enthüllungsstories zu einer Plage für das organisierte Verbrechen geworden war. Erst kürzlich hatte sie an einer preisgekrönten Serie über Raffgier mitgearbeitet und dabei einige der Piraten auf dem Kapitalmarkt entlarvt, die die Abschaffung einiger staatlicher Auflagen ausgenutzt und Banken und Aktionäre um Millionen geprellt hatten.
Harriet Steed kam an den Apparat, stellte sich vor und fragte, wieso ich mich für »Pluto Foods« interessierte.
»Ich hab da einen Typen, der in dem Mordfall, an dem ich gerade arbeite, immer wieder auftaucht, und eben hab ich rausgekriegt, daß er eine Firma namens »Pluto Foods« betreibt. Ich bin gerade dagewesen. Was sind das für Leute?«
»Das ist eine lange und komplizierte Geschichte«, sagte sie. »Zu lang fürs Telefon. Hätten Sie Interesse an einem Informationsaustausch?«
»Großes. Können Sie sich zum Lunch freimachen?«
Sie konnte, und wir verabredeten uns in Bill und Tony’s italienischem Restaurant in East Sydney. Lizzie wollte sich anschließen.
Es war ein so herrlicher Tag, daß ich beschloß, zu Fuß zu Bill und Tony’s zu gehen. Ich schlenderte die Liverpool Street hinunter, bog ab in die Crown, dann in die Stanley. East Sydney war mal der Rotlichtbezirk von Sydney gewesen, bevor die Szene nach Osten in den Kings Cross abwanderte. In den schlechten alten Zeiten herrschten hier gefährliche Gangster mit scharfen Klingen, das Blut ihrer Opfer floß in den schmalen Gassen von East Sydney in Strömen, und die Bordelle wurden von einer berüchtigten alten Vettel namens Tilly Devine kontrolliert.
Die Bordelle waren immer noch da, eingeklemmt zwischen den italienischen Restaurants und Billardhallen, aber Teile des Bezirks waren inzwischen in der Hand von Werbungs- und Medienfritzen, die die eleganten alten Wohnhäuser gnadenlos modernisierten, rosa anstrichen und Namensschilder aus Messing anbrachten. Gutbürgerliche Hausbesitzer machten sich auch immer mehr im Revier der Nutten breit.
East Sydney hatte noch immer einen gewissen halbseidenen Charme und wurde von Studenten, der Künstlerszene und den Fans der italienischen Küche geliebt. Früher gab es hier mal jede Menge einfache italienische Restaurants mit Hausmannskost und hohen Umsätzen wie Bill und Tony’s, aber durch die Mietpreisspirale und den Tourismus waren viele von ihnen inzwischen Nepplokale.
Trotz der Lunchtime-Hektik gelang es mir, einen Tisch auf der Veranda zu ergattern. Lizzie und Harriet tauchten mit einer Flasche Rotwein aus der Kneipe um die Ecke auf, und wir bestellten Pasta und riesige Fischplatten. Ich hatte Harriet Steed zwar schon im Fernsehen gesehen, war ihr aber noch nie begegnet. Ich merkte schnell, daß hinter ihrer lakonischen Art ein ausgesprochen scharfer Verstand steckte.
»>Pluto Foods< kontrolliert das Hot-dog-Geschäft mit allem, was dazu gehört, und verdient Millionen damit«, erzählte sie mir. »Genauer gesagt kontrolliert die Firma die Verkaufsstellen. Das heißt, sie kassiert Standmiete, und man muß Pluto-Produkte kaufen — Würstchen, Brötchen, Ketchup, Zwiebeln, Senf etcetera — , natürlich zu völlig überhöhten Preisen.«
»Und was passiert, wenn man’s nicht tut?« fragte ich.
»Erst mal demolieren sie den Leuten den Stand, dann brechen sie ihnen die Knochen. Die meisten Selbständigen ziehen weiter, sobald sie von Plutos Schlägertypen eine Warnung kriegen.«
Die Auseinandersetzung zwischen Macka und dem chinesischen Verkäufer fiel mir sofort wieder ein.
Vielleicht hatte sich Macka doch nicht über den Senf beschwert. Und wieso begleitete ein harmloser Rentner einen Typen, der im Hot-dog-Geschäft abzockte, bei seinen Einschüchterungsrunden? Langsam kamen mir im Bezug auf Chicka Chandler ein paar sonderbare Gedanken.
»Wieso
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