Fish vor die Hunde
irgendwie überstehen.
Während ich mich fragte, welche beruflichen Perspektiven einem gescheiterten Journalisten, gefeuerten Mitarbeiter eines Politikers und unzuverlässigen Privatdetektiv noch offenstanden, kam ein alter Mann mit einem Wellensittich auf der Schulter herein. Er wartete sehnsüchtig darauf, daß ihn jemand auf das Tier ansprach, aber die Männer, die feindselig an der Bar hingen, ignorierten ihn.
Ich brauchte Ablenkung, also rief ich laut: »He Kumpel, wie heißt denn der Vogel?«
»Das ist der schrägste Vogel in Sydney«, schaltete sich jemand am anderen Ende des Tresens ein, und alle lachten. Etwas verstimmt sagte der alte Knabe: »Sie heißt Jose-phine.«
»Heut abend heißt er nicht so«, sagte der Zwischenrufer, und das Publikum lachte herzlos. Josephines Besitzer verließ gekränkt das Lokal.
Diesmal hatte ich die Stimme eindeutig erkannt. Sie war, wenn auch inzwischen geräuchert mit ganzen Feldern von Tabak und geölt mit Meeren von Alkohol, unverkennbar: Phil Dix. Bevor der Alk sein Gedächtnis in Mitleidenschaft gezogen hatte, war Dix als politischer Reporter eine Kanone gewesen — jetzt stellte er bei einem Sonntagssensationsblatt die Mixtur aus Klatsch, boshaften Anspielungen und aufdringlicher Lobhudelei auf der letzten Seite zusammen. Es war der ideale Job für einen Mann wie Phil: ungeheure Macht, keinerlei Verantwortung und Einladungen zu sämtlichen Veranstaltungen, wo Alkohol und Blödsinn gratis verabreicht wurden.
Herzlich willkommen war ich bei Phil bestimmt, also nahm ich mein Glas und zog um. Ich erinnere mich noch dunkel, daß wir über die guten alten Zeiten redeten, als wir beide bei der >Melbourne Truth< arbeiteten, ständig unterwegs, um Politikern, verlassenen Müttern, lokalen Berühmtheiten ebenso wie Filmstars auf Tour ihre Geheimnisse zu entlocken. Und obwohl ich mich an die Heimfahrt nicht entsinnen kann, habe ich eine schwache Erinnerung daran, wie ich versuchte, den Schlüssel in meine Wohnungstür zu stecken.
14
Ich fiel aus großer Höhe, voller Entsetzen, denn ich wußte, wenn ich auf dem schmutzigen Pflaster aufschlug, würde mein Kopf platzen, und mein Leben mit dem restlichen Müll, den die Gesellschaft nicht mehr haben wollte, in der Gosse versickern. Starr vor Angst und immer noch halb betrunken erwachte ich aus dem Albtraum.
Ich schwitzte und war ausgetrocknet, mein Kopf hämmerte. Auf dem Radiowecker sah ich, daß es vier Uhr morgens war, was vermutlich bedeutete, daß ich etwa zwei Stunden geschlafen hatte. Ich taumelte ins Bad und erbrach alles, was sich an Giften noch in meinem Magen befand. Es würde wohl erheblich länger dauern, bis ich die Giftstoffe in meiner Blutbahn wieder los war.
»Was mach ich bloß mit meinem Leben?« fragte ich die graue aufgedunsene Desperado-Visage im Badezimmerspiegel. Ich bekam keine Antwort.
Ich dachte über meine Zukunft nach. Die Zeitungen und Fernsehsender bauten Personal ab, und das Land steckte tief in einer Rezession. Die Geschäfte gingen so schlecht, daß sogar eine Brauerei pleite gegangen war. Und Mutter Teresa würde mich vermutlich auch nicht als Volontär nehmen.
Statt in Selbstmitleid zu zerfließen, duschte ich ausgiebig, was meine Lebensgeister wieder weckte. Natürlich klingelte es. Das war bestimmt die Polizei, die mich verhaften wollte, weil ich in der vergangenen Nacht ein Kind überfahren und Fahrerflucht begangen hatte. Fluchend wickelte ich mir ein Badetuch um und schleppte mich zur Wohnungstür. Es war Luther Huck.
»Was zum Teufel machst du denn hier?«
Er warf mir einen angewiderten Blick zu. »Mann, du siehst ja furchtbar aus. Du hast mich vor zwei Stunden im Casino angerufen und mich gebeten, auf dem Heimweg hier vorbeizukommen. Du hast irgendwas von Einbrechen bei Chicka Chandler gesagt.«
Jetzt dämmerte es langsam.
»Was ist los, Bruderherz? Keinerlei Erinnerung an letzte Nacht?«
Ich führte den Rausschmeißer ins Wohnzimmer und machte uns eine Tasse Kaffee. An Einschlafen war nicht mehr zu denken, ich konnte also genausogut irgendwas unternehmen. Oder wenigstens so tun.
Ich erzählte Luther, daß ich Chicka beim Hunderennen über den Weg gelaufen war und daß er Lizzie verdächtig vorkam.
»Ist ein gerissener alter Knabe, dieser Chicka«, bemerkte Huck, ließ sich aber nicht näher aus.
Er erklärte sich bereit, mir zu helfen; wir würden Chickas Haus observieren und versuchen hineinzukommen, während der Alte seinen täglichen Gang zum Wettbüro unternahm. Dann
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