Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
Haltung vor Edel stand. Sein Blick flackerte für einen kurzen Augenblick, aber er wartete im Grunde nur mit triumphierender Miene darauf, dass ich ihn schlug, damit er die Wachen rufen konnte. Hochverrat - das bedeutete den Strang. Ich bemühte mich, langsam auszuatmen, und be fahl meinen Fäusten, sich zu öffnen. Sie wollten nicht. Ruhig, sagte ich zu ihnen, ganz ruhig, oder ihr seid mein Tod. Erst als ich sicher war, dass meine Stimme mir wieder gehorchte, wagte ich zu sprechen.
    »Mit ist heute Abend manches klargeworden.« Ich wandte mich an König Listenreich. »Majestät, ich wünsche Euch eine gute Nacht und bitte um die Erlaubnis, mich entfernen zu dürfen.«
    »Wie bitte? Dann hattest du also ei nen - beunruhigenden Tag, mein Junge?«
    »Das ist richtig, Majestät.« Ich schaute in seine Greisenaugen, die zu mir auf blickten, und versuchte, ihn da rin wiederzufinden. Doch er war nicht mehr dort. Nicht so wie früher einmal. Er blinzelte verwirrt.
    »Nun, dann solltest du dich vielleicht schlafen legen. Wie ich
auch. Narr? Narr, ist mein Bett vorbereitet? Schieb die Wärmpfanne zwischen die Decken. Die Nächte sind so kalt dieser Tage. Ha! Da habe ich ein feines Wortspiel für dich, Narr. Wie würdest du es richtig sagen?«
    Der Narr sprang auf und verneigte sich tief. »Ich würde sagen, auch die Tage atmen dieser Nächte die Kälte des Todes, Majestät. Schade mögt Ihr finden, dass der Mond, die Son ne der Nacht, keine Wärme spendet, doch spendet er Trost und Weis heit, während das helle Tagesgestirn, so wir’s auch edel nennen, den Unbedachten oft mit seiner tückischen Glut versengt.«
    König Listenreich kicherte in sich hi nein. »Du redest wieder nur Unfug, Narr, aber wann hättest du je etwas anderes getan. Gute Nacht und ab ins Bett mit euch jungem Volk. Gute Nacht. Gute Nacht.«
    Ich zog mich gleich zurück, während Edel sich noch etwas formeller von seinem Vater verabschiedete. Es war nicht leicht, an Wallaces affektiertem Lächeln vorbeizugehen, ohne es ihm aus dem Gesicht zu wischen. Als ich auch dieser Versuchung glücklich entronnen war, ging ich so fort in mein Zim mer. Klug sein und den Rat des Narren beherzigen, dachte ich - bei Chade Trost und Weisheit finden, statt mich von Edels tückischer Glut versengen zu lassen.
    Ich blieb den ganzen Abend in meinem Zimmer. Molly würde sich wundern, dass ich nicht kam, aber heute Nacht konnte ich mich ein fach nicht überwinden, aus der Tür zu schlüp fen, die Treppe hinaufzuschleichen und in der ständigen Angst durch die Flure zu huschen, dass plötzlich jemand aus den Schatten oder einer Tür hinaustreten und mich dort ertappen könnte, wo ich nichts zu suchen hatte. Noch vor kurzem hätte ich mich in Mollys Arme geflüchtet und in ihrer Wärme und Zuneigung ein gewisses Maß an Frieden gefunden. Das war vorbei. Jetzt bedrückten mich die
Heimlichkeiten unserer Stelldicheins, die Angst vor der Entdeckung und ein stän diges Auf-der-Hut-sein, das auch dann nicht endete, wenn sich ihre Tür hinter mir schloss. Denn Veritas war bei mir, und ständig musste ich aufpassen, dass nichts von dem, was ich mit Molly fühlte oder dachte, in seinen Bereich überströmte.
    Ich schob das Pergament zur Seite, mit dem ich mich zunächst hatte beschäftigen wollen. Welchen Nutzen hatte es jetzt noch, in vergilbten Schriften nach obskuren Hinweisen auf die Uralten zu suchen? Veritas würde finden, was es zu finden gab. Ich warf mich auf mein Bett und starrte zur Decke. Mochte ich auch äußerlich entspannt wirken, innerlich kam ich nicht zur Ruhe. Meine Verbindung mit Veritas steckte mir wie ein Ha ken im Fleisch. So musste sich ein ge fangener Fisch füh len, wenn er ge gen die Angelschnur ankämpfte. Mein Bund mit Nachtauge existierte auf ei ner tieferen, subtileren Ebene, doch auch er war da mit sei nen grünschillernden Augen, die in einem dunklen Winkel meines Selbst aufleuchteten. Diese Tei le von mir ruhten oder schlie fen nie mals, sie waren immer spürbar. Und diese andauernde Belastung forderte ihren Tribut.
    Stunden später zischten die Kerzenflammen in Pfützen aus flüssigem Wachs, und das Feuer war niedergebrannt. Ein frischer Luftzug verriet mir, dass Chade seine lautlose Tür geöffnet hatte. Ich stand auf und folgte der Einladung, doch mit jedem Schritt die dunkle Treppe hinauf wuchs mein Zorn. Nicht jener Zorn, der dazu führt, dass Männer sich anbrüllen und mit den Fäusten aufeinander losgehen. Dieser Zorn setzte sich aus ebenso vielen

Weitere Kostenlose Bücher