Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
ich noch wissen: »Findest du jeden Tag Gelegenheit, den König zu besuchen?«
    Er senkte den Blick auf seine Hände und schüttelte langsam den Kopf. »Ich muss dir gestehen, dass Edel etwas von meiner Existenz
zu ahnen scheint. Wenigstens hat er einen Verdacht, denn zu allen Zeiten lungern welche von sei nen Denunzianten herum. Das macht es nicht leichter. Doch ge nug von unseren Sorgen, malen wir die Zukunft nicht zu schwarz.«
    Und Chade begann eine lan ge Diskussion über die Uralten, basierend auf dem we nigen, das wir über sie wussten. Wir malten uns aus, wie es sein würde, sollte Ve ritas’ Expedition von Erfolg gekrönt sein, und stellten Vermutungen an, in wel cher Form uns die Hilfe der Uralten zuteilwerden könnte. Chade sprach mit großer Hoffnung und Ernst haftigkeit davon, sogar mit Enthusiasmus. Ich bemühte mich, seine Begeisterung zu teilen, doch ging meine Überzeugung eher dahin, dass die Rettung der Sechs Provinzen davon abhing, die ver räterische Viper aus unserer eigenen Mitte zu entfernen. Schließlich schickte er mich in mein Zimmer zurück. Ich legte mich eigentlich nur noch ins Bett, um ein paar Mi nuten auszuruhen, bevor ich dem neuen Tag ins Ant litz blickte, doch stattdessen fiel ich in einen tiefen Schlaf.
    Die nächste Zeit konnten wir uns über schlechtes Wetter freuen. Jeder Tag, an dem ich beim Erwachen den Wind heulen und Regen prasseln hörte, erschien mir als ein kostbarer Tag. Im Übrigen war ich be müht, keine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken und Edel aus dem Weg zu gehen, selbst wenn dies bedeutete, sämtliche Mahlzeiten in der Wachstube einzunehmen. Außerdem verließ ich jeden Raum, sofern die Gefahr bestand, Justin und Serene zu begegnen. Auch Will war von seinem Posten im Roten Turm nach Bocksburg zurückgekehrt. Ein-, zweimal sah ich ihn in Gesellschaft der beiden anderen. Häufiger traf man ihn aber in der Halle bei Tisch, und immer verliehen ihm die halb gesenkten, schweren Lider einen Anschein von Schläfrigkeit. Seine Abneigung gegen mich war nicht mit Serenes und Justins glühendem Hass zu vergleichen, trotzdem mied ich auch ihn. Ich redete mir
ein, es wäre klug, so zu handeln, doch insgeheim fürchtete ich, ein Feigling zu sein. So oft wie möglich, machte ich dem König meine Aufwartung. Es war aber nicht oft genug.
    Eines Morgens wurde ich von ei nem Häm mern an der Tür und von einer Stimme, die meinen Namen rief, aus dem Schlaf ge rissen. Ich taumelte aus dem Bett und riss die Tür auf. Ein kreidebleicher Stallbursche stand zitternd auf der Schwelle. »Flink sagt, Ihr sollt schnell zu den Stallungen kommen. Sofort!«
    Er wartete nicht auf meine Antwort, sondern raste davon, als wären sieben Sorten Dämonen hinter ihm her.
    Ich warf meine getragenen Kleider vom Vortag über. Dabei vergaß ich, wenigstens kurz das Gesicht in die Waschschüssel zu tauchen oder mir das Haar ordentlich zurückzubinden - ein Gedanke, der mir erst auf halbem Weg die Treppe hinunter kam. Als ich über den Hof rannte, hörte ich schon das lau te Streitgeschrei. Flink hätte mich sicher nicht rufen lassen, nur weil ein paar Stallburschen sich in die Haare geraten waren, aber ich konnte mir auch keinen anderen Grund vorstellen. Ich stieß das Tor auf, dann drängte ich mich zwischen den Zuschauern hindurch, um endlich zu se hen, was denn nun so wichtig war.
    Es war Bur rich, der von sei ner Reise völlig müde und abgekämpft wirkte. Er hatte inzwischen aufgehört zu brüllen. Vor ihm stand der blasse, aber unerschrockene Flink. »Mir blieb keine andere Wahl«, antwortete er mit fester Stimme auf etwas, das Burrich gesagt hatte. »Du hättest dasselbe tun müssen.«
    Burrichs Gesicht sah verwüstet aus. Sei ne Augen waren stumpf und leer. »Ich weiß«, sagte er nach kurzem Schweigen. »Ich weiß.« Er drehte sich um und schaute mich an. »Fitz. Mei ne Pferde sind fort.« Er schwankte leicht.
    »Flink trifft keine Schuld«, sagte ich ruhig, dann fragte ich: »Wo ist Prinz Veritas?«

    Zwischen seinen Brauen er schien eine tie fe Falte. »Man hat mich nicht erwartet?« Er sah mich eigenartig an. »Nachrichten wurden doch vorausgeschickt. Habt ihr sie denn nicht erhalten?«
    »Wir haben nichts ge hört. Was ist geschehen? Weshalb kommst du zurück?«
    Er ließ den Blick über die Rei he der gaffenden Stallburschen gleiten, und da zeigte sich wieder etwas von dem Burrich, den ich kannte, in seinen Augen. »Wenn man hier noch nichts gehört hat, dann eignet sich das, was ich zu sagen

Weitere Kostenlose Bücher