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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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verwehrt. Also rutschte ich auf der harten Unterlage herum und dachte nach. Eine Zeitlang versuchte ich mir einzureden, ich hätte gewonnen, weil der Königin offenbar die Flucht gelungen war. Gewinnen hieß doch, dass man be kam, was man wollte, oder nicht? Bevor ich übermütig werden konnte, stieg in mir die unangenehme Erinnerung auf, wie schnell König Listenreich gestorben war. Von einem Augenblick zum anderen. Wenn sie mich hängten, ob es auch bei mir so schnell ging? Oder würde ich mich langsam strangulieren und dabei in langen Zuckungen am Seil baumeln? Um mich von diesen Gedanken abzulenken, beschäftigte ich mich damit, ob es wohl erst einen Bürgerkrieg geben würde, bis Veritas die Sechs Provinzen wieder mit Berechtigung als die Sechs Provinzen in eine Karte eintragen konnte. Selbstverständlich vorausgesetzt, dass Veritas zurückkehrte und es ihm ge lang, die Küste von den Roten Schiffen zu be freien. Wenn Edel Bocksburg den Rücken kehrte, woran ich keinen Zweifel hatte, wer mochte dann Ansprüche darauf erheben? Philia hatte gesagt, die Küstenherzöge wären mit Lord Vigilant nicht einverstanden gewesen. Von den kleineren Adligen aus Bocksland war keiner so kühn, sich selbst zum Verweser der Königsburg zu erheben. Vielleicht streckte einer der Küstenherzöge die Hand da nach aus. Doch nein, kei ner von ihnen war in die sen Zeiten stark ge nug, sich noch eine zusätzliche Verantwortung aufzubürden. Jeder war jetzt auf sich allein gestellt. Außer, Edel blieb in Bocksburg. Nach Listenreichs Tod und Kettrickens Verschwinden war er der rechtmäßige König, daran vermochten auch die we nigen nichts zu ändern, die wussten, dass Veritas lebte. Würden die Küstenherzöge Edel als Herrscher akzeptieren? Und würden sie Ve ritas als Herrscher akzeptieren, falls
er zurückkehrte? Oder sich von dem Mann abwenden, der sie verlassen hatte, um einem Hirngespinst nachzujagen?
    Die Zeit verging an je nem sich nie mals verändernden Ort sehr langsam. Essen und Wasser bekam ich nur, wenn ich darum bat, und auch dann nicht immer. Deshalb ließ sich der Tag nicht anhand der Mahlzeiten einteilen. Wenn ich nicht schlief, war ich meinen vielfältigen Gedanken und Ängsten ausgeliefert. Einmal versuchte ich mit der Gabe zu Veritas zu sinnen, aber die Anstrengung verursachte mir ein Flim mern vor den Augen und langwierige, pochende Kopfschmerzen. Für einen zweiten Versuch fehlte mir die Kraft. Hunger wurde zu einem Dauerzustand, der ebenso unerbittlich war wie die Kälte in der Zelle. Zweimal hörte ich die Wachen, wie sie Philia zurückwiesen und wie sie sich weigerten, mir das Essen und das Verbandszeug zu geben, das sie für mich gebracht hatte. Ich rief nicht nach ihr. Sie sollte aufgeben und mich meinem Schicksal überlassen. Trost fand ich nur, wenn ich schlief und mit Nachtauge im Traum auf Jagd ging. Ich versuchte, mir seine seine Sinne nutzbar zu machen, um zu erkunden, was in Bocksburg vor sich ging, doch er beurteilte alle Dinge nach den Maßstäben eines Wolfs, und wenn ich bei ihm war, ging es mir genauso. Zeit rechnete nicht nach Tagen und Nächten, sondern von Beute zu Beute. Das Fleisch, das ich mit ihm verschlang, konnte meinen menschlichen Körper nicht sättigen, und doch vermittelte allein das Gefühl des Fressens eine gewisse Befriedigung. Mit seinen Sinnen spürte ich, dass das Wetter umschlug, und erwachte eines Morgens in der Gewissheit, dass ein klarer Wintertag angebrochen war. Piratenwetter. Die Küstenherzöge konnten es nicht wagen, noch länger in Bocksburg zu verweilen, falls sie nicht schon längst abgereist waren.
    Wie um meinen Gedankengang zu bestätigen, waren vom anderen Ende des Ganges Geräusche zu hören. Ich erkannte Edels
gereizte Stimme, vernahm den unterwürfigen Gruß des Wachhabenden, und dann ka men schwere Schritte den Gang entlang. Zum ersten Mal seit mei nem Erwachen im Kerker drehte sich der Schlüssel im Schloss meiner Zelle, und die Tür öffnete sich. Ich setzte mich langsam auf. Drei Herzöge und ein verräterischer Prinz schauten zu mir he rein. Steifbeinig erhob ich mich. Hinter den Herren hatten Soldaten mit Piken Aufstellung genommen, wie um ein wildes Tier in Schach zu halten. Ein Mann mit blankem Schwert stand neben der geöffneten Tür zwischen Edel und mir. Offenbar wollte man nicht den Fehler begehen, meinen Hass zu unterschätzen.
    »Da habt Ihr ihn«, erklärte Edel schroff. »Lebendig und wohlauf. Ich habe ihn nicht beseitigen lassen, obwohl es mein

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