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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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die Schultern. »Der Himmel ist klar. Es ist Piratenwetter für diejenigen unter uns, die eine Küste haben. Wir müssen jeder in sein Land zu rückkehren, um für unsere Verteidigung zu sorgen. Ohne die Bestätigung durch den Rat der Herzöge könnt Ihr Euch weder zum König krönen noch rechtmäßig einen Mann zu Eurem Statthalter bestimmen. Ihr wärt gezwungen, in Bocksburg zu überwintern, Hoheit, und Euch wie wir alle der Gefahr durch die Korsaren zu stellen.«
    »Ihr hemmt mich mit Traditionen und kleinlichen Gesetzen, nur um mich zu zwingen, Euch zu Willen zu sein. Bin ich Euer König, oder bin ich es nicht?«, fragte Edel herrisch.
    »Ihr seid nicht unser König.« Brawndys Ton war respektvoll, aber bestimmt. »Ihr seid im mer noch unser Kronprinz. Und werdet es bleiben, bis in diesem Fall eine Übereinkunft erreicht ist.«
    Edels finstere Miene zeigte deutlich, wie wenig es ihm behagte, sich derart in die Enge getrieben zu sehen. »Nun gut«, sagte er ausdruckslos und sehr schnell, »ich nehme an, es bleibt mir nichts anderes übrig, als mich auf diesen … Handel einzulassen. Erinnert
Euch, dass Ihr es so gewollt habt, nicht ich.« Er wandte sich mir zu und sah mich an, und ich wusste, er würde sein Wort nicht halten. Ich würde in dieser Zelle sterben. Die plötzliche, erschütternde Gewissheit meines eigenen Todes traf mich bis ins Mark. Mich fröstelte. Es kam mir vor, als wäre ich um zwei Schritte vom Leben zurückgetreten.
    »Dann sind wir uns einig«, meinte Brawndy in sanfterem Ton. Er richtete den Blick auf mich und runzelte die Stirn. Etwas von dem, was ich fühlte, musste sich auf meinem Gesicht widergespiegelt haben, denn er fragte: »FitzChivalric, behandelt man Euch anständig? Bekommt Ihr zu es sen?« Während er sprach, löste er die Spange des Umhangs an seiner Schulter. Dieser war abgetragen, aber doch aus schwerer Wolle, und als er ihn mir zuwarf, taumelte ich unter dem Gewicht gegen die Wand.
    Dankbar drückte ich das Kleidungsstück, das noch seine Körperwärme bewahrte, an mich. »Wasser. Brot«, antwortete ich kurz und fügte hinzu. »Ich weiß diese Gaben zu schätzen.«
    »Wir müssen uns alle bescheiden!«, bemerkte Edel scharf. »Die Zeiten sind hart!« So als ob jene, zu denen er es sagte, das nicht besser gewusst hätten.
    Brawndy musterte mich noch einen Moment länger. Ich sagte nichts. Endlich wandte er sich mit gerunzelten Brauen an Edel. »Sind die Zeiten so hart, um ihm nicht we nigstens eine Unterlage aus Stroh zu geben, damit er nicht auf der nackten Steinbank schlafen muss?«
    Edel erwiderte voller Kälte seinen Blick, aber Brawndy ließ sich nicht einschüchtern. »Wir brau chen Beweise für sei ne Schuld, Kronprinz Edel, bevor wir sei ner Hinrichtung zustimmen. In der Zwischenzeit erwarten wir, dass Ihr ihn am Leben haltet.«
    »Gebt ihm wenigstens Marschverpflegung«, meinte Kelvar. »Niemand kann behaupten, ihr hättet ihn damit verwöhnt, und
wir haben ei nen Mann, der fä hig ist, entweder auf eigenen Füßen zum Galgen zu gehen oder aber für uns Bocksburg zu befehligen.«
    Edel verschränkte die Arme vor der Brust und gab keine Antwort. Seine Haltung sagte mir, dass er es bei Wasser und tro cken Brot belassen würde. Ich glaube außerdem, dass er mir liebend gerne Brawndys Umhang weggenommen hätte, wenn ihm nicht klar gewesen wäre, wie ich da rum kämpfen würde. Mit ei ner schroffen Kopfbewegung gab Edel dem Wärter ein Zeichen, die Tür wieder zu schließen. Als sie mit dumpfem Schlag zufiel, warf ich mich dagegen, krallte die Hände um die Gitterstäbe und starrte meinen Richtern hinterher. Ich dachte daran, ihnen hinterherzurufen und ihnen zu sagen, dass für Edel mein Tod beschlossene Sache war. Doch ich ließ es sein. Sie hät ten mir nicht geglaubt. Noch immer unterschätzten sie Edel und erkannten nicht sei nen wah ren Charakter. Hätten sie ihn so gut gekannt wie ich, hätten sie gewusst, dass kein Versprechen ihn zwingen konnte, sich an ihre Abmachung zu halten. Er würde mich töten. Die Versuchung war zu groß, als dass er ihr hätte widerstehen können.
    Ich kehrte der Tür den Rücken, ging mit hölzernen Schritten zurück zu meiner Steinbank und setzte mich hin. Unwillkürlich legte ich mir Brawndys Umhang über die Schultern; gegen die innere Kälte, die mich erfüllte, vermochte er mich jedoch nicht zu wärmen. Wie die steigende Flut in eine Meeresgrotte strömt, stieg die Todesgewissheit in mir auf. Wieder hatte ich das Gefühl, ohnmächtig

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