Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote
Worte im Halse hängen, während ich nach einer Antwort suchte. Laceys Rückkehr erlöste mich. Sie hatte zwei Knechte und ein paar junge Pagen im Schlepptau. Im Nu waren der Badezuber und das schmutzige Geschirr verschwunden. Lacey stellte derweil einen Teller mit Pastetchen und zwei weitere Tassen auf den Tisch an mei nem Bett und gab frische Teeblätter in die Kan ne. Philia und ich schwiegen, bis die Dienstboten das Zimmer verlassen hatten. Lacey bereitete den Tee, schenkte ein und zog sich dann mit ih rem unvermeidlichen Häkelzeug in einen Winkel zurück.
»Und wegen deiner Abstammung handelt es sich in diesem Fall um mehr als ein bloßes Missverständnis.« Philia nahm den Faden wieder auf, als hätte ich nie gewagt, sie zu unterbrechen. »Wärst du weiter nichts als Fedwrens Gehilfe oder ein Stallbursche, könntest du der Stim me des Herzens folgen. Doch in dei nen Adern, FitzChivalric, fließt königliches Blut. Selbst ein Bastard«, das Wort kam ihr nur stockend über die Lippen, »hat die Pflicht, gewisse Regeln zu beachten. Und Zurückhaltung zu üben. Bedenke deine Stellung im königlichen Haushalt. Um zu heiraten, musst du die Erlaubnis deines Königs einholen, wie du natürlich weißt. Die Achtung gegenüber König Listenreich gebietet, ihn von deiner Absicht, einer Dame den Hof zu machen, in Kennt nis zu setzen, so dass er abwägen kann, was für die Auserwählte spricht, und dir mitteilen, ob deine Werbung seine Zustimmung findet oder nicht. Ist der Zeitpunkt günstig? Wird der Thron von der Hei rat profitieren? Ist die Verbindung akzeptabel, oder könnte es einen Skandal geben? Wird dein Liebeswerben dich von deinen Pflichten abhalten? Ist die künftige Braut adliger Herkunft? Wünscht der König, dass du Nachkommen zeugst?«
Jeder Punkt, den sie auf zählte, traf mich wie ein Keu lenschlag. Stumm ließ ich mich zu rücksinken und starrte auf die Bettvorhänge. Ich hatte nie bewusst angefangen, Molly zu umwerben. Aus einer Kinderfreundschaft war unmerklich mehr geworden. Mein Herz hatte immer gewusst, was es sich wünschte, aber mein Kopf hatte diesen Wunsch nie mals an der Wirk lichkeit gemessen. Philia konnte an meinem Gesicht ablesen, was ich dachte.
»Davon abgesehen, FitzChivalric, solltest du nicht vergessen, dass du bereits einen Treueeid geleistet hast. Dein Leben gehört dem König. Was hättest du Molly zu bieten, wenn du sie heiratest? Seine Brosamen? Die kurzen Augenblicke, in denen er dich nicht beansprucht? Einem Mann, der geschworen hat, seinem König zu dienen, bleibt wenig Zeit für etwas anderes in seinem Leben.« Plötzlich standen Tränen in ihren Augen. »Man che Frauen sind bereit zu nehmen, was ein solcher Mann ihnen geben kann, und sich damit zu begnügen. Für andere ist es nicht genug. Du musst …« Sie zö gerte, und es schien sie Überwindung zu kosten, mit ihren Worten fortzufahren. »Du musst da rüber nachdenken. Ein Pferd kann nie mals zwei Sättel tragen, wie sehr es sich das auch wünschen mag …« Bei den letzten Worten war ihre Stimme immer leiser geworden. Sie schloss die Augen, als hätte sie Schmerzen. Doch der Augenblick der Schwäche war schon vorüber, und sie fuhr fort, als wäre nichts gewesen. »Und noch etwas ist zu bedenken, FitzChivalric. Molly ist - oder war - eine Frau mit Zukunft. Sie hat ein Handwerk gelernt und weiß ein Geschäft zu führen. Ich bin überzeugt, dass sie bald genug Geld verdient haben wird, um sich wieder eine Existenz aufzubauen. Doch was ist mit dir? Was hast du vorzuweisen? Du ver stehst dich da rauf, schöne Buchstaben zu ma len, doch du bist kein Schrei ber. Du magst ein guter Stallbursche sein, aber das ist nicht dein Broterwerb. Du bist der Bastard eines Prinzen. Du wohnst in der Burg, du wirst hier
ernährt und gekleidet. Aber du erhältst keine feste Apanage. Dies könnte wohl für eine Person ein ge mütliches Zimmer sein. Aber wolltest du Molly zumuten, hier zu hausen? Oder hast du ernsthaft geglaubt, der König würde dir gestatten, Bocksburg zu verlassen? Und wenn er es täte, was dann? Willst du bei dei ner Frau woh nen und das Brot essen, das sie mit ihrer Hände Arbeit verdient? Oder wärst du’s zu frieden, ihr Gewerbe zu erlernen und ihr zur Seite zu stehen?«
Sie schwieg, doch offenbar nicht, weil sie von mir eine Antwort auf ihr Fragen erwartete. Ich hätte auch keine gewusst. Nachdem sie Atem geschöpft hatte, sprach sie weiter. »Du hast dich be nommen wie ein gedankenloser Knabe. Ich weiß, du hast
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