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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gesehen. Niemand erwähnte seinen Namen. Hin und wieder reiste er, verkleidet als Lady Quendel, über Land. Einmal hatten wir zusammen einen Gewaltritt unternommen, nach Ingot, wo wir unsere
erste Begegnung mit Entfremdeten hatten. Doch selbst das war auf Befehl des Königs geschehen. Wie sah Chades Leben aus? Ein Zimmer, gutes Essen und Wein und ein Wiesel zur Gesellschaft. Er war Listenreichs älterer Bruder. Wäre er nicht ein Bastard gewesen, hätte er auf dem Thron gesessen. Konnte ich aus seinem Beispiel auf meine Zukunft schließen?
    »Nein.«
    Chade hatte mir am Gesicht abgelesen, was ich dachte. »Ich habe dieses Leben gewählt, Junge. Nach einem Unfall, bei dem mir ein falsch gemischtes Pulver unter den Händen explodierte. Früher war ich ein gutaussehender Mann. Und ich war eitel, fast so eitel wie Edel. Als mein Gesicht entstellt war, wünschte ich mir nur noch den Tod. Monatelang verkroch ich mich in meinem Zimmer. Als ich mich endlich hinauswagte, ging ich verkleidet, nicht als Lady Quendel, nein, damals noch nicht. Aber es war eine Verkleidung, die mein Gesicht und meine Hände bedeckte. Ich verließ Bocksburg, und als ich nach langer Zeit wiederkehrte, war der schöne junge Mann von einst tot. Wie sich herausstellte, konnte ich als Toter der Familie ungleich nützlicher sein denn als Lebender. Es gäbe noch mehr zu sagen, aber du sollst wissen, dass ich mir meine Art zu leben selbst ausgesucht habe. Listenreich hat mich nicht dazu gezwungen. Es war meine Entscheidung. Deine Zukunft mag anders aussehen, doch wiege dich nicht in der Hoffnung, du könntest sie nach deinem eigenen Willen gestalten.«
    Die Neugier ließ mir kei ne Ruhe. »Ist das der Grund, wes halb Chivalric und Veritas von dir wussten, doch Edel nicht?«
    Chade lächelte seltsam. »Auch wenn man es sich nur schwer vorstellen kann: Ich war eine Art gütiger Stiefonkel für die zwei älteren Knaben. Ich wachte über sie. Doch nach dem Unfall hielt ich mich auch von ihnen fern. Edel weiß nichts von mir. Seine
Mutter hatte Todesangst vor den Pocken, wahrscheinlich glaubte sie sämtliche Geschichten von dem Gezeichneten, dem Vorboten von Unglück und Verderben. Aus demselben Grund hegte sie wohl auch eine fast aber gläubische Scheu vor Menschen mit irgendeinem Gebrechen. Man erkennt ihre Ma nie an Edels Haltung gegenüber dem Narren. Sie duldete keine klumpfüßige Magd in ihrem Dienst, keinen Knecht, dem auch nur ein Finger fehlte. Aus gutem Grund wurde ich also nach mei ner Rückkehr weder der Königin noch ih rem kleinen Sohn vorgestellt. Als Chivalric Thronfolger wurde, war ich ei nes der Ge heimnisse, in die man ihn einweihte. Noch im Nachhinein bereitete es mir Kummer zu erfahren, dass er sich an mich erinnerte und mich vermisst hatte. Am selben Abend brachte er Veritas zu mir. Natürlich musste ich ihn für seinen Leichtsinn tadeln. Es war schwer, den bei den begreiflich zu machen, dass sie mich nicht einfach zu jeder Zeit besuchen konnten. Diese Kinder.« Er schüttelte den Kopf und lächelte versonnen. Zu meiner Überraschung verspürte ich in mir ei nen Hauch von Eifersucht und brachte das Gespräch wieder auf mich zurück.
    »Was rätst du mir, soll ich tun?«
    Chade schob die Unterlippe vor, dreh te das Weinglas in den Fingern und überlegte. »Philias Rat befolgen. Du kennst Molly nicht. Behandle sie, als wäre sie eine neue Küchenmagd, höflich, wenn du ihr begegnest, aber nicht vertraulich. Kein heimliches Stelldichein. Widme deine Zeit der Kronprinzessin. Veritas wird dankbar sein, dass du ihr etwas Zerstreuung bringst, und Kettricken wird sich freuen, ein freundliches Gesicht zu sehen. Und falls du wirklich die Absicht hast, Molly zur Frau zu neh men, kann die Kronprinzessin eine mächtige Verbündete sein. Wenn du bei ihr bist, halte Augen und Ohren offen. Denk daran, es gibt Parteien, die nicht daran interessiert sind, dass Veritas einen Erben hat. Dieselben
Leute wären auch nicht begeistert, wenn du Kinder hättest. Deshalb sei wachsam und auf der Hut. Gib dir keine Blöße.«
    »Ist das alles?«, fragte ich eingeschüchtert.
    »Nein. Du musst dich schonen. Todeswurzel hat Edel dir verabreicht?« Ich nickte, und er musterte mich aus schmalen Augen. »Du bist jung. Du wirst deine Gesundheit größtenteils wiedererlangen können. Ich ken ne nur ei nen anderen Mann, der ei nen solchen Anschlag überlebt hat, aber das Zittern verlor sich auch nach Jahren nicht. Ich erkenne es auch bei dir, doch andere, die dich weniger

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