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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Er würde mir sagen, was ich tun
sollte, und ich würde es tun. Ich wäre zufrieden, trotz der zahlreichen Pflichten, denn ich hätte Vertrauen zu ihm. Weißt du, wie leicht es ist, Fitz, einem Mann zu folgen, an den man glaubt?«
    Endlich blickte er auf und sah mich an.
    »Mein Prinz«, antwortete ich ruhig, »ich glaube, ich weiß es.«
    »Ah.« Weiter sagte er nichts, doch unsere Blicke trafen sich, und es bedurfte nicht der Wärme der Gabe, da mit ich die Dankbarkeit fühlte, die von ihm zu mir hinüberströmte. Er straffte sich und kehrte zu sei nem Kartentisch zurück. Mein Kronprinz stand wieder vor mir. Mit ei nem kurzen Wink war ich ent lassen und ging. Während ich die Treppe zu mei nem Zimmer hinaufstieg, fragte ich mich zum ersten Mal in meinem Leben, ob ich nicht froh sein sollte, als Bastard geboren zu sein.

KAPITEL 7
    BEGEGNUNGEN
    V on jeher war es Brauch und wurde erwartet, dass bei einer Hochzeit im Königshaus der Prinzgemahl oder die junge Königin mit ei nem großen Gefolge Einzug hielt. So hatte man es auch von Listenreichs beiden Gemahlinnen gekannt. Doch als Königin Kettricken aus dem Bergreich nach Bocksburg kam, kam sie als OPFER, wie es der Brauch ih res Volkes ist, allein, ohne Frauen oder Bediente, nicht einmal begleitet von einer Zofe, die ihr Freundin hätte sein können. Kein vertrautes Gesicht erwartete sie in ih rer neuen Heimat. Sie begann ihre Herrschaft umgeben von lauter Fremden, nicht nur was den Adel betraf, sondern bis hinunter zu Dienern und Türhütern. Im Lauf der Zeit gewann sie Freunde und fand auch Diener, die ihr zusagten, obwohl für sie anfangs die Vorstellung, jemanden zu haben, dessen Lebensaufgabe darin bestand, sie zu umsorgen, etwas Ungeheuerliches war.
     
    Cub hatte meine Gesellschaft vermisst. Bevor ich nach Bearns aufbrach, hatte ich ihm ein ge frorenes Reh gut versteckt hinter die Hüt te ge legt, damit also reich lich Fleisch, um die Zeit mei ner Abwesenheit zu überbrücken. Doch nach echter Wolfsart hatte er sich den Bauch vollgeschlagen und geschlafen, wieder gefressen und geschlafen, bis nichts mehr übrig war. Seit zwei Tagen nicht,
ließ er mich wissen, während er um mich he rumtanzte. Der Bo den der Hütte war von blitzblank abgenagten Knochen übersät. Seine Wiedersehensfreude erklärte sich zum Teil dadurch, dass sowohl die von mir ausströmende alte Macht als auch sei ne Nase ihm von dem frischen Fleisch Kenntnis gaben, das ich mitbrachte. Sofort stürzte er sich darauf, und ich konnte mir ungestört einen Sack nehmen, um die alten Knochen einzusammeln. Unrat lockte Ratten an und Ratten die Hunde der Burg, ein Risiko, das ich nicht eingehen durfte. Zwischendurch sah ich zu ihm hin und be merkte das Spiel der Muskeln an seinen Schultern, wenn er die Vorderpfoten gegen den Fleischbrocken stemmte und ein Stück losriss. Ich bemerkte auch, dass viele Knochen aufgeknackt waren und das Mark herausgeschleckt. Das war nicht mehr das Werk ei nes Welpen, sondern das eines starken jungen Raubtiers. Die Knochen, deren Splitter ich einsammelte, waren teilweise dicker als mein Arm.
    Aber weshalb sollte ich dich angreifen? Du bringst mir Fleisch. Und Ingwerplätzchen.
    Seine Gedanken vermittelten mir Einblick in eine fremde Welt. Das war das Gesetz des Rudels. Ich, ein Älterer, brachte Fleisch für Cub, einen Jungwolf. Ich war der Jäger, der ihn an seiner Beute teilhaben ließ. Als ich nach seinem Bewusstsein spürte, merkte ich, dass sich für ihn die Unterschiede zwischen uns zu verwischen begannen. Für ihn waren wir ein Rudel, was für mich ein kaum zu erfassendes Konzept war. Ein Rudel war mehr als nur Gefährten oder Freunde zu sein. Ich fürchtete, dies bedeutete für ihn dasselbe wie für mich eine Verbrüderung. Das durfte ich nicht zulassen.
    »Ich bin ein Mensch. Du bist ein Wolf.« Ich sprach es laut aus, obwohl er die Bedeutung des Gesagten natürlich schon aus meinen Gedanken entnehmen konnte, doch ich wollte ihn zwingen, mit allen Sinnen unsere Verschiedenheit wahrzunehmen.

    Äußerlich. Innerlich sind wir ein Rudel. Er leckte sich selbstgefällig über die Nase. Seine Vorderpfoten waren blutbespritzt.
    »Nein. Ich füttere und schütze dich hier. Aber nur für kurze Zeit. Sobald du in der Lage bist, selbst zu jagen, werde ich dich an einen anderen Ort bringen und freilassen.«
    Ich habe nie gejagt.
    »Ich werde es dich lehren.«
    Auch das ist Rudelgesetz. Du bist mein Lehrer, und ich werde mit dir jagen. Wir teilen uns viel an Beute und

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