Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
anderen Seite des Flusses. Wie versprochen. Dein Ohrring gehört mir.«
Mein Bewacher trat ihm in die Rippen. »Sei still«, knurrte er.
»So war das nicht abgemacht«, protestierte Nik, als er wieder atmen konnte. Er schaute zu ihnen auf und wandte sich an einen, der die Rangabzeichen eines Feldwebels trug. »Ich habe mit eurem Hauptmann einen Handel geschlossen. Ich sagte zu, ihm diesen Mann zu bringen. Er versprach mir dafür Gold und einen unbehelligten Grenzübergang. Für mich und alle, die bei mir sind.«
Der Feldwebel lachte höhnisch. »Nun, das wird nicht der erste Handel sein, den der Hauptmann mit euch Gesindel abgeschlossen hat. Seltsam. Nie ist etwas für uns dabei abgefallen. Stimmt’s, Jungs? Und der Hauptmann selbst, Eda hab’ ihn selig, schwimmt irgendwo da unten im Fluss, deshalb können wir ihn nicht mehr fragen, was er dir versprochen hat. Er liebte seine großen Auftritte, unser Hauptmann. Nun, jetzt werden ihn wohl die Fische fressen. Aber ich kenne meine Befehle, und die besagen, ich soll die ganze Schmugglerbande gefangen nehmen und nach Mondesauge bringen. Ich bin ein guter Soldat, also werde ich genau das tun.«
Er bückte sich und erleichterte Nik nicht allein um den Beutel mit Gold, sondern auch um seine eigene Börse. Nik wehrte sich und musste dafür erneut bluten. Ich verschwendete kein Mitleid an ihn; schließlich hatte er mich an die Soldaten verschachert. Woher er gewusst hatte, wer ich war? Es war wohl das Bettgeflüster mit Merle, sagte ich mir bitter. Wann würde ich lernen, dass es sich nicht auszahlte, jemandem zu vertrauen? Als sie Nik wegschleppten, hob ich nicht einmal den Kopf.
Ich besaß nur einen wirklich treuen Freund, und der bezahlte gerade für meine Dummheit - und das nicht zum ersten Mal. Ich starrte zum Himmel, griff aus meinem Körper hinaus, so weit ich konnte, und spürte nach ihm mit allen Sinnen. Und ich fand ihn tatsächlich. Irgendwo scharrten und kratzten seine Pfoten an einer steilen, vereisten Böschung. Sein Fell war ganz und gar durchnässt, so dass er kaum den Kopf über Wasser halten konnte. Dann riss ihn die Strömung wieder weg und wirbelte ihn gnadenlos herum. Sie zog ihn hinab und hielt ihn dort fest, nur um ihn dann wieder plötzlich an die Oberfläche zu stoßen. Als er dabei nach Luft schnappte, atmete er Gischt ein. Er hatte keine Kraft mehr.
Nicht aufgeben!, befahl ich ihm. Gib nicht auf, schwimm weiter!
Und die launische Strömung warf ihn erneut ans Ufer, aber an dieser Stelle befand sich ein Gewirr herabhängender Wurzeln, in dem seine Pfoten sich verfingen. Er zog sich daran in die Höhe und strampelte mit den Hinterläufen nach einem Halt. Er atmete dabei heftig.
Weiter, weiter. Du hast es beinahe geschafft!
Ich empfing keine Antwort von ihm, aber ich fühlte, wie er sich Stück für Stück die Böschung hinaufzog. Auf dem Bauch kroch er wie ein Welpe aus dem Fluss. Sein Fell triefte nur so vor Wasser und formte eine Lache um ihn herum. Und er fror entsetzlich. Reif bildete sich an seinen Ohren und an seinem Maul. Als er aufstand und versuchte, sich zu schütteln, fiel er um. Er raffte sich mühsam wieder auf, entfernte sich taumelnd ein paar weitere Schritte vom Ufer und schüttelte sich erneut. Wassertropfen sprühten nach allen Seiten. Endlich konnte sein Fell sich aufrichten und ihn wärmen. Doch mit hängendem Kopf würgte er noch einen Schwall Flusswasser aus sich heraus.
Such dir einen geschützten Platz. Schlaf und wärm dich auf. Sein Verstand arbeitete sehr langsam. Der Lebensfunke in ihm brannte nur noch schwach. Er nieste mehrere Male heftig, dann schaute er sich um. Dort , drängte ich ihn, unter dem Baum . Der Schnee hatte die Zweige der Fichte bis fast zum Boden gedrückt, so dass sich eine kleine Höhle gebildet hatte, die mit einem dicken Nadelteppich ausgepolstert war. Wenn er sich dort verkroch und zusammenrollte, konnte er sich erholen. Weiter , drängte ich ihn. Du kannst es schaffen. Geh weiter.
»Ich glaube, du hast ihn zu hart getreten. Er starrt wie blind in den Himmel.«
»Hast du gesehen, was die Frau mit Skef gemacht hat? Er blutet wie ein Schwein, aber er hat ihr auch eins verpasst.«
»Und wo ist die Alte hin? Hat jemand sie gefunden?«
»Sie wird in dem Schnee nicht weit kommen, also mach dir keine Gedanken ihretwegen. Weck lieber mal den da auf und stell ihn auf die Füße.«
»Er blinzelt nicht einmal, und er atmet nur noch ganz schwach.«
»Mir gleich. Wir bringen ihn zu dem
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