Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
hier.«
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Von allen Dingen, die ich am Ende unserer Reise erwartet hatte, erschien mir ein verlassener Steinbruch am absurdesten. Ich suchte nach Worten, die meiner Königin Mut machen sollten, aber ich fand keine. Es gab keine Hoffnung mehr, keinen Ort, an dem wir noch hätten suchen können. Dies war der letzte auf unserer Karte eingezeichnete Punkt und offenbar das äußerste Ende oder der Anfang der Gabenstraße. Kettricken ließ sich matt auf den Sockel des Pfeilers sinken, zu müde und zu tief enttäuscht, um zu weinen. Krähe und Merle starrten mich an, als erwarteten sie, dass ich eine Antwort wüsste. Aber ich wusste keine. Die staubige Hitze drückte mich nieder. Wir hatten diesen weiten Weg völlig umsonst zurückgelegt.
Ich wittere Aas.
Ich nicht. Das war das Letzte, woran ich ausgerechnet jetzt denken wollte.
Das habe ich auch nicht erwartet, mit deiner Nase. Doch es befindet sich etwas sehr Totes gar nicht weit von hier.
»Dann geh, und wälz dich drin, und gib Ruhe.«
»Fitz«, tadelte Krähe, als Nachtauge zielstrebig davongetrabt war.
»Ich habe den Wolf gemeint«, erklärte ich lahm. Der Narr nickte ruckartig wie eine seiner Marionetten. Seit dem Tag an den heißen Quellen ging er umher wie ein Schlafwandler. Krähe hatte darauf bestanden, dass er weiterhin Elfenrinde nahm, doch wegen unserer begrenzten Vorräte wurde jedes Stück mehrfach aufgegossen. Von Zeit zu Zeit glaubte ich, ein Aufflackern des Gabenbandes zwischen uns zu spüren. Wenn ich ihn anschaute, drehte er sich manchmal um und erwiderte meinen Blick, selbst wenn er sich in größerer Entfernung von mir befand. Wenn ich ihn darauf ansprach, sagte er, zuweilen fühle er etwas, wisse aber nicht, was es sei. Ich verschwieg ihm, was der Wolf zu mir gesagt hatte. Trotz Elfenrindentee blieb der Narr bedrückt und lethargisch. Nachts schlief er unruhig, ächzte und murmelte vor sich hin. Noch eine Sorge mehr.
Es ist ein Mann.
Ein toter Mann - der zum Schneiden dicke Verwesungsgeruch, den ich mit Nachtauges Nase wahrnahm, ließ daran keinen Zweifel. »Veritas«, war mein erster, furchtbarer Gedanke. Ich stürmte in die Richtung, die der Wolf eingeschlagen hatte. Der Narr folgte willenlos in meinem Sog, während die Frauen uns verständnislos hinterherschauten.
Der Tote steckte zusammengekauert zwischen zwei gigantischen Quadern, so als ob er sich sogar im Tod noch zu verstecken versuchte. Der Wolf lief mit gesträubtem Nackenfell vor der Leiche auf und ab. Ich blieb in einiger Entfernung erst einmal stehen, um wieder zu Atem zu kommen; dann zog ich mir den Hemdsärmel über die Hand und hielt sie mir vor Mund und Nase. Es half ein wenig, aber nichts hätte diesen Pesthauch ganz abhalten können. Langsam näherte ich mich dem Toten und schöpfte noch einmal Kraft für das, was ich tun musste. Bei dem Leichnam angekommen, bückte ich mich, griff nach dem kostbaren Umhang und zog ihn daran ins Freie.
»Keine Fliegen«, bemerkte der Narr träumerisch.
Er hatte Recht. Keine Fliegen, keine Maden. Nur die stille Verwesung hatte ihr Werk an den Zügen des Mannes begonnen. Sie waren dunkel, schwärzlich und angstverzerrt. Es war nicht Veritas, aber wer es tatsächlich war, erkannte ich erst, nachdem ich einige Zeit auf ihn niedergeblickt hatte. »Carrod«, sagte ich leise.
»Ein Mitglied von Edels Zirkel?«, fragte der Narr, als wäre damit zu rechnen, dass sich noch ein anderer Carrod hierherverirrt hätte.
Ich nickte. Noch immer den Hemdärmel vor Mund und Nase, kniete ich neben der Leiche nieder.
»Wie ist er gestorben?«, fragte der Narr. Ihm schien der Geruch nichts auszumachen, doch ich verzichtete lieber darauf zu sprechen und zuckte nur mit den Schultern. Für eine Antwort hätte ich atmen müssen. Mit spitzen Fingern zupfte ich an den Kleidern des Toten. Es war schwer, den aufgedunsenen Körper zu untersuchen, doch ich konnte keine Spur von Gewalt an ihm entdecken. Ich holte einmal flach Atem und hielt die Luft an. Dann nahm ich beide Hände, um die Schnalle am Gürtel zu öffnen, zog ihn samt Messer und Börse unter dem Toten hervor und trat schleunigst den Rückzug an.
Kettricken, Krähe und Merle trafen bei uns ein, als ich mich gerade daranmachte, den Inhalt der Börse zu untersuchen. Ich weiß nicht, was ich zu finden gehofft hatte, aber ich wurde enttäuscht. Eine Handvoll Münzen, ein Feuerstein und ein kleiner Wetzstein waren alles, was er bei sich hatte. Ich ließ die Börse
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