Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
herausnehmen und dich tragen.
    Keine Reaktion. Er ließ mich nicht aus den Augen, während ich den Riegel zurückschob und die Tür aufmachte. Ich hatte gedacht, er würde an mir vorbeihuschen und sich davonmachen, doch er rührte sich nicht von der Stelle. Ich streckte die Hand in den Käfig und packte ihn am Nackenfell. Wie ein Blitz fuhr er auf mich los, warf sich gegen meine Brust und schnappte nach meiner Kehle. Im letzten Moment konnte ich den Arm hochreißen und schob ihn quer zwischen seine aufgesperrten Kiefer. Seine Hinterbeine scharrten über meinen Leib, aber das gefütterte Wams bewahrte mich vor Schaden. Im nächsten Augenblick wälzten wir uns durch den Schnee, während wir beide wie tollwütige Raubtiere knurrten und röchelten. Mir kam mein größeres Gewicht zugute, die bessere Hebelwirkung und die jahrelange Erfahrung im freundschaftlichen Raufen mit Hunden. Ich warf ihn auf den Rücken und drückte ihn nieder, während er sich in meinem Griff wand und mir Schimpfnamen gab, für die Menschen keine Worte haben. Als seine Kräfte erlahmten, umklammerte ich seine Kehle, beugte mich über ihn und starrte ihm in die Augen. Das war Körpersprache, die er verstand. Zur Sicherheit fügte ich eine Gedankenbotschaft hinzu. Ich bin der Rudelführer. Du bist der Jungwolf. DU wirst MIR gehorchen.
    Er wandte rasch den Blick ab, doch ich hielt ihn unerbittlich fest, bis er wieder zu mir aufsah und ich die Veränderung in seinen Augen erkannte. Ich ließ ihn los, erhob mich und trat zurück. Er lag still da. Steh auf. Komm her. Er rollte sich auf den Bauch und näherte sich mir kriechend, die Rute zwischen die Hinterbeine geklemmt. Bei mir angelangt, ließ er sich auf die Seite fallen und zeigte mir seinen Bauch. Er winselte leise.
    Nach einer Weile ließ ich es genug sein. Schon gut. Es ging nur darum, dass wir uns verstehen. Ich habe nicht die Absicht, dir wehzutun. Komm jetzt mit mir. Ich wollte seine Brust kraulen, doch bei der Berührung jaulte er auf. Sein Schmerz schoss durch meinen Körper.
    Wo bist du verletzt?
    Ich sah den messingbeschlagenen Knüppel des Stiefelmannes vor mir. Überall.
    So behutsam wie möglich betastete ich seinen Körper. Alter Schorf, zahlreiche Schwellungen über den Rippen. Ich stand auf und versetzte dem Käfig einen heftigen Tritt. Der Wolf kam und lehnte sich gegen mein Bein. Hunger. Kalt. Müde. Seine Empfindungen sickerten in mein Bewusstsein. Wenn ich ihn berührte, war es noch schwieriger, meine Gedanken von den seinen zu trennen. War es meine Wut darüber, wie man ihn behandelt hatte, oder die seine? Nicht so wichtig. Ich hob ihn vorsichtig hoch und richtete mich auf. Ohne Käfig, eng an die Brust gedrückt, war er nur noch halb so schwer, nichts als Haut und Knochen. Es tat mir leid, dass ich ihn so scharf in die Schranken gewiesen hatte, doch ich wusste auch, dass dies die einzige Sprache war, die er verstand. »Ich werde mich um dich kümmern«, sagte ich laut, wie ein Herr zu seinem Hund.
    Warm, dachte er dankbar, und ich nahm mir einen Moment Zeit, meinen Umhang über ihn zu ziehen. Ungewollt wurde ich zum Nutznießer seiner Sinneseindrücke. Ich konnte mich selbst riechen, tausendmal stärker, als mir lieb war. Pferde und Hunde und Holzrauch und Ale und ein Hauch von Philias Parfum. Ich tat mein Bestes, diese Wahrnehmungen zu verdrängen, und machte mich an den Aufstieg zur Burg. Unterwegs dachte ich an die verlassene Kate, von der ich wusste. Ein alter Schweinehirt hatte dort gehaust, sie lag noch ein gutes Stück hinter den Kornspeichern. Nach ihm hatte niemand dort einziehen wollen, sie war zu baufällig und weitab vom Leben und Treiben der Burg. Genau deshalb war sie für meine Zwecke ideal. Dort konnte ich den Wolf unterbringen, mit ein paar Knochen zum Benagen, einem Napf mit gekochtem Getreide und einem Strohbündel als Lagerstatt. Eine Woche oder zwei, höchstens ein Monat, bis er wieder gesund war und kräftig genug, um selbst für sich zu sorgen. Dann konnte ich ihn zur Westseite der Burg schaffen und freilassen.
    Fleisch?
    Ich seufzte. Fleisch, versprach ich. Niemals hatte ein Tier meine Gedanken so vollständig erfasst oder sich mir so deutlich mitgeteilt. Nur gut, dass er nicht lange bleiben würde. So bald wie möglich musste er zurückkehren in seine Welt.
    Warm, bekundete er seine Zufriedenheit mit dem Augenblicklichen Zustand. Er bettete den Kopf auf meine Schulter und schlief ein. Seine feuchte Nase bohrte sich in mein Ohr, und ich spürte seinen

Weitere Kostenlose Bücher