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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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schnaufenden Atem.

KAPITEL 5
GAMBIT
    S icherlich gibt es einen altmodischen Ehrenkodex, und sicherlich waren seine Regeln strenger als unsere heute. Doch ich möchte behaupten, dass wir uns gar nicht so weit von diesen Grundsätzen entfernt haben, höchstens erscheinen sie inzwischen in ein gefälligeres Gewand gekleidet. Für den Soldaten und Krieger ist nach wie vor ein Wort ein Wort, und bei denen, die Seite an Seite kämpfen, ist nichts verächtlicher als einer, der seine Kameraden belügt oder sie in Unehre bringt. Das Gesetz der Gastfreundschaft verbietet immer noch dem, der an eines Mannes Tisch Salz gegessen hat, in dessen Hause Blut zu vergießen.
     
    Der Winter festigte seine Herrschaft über das Land. Stürme von See her brausten mit eisiger Wut über uns hinweg. Gewöhnlich brachten sie Schnee in gewaltigen Mengen, der auf den Zinnen saß wie Sahnehauben auf Nusstörtchen. Die Zeiten der Dunkelheit wurden länger, und in klaren Nächten glitzerten die Sterne in frostiger Pracht am tiefschwarzen Himmel. Nach meiner langen Reise zu Pferd aus dem Bergreich in die Ebene hatte für mich der Winter viel von seinem Schrecken verloren. Auf meinem täglichen Gang zu den Ställen und zu der verfallenen Kate mochte mir die Kälte ins Gesicht beißen und Reif meine Wimpern verkleben, ich war mir stets bewusst, dass nur wenige Schritte entfernt mein Zuhause und ein Feuer im Kamin auf mich warteten. Die Stürme und der Frost, die uns an knurrten wie Wölfe vor der Tür, waren zugleich die Schutzmacht, die die Roten Korsaren von unseren Küsten fernhielt.
    Die Zeit verging quälend langsam. Chades Vorschlag folgend, stattete ich jeden Tag Kettricken einen Besuch ab, doch wir waren uns zu ähnlich in unserer Rastlosigkeit. Bestimmt stellte ich ihre Geduld nicht weniger auf die Probe als sie meine. Mit dem Welpen beschäftigte ich mich nicht mehr als nötig, aus Angst, es könnte sich doch eine zu innige Beziehung zwischen uns entwickeln. Andere Pflichten hatte ich nicht. Der Tag hatte zu viele Stunden, und alle meine Gedanken waren von Molly erfüllt. Am schlimmsten waren die Nächte, wenn mein Unterbewusstsein aller Beschränkungen ledig war und wenn sie in all ihrer Lebendigkeit und in ihren roten Röcken in meinen Träumen zu mir kam, wo sie doch jetzt so bescheiden und trist im Blau der niederen Dienerschaft gekleidet war. Wenn ich bei Tag nicht in ihrer Nähe sein durfte, umwarb sie mein schlafendes Ich mit einem solchen Nachdruck und einer solchen Zielstrebigkeit, wie ich es im Wachzustand nie gewagt hatte. Spazierten wir nach einem Sturm am Strand entlang, hielt ich ihre Hand. Ich küsste sie erfahren, ohne Unsicherheit, und begegnete frei ihrem Blick, ohne etwas zu verbergen. Niemand konnte mich von ihr fernhalten. Zumindest nicht in meinen Träumen.
    Anfangs erlag ich der Verlockung, das von Chade Gelernte zu nutzen und ihr nachzuspionieren. Ich wusste, welche Kammer im Stockwerk des Gesindes die ihre war, ich wusste, welches Fenster dazu gehörte. Ich wusste Bescheid über ihr Kommen und Gehen. Es war beschämend, heimlich genau dort zu stehen, wo ich darauf hoffen konnte, ihren Schritt auf der Treppe zu erhören und einen Blick auf sie zu erhaschen, wenn sie sich auf den Weg zum Markt machte. Doch wie sehr ich auch versuchte, mich zu beherrschen, ich kam nicht dagegen an. Ich kannte ihre Freundinnen unter den Mägden. Mit ihr selbst durfte ich nicht reden, aber nichts verbot mir, mit diesen Mägden zu plaudern und vielleicht etwas über Molly zu erfahren. Meine Sehnsucht war unerträglich. Ich konnte nicht schlafen, Essen war mir gleichgültig. Alles war mir gleichgültig.
    Eines Abends saß ich in der Wachstube neben der Küche, auf einem Platz in der Ecke, wo ich, an die Wand gelehnt, die Füße so auf die Bank gegenüber legen konnte, dass jedem klar sein musste, wie wenig mir nach Gesellschaft war. Vor mir stand ein längst schal gewordener Krug Ale. Ich konnte mich nicht einmal dazu entschließem, mich zu betrinken. Ziemlich unglücklich starrte ich ins Leere und versuchte, an gar nichts zu denken, als mir mit einem Ruck die Bank unter den Füßen weggezogen wurde. Fast wäre ich mit dem Hintern auf den Boden gerutscht. Als ich mich von meiner Überraschung erholt hatte, sah ich Burrich, der mir gegenüber Platz nahm.
    »Was fehlt dir?«, fragte er ohne Umschweife. Leiser fügte er hinzu: »Hast du wieder einen Anfall gehabt?«
    Ich richtete den Blick auf die Tisch platte und antwortete ebenso leise:

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