FJORD: Thriller (German Edition)
Kiefer gebrochen!« Noah blickte Runar strafend an.
Dieser schnaubte nur.
Noah eilte weiter zu Morgan, doch der schlug nach ihm und widersetzte sich jedem Hilfeversuch.
»Könnt ihr mir bitte mal erklären, was um Himmels willen hier vor sich geht? Seid ihr jetzt alle übergeschnappt?«, machte Noah seiner Verwunderung Luft.
»Der Kerl da hat meine Tochter entführt!«, antwortete Runar und zeigte auf Carl. Dieser entgegnete nichts. Mit versteinerter Miene starrte er Noah an.
»Was?«, stammelte Noah entsetzt. »Das kann ich nicht glauben! Wie …«
In diesem Augenblick kam Magnus Paulsen zurück in seine Bar. Seine Haltung zeugte von Entschlossenheit, auch wenn seine Hände, die die Pistole hielten, mit der er sonst Wölfe und andere wilde Tiere von seinem Haus fernhielt, heftig zitterten. Früher hatte Noah ihn öfter mit einem Gewehr angetroffen, wenn er auf die Jagd gegangen war, aber das war lange her.
Der Bürgermeister richtete die Waffe auf Carl. »Du wirst mir jetzt sofort sagen, wo Aurora ist! Auf der Stelle! Sonst …«
»Magnus!«, warnte Noah. »Leg die Waffe weg! Das führt doch zu nichts!«
»Halt dich da raus!«, fauchte dieser und winkte Runar zu sich. Er nahm sich einen Stuhl und schob das vordere Ende an Carls Kniekehlen. »Hinsetzen!«, befahl Magnus. Runar drückte den ehemaligen Polizeichef hinunter und hielt ihn an den Schultern fest.
»Und jetzt sagst du mir, wo du Aurora versteckt hast«, sagte Magnus in bemüht ruhigen Tonfall. Sein Herz schlug viel zu schnell. Er konnte das Pulsieren schon in seinem Hals spüren. Er schwitzte und ihm schien, als würde sich eine Kette um seine Brust legen, die eine unsichtbare Kraft immer enger zuzog.
»Einen Teufel werde ich tun«, fauchte Carl, »du hast meinen Anders auf deiner Baustelle sterben lassen!« Von hinten schlug Runar mit voller Wucht gegen Carls Kopf. Dieser sackte besinnungslos zur Seite.
»Runar, du verdammter Idiot!«, schrie Magnus. »So wirst du genau gar nichts erreichen! Willst du nicht wissen, wo deine Tochter ist, oder was?«
Der Fleischer ging hinter die Bar und füllte eine Karaffe mit eiskaltem Wasser, kam zurück und schüttete den Inhalt schwungvoll in Carls Gesicht. Dieser erlangte das Bewusstsein zurück, prustete, zwinkerte mehrmals angestrengt mit den Augen und schien die Situation plötzlich komisch zu finden. Kam es Magnus nur so vor, oder grinste dieser Scheißkerl?
»Na warte!« Runar holte mit dem Krug aus, als wollte er wieder zuschlagen.
»Mortensen!«, zischte Magnus. Dieser verstand und beließ es bei der Drohgebärde.
»Und jetzt sagst du uns, wo du das Kind versteckt hast, sonst …«
»Sonst was ?«, lachte Carl. »Erschießt du mich dann? Toller Plan, Bürgermeister !«
Magnus spannte den Hahn seiner Pistole und drückte die Mündung an Carls Schläfe.
»Na los, schieß doch!«, sagte Carl ohne Zögern.
»Pass auf, sonst waren das deine letzten Worte!«
»Schön, dann soll es so sein! Bring mich um! So, wie du meinen Anders umgebracht hast! Komm, schieß!«
Magnus spürte, dass er diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Er zitterte am ganzen Körper und fürchtete, jeden Moment umzukippen. Ein Schweißtropfen rann ihm von der Stirn auf die Nase und tropfte von dort auf den Boden. Hier saß ein Mann, der mit seinem Leben abgeschlossen hatte. Was sollte er jetzt tun? Er fühlte sich hilflos, und das hasste er.
»Nicht nachdenken, schießen!«, schrie Carl, »oder brauchst du noch mehr, du feiger Hund? Große Klappe, nichts …« Carl stoppte mitten im Wort und schien zu überlegen. Dann fuhr er fort: »Willst du wissen, wie es war, die verfluchte Dorfhure zu töten? Deine saubere Tochter, Liv, die es mit jedem getrieben hat! Schön war es! Endlich spürst du, wie es sich anfühlt, sein Kind verlieren!«
Mit diesen Worten schloss Carl Morgan seine Augen und erwartete, den Knall des Schießpulvers als letztes Geräusch seines Lebens zu vernehmen.
Niemand achtete auf Odin, der nun wieder bei vollem Bewusstsein war. Selbst der stoische Lebensmittelhändler war von der Tür weggetreten, als Carl in scheinbarer Todessehnsucht ein Geständnis nach dem anderen zu machen begann. Der Weg nach draußen war frei. Er nahm den Sack mit den Lebensmitteln und schlich zur Tür. Er hatte solche Szenen schon gesehen – nicht nur im Film. Er musste dieser Hölle entkommen. Um jeden Preis.
Leise öffnete er die Tür und zwängte sich durch, kaum dass der Spalt groß genug für ihn war. Ebenso leise und
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