Flames 'n' Roses
das Tor, das du öffnen sollst.«
»Meine Seelen«, seufzte ich. Ich liebte sie so sehr. Ich schloss die Augen und atmete tief ein, spürte der Energie nach, meiner Energie, meinen Seelen. Ich war erfüllt. Doch darunter hatte ich das vage, nagende Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. Es war gleichzeitig zu viel und zu wenig. Die Flammen dehnten mich aus, veränderten mich. Und obwohl ich schon zum Bersten voll war, spürte ich, wie das Verlangen, die Gier in mein Bewusstsein sickerte. »Ich will mehr«, flüsterte ich.
»Nun, das lässt sich einrichten. Komm.« Reth zog sanft an meinem Arm. Warum verbrannte er sich nicht an mir?
Dann fielen mir die Lichter auf. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich begriff, dass sie zu einem Auto gehörten. Mit quietschenden Bremsen kam es vor uns zum Stehen und auf der Fahrerseite sprang ein Mann heraus. Seine Seele war ein blasses Etwas, bereits im Verfall begriffen. Sie flößte mir ein Gefühl von Frieden ein, das ich mir nicht erklären konnte. Ihre zerbrechliche Schönheit stimmte mich zärtlich.
Dann öffnete sich die andere Autotür. Mein Körper wurde stocksteif. Wenn ich gedacht hatte, Reths Seele sei schön, war sie jedoch nichts im Vergleich zu dieser hier. Sie erfüllte die Nacht mit ihrem Licht, es tanzte und wogte, als spiegelte es sich auf einer Wasseroberfläche. Ich hatte noch nicht viele Seelen gesehen, aber dass diese etwas Besonderes war, wusste ich sofort. Ich wollte sie. Ich brauchte sie.
»Evie!«
Blinzelnd tauchte ich ein wenig aus meiner Versunkenheit auf und suchte nach einem Hinweis, woher ich diese Stimme kannte.
»Evie, ist alles in Ordnung?«
»Lend.« Mein Lend. Jetzt fügte sich alles zusammen. Diese Seele, das war mein Lend. Meine Hände ballten sich an meinen Seiten zu Fäusten. Ich durfte sie mir nicht holen.
»Was – deine Stimme klingt so anders. Was hat er mit dir gemacht?«
Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, Lends Gesicht über seiner Seele auszumachen. Wenn ich sein Gesicht sehen konnte, vielleicht ließ dann das Verlangen nach seiner Seele etwas nach, vielleicht konnte ich dann aufhören. Ich streckte die Hand nach ihm aus.
»Ja, mach nur«, ermutigte mich Reth. »Er ist nicht wichtig. Aber beeil dich, wir müssen weiter.«
»Was ist passiert?« Lend rannte zu mir, ich konnte ihn berühren. Fast hätte ich geweint, als ich ihm die Hand auf die Brust legte, aber ich konnte nicht. Ich musste sie haben. Ich öffnete mich – und keuchte auf.
In dem Moment, als ich Lends Seele berührte, fand ich endlich meine eigene wieder. Sie war im Strudel der neuen Seelen verloren gegangen, es war alles zu überwältigend gewesen. Doch meine Seele kannte Lends Seele, sie liebte sie, und das war genug.
Ich zog meine Hand zurück, bevor ich Lend irgendetwas rauben konnte. Die Augen geschlossen, hielt ich mich an meiner Erkenntnis fest, konzentrierte mich auf meine eigene Seele inmitten der Flammen. Und dann erkannte ich die anderen. Hunderte von ihnen, von Vivian befreit, nur um gleich wieder gefangen genommen zu werden. Mir stockte der Atem – ich spürte Lishs Seele. Ich wusste, sie war es. Liebenswert und intelligent, ganz nah an meinem Herzen. Am liebsten hätte ich sie für immer bei mir behalten.
Dann kam das schlechte Gewissen. Ich versuchte, es zu verdrängen; denn wenn ich sie gehen ließ, würde ich nicht zu Lend gehören. Nicht zu der Seele, die ich gesehen hatte. Ich würde ausbrennen, während er ewig weiterstrahlte. Genau wie Vivian gesagt hatte.
»Wenn ich sie behalte, kann ich bei dir bleiben.« Tränen strömten mir über die Wangen.
»Wenn du was behältst?«
»Die Seelen.«
»Die – was?«
»Ich habe sie Vivian weggenommen.«
»Vivian ist hier?« Entsetzt sah er sich um.
»Jetzt nicht mehr.« Traurig schüttelte ich den Kopf. »Aber Lend, ich hab sie – sie sind in mir drin.«
»Was meinst du damit, du hast die Seelen?« Seine Stimme klang besorgt und verängstigt.
Ich wollte es ihm erklären, er sollte verstehen, warum ich die Seelen behalten musste. Aber als ich seine Seele so vor meinen Augen auf- und abtanzen sah, wusste ich, dass es nicht ging. Ich konnte nicht mit ihm zusammen sein, nicht so. Ich hatte es nicht verdient. Diese Unsterblichkeit, das Leben, das in mir explodierte – das alles gehörte mir nicht. Ich konnte nicht von Lend verlangen, dass er mich liebte, so wie ich jetzt war. Meine eigene Seele war die einzige, die ich ihm schenken durfte. Und jetzt, da ich wusste, dass ich
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