Flaming Bess 02 - Wo die Echse herrscht
zu. »Teng wäre nicht der erste, dem das passiert, eh?«
Gahl verstand die Anspielung. Sie dachte an die Flucht aus dem Tempel. SD-Chef Muller McLasky hatte damals Flaming Bess für eine Klon-Agentin der Herculeaner gehalten und sie verhaftet. Gahl war dabei gewesen.
Sie schauderte bei der Erinnerung. Noch immer sah sie McLaskys Augen vor sich: Winzige trübe Teiche in der Sumpflandschaft eines verquollenen Gesichts.
»Mach dir keine Sorgen, Mädchen«, brummte Phibus Kumpel, als hätte er ihre Gedanken erraten. »Die Kommandantin wird unserem überdrehten Oberschnüffler schon auf die Finger schauen und dafür sorgen, daß er keine Dummheiten macht. Du solltest jetzt schlafen gehen. Wird schon nichts passieren. Kann mir nicht vorstellen, daß der gute Teng genug Geist gehabt hat, um nach seinem Tod herumzuspuken.« Er kicherte, aber dann wurde er wieder ernst. »Könnte sein, daß wir bald für jede Stunde Schlaf dankbar sein werden. Wie man hört, dauert unser Flug durch den Pararaum nicht mehr lange. Hab zwar keine blasse Ahnung, was für Burschen diese Dhrakanen sind, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß sie uns mit offenen Armen empfangen. Das heißt, falls sie überhaupt Arme haben.«
»Ich muß Diva suchen«, sagte Gahl. »Sie ist schon wieder aus meiner Kabine verschwunden. Ich möchte nur wissen, wie sie es geschafft hat, die Tür zu öffnen.«
»Katzen«, nickte Phibus Kumpel. »In meinen jungen Jahren hab ich als Rohstoffprospektor im Kreuz des Ostens gearbeitet. Ist schon eine ganze Weile her, aber ich erinnere mich deutlich an einen Uranschürfer, den ich auf den Eismonden des Barzon-Systems getroffen hab. Er hieß Murjadan; ein netter Kerl, etwas exzentrisch vielleicht — sprach mit den Gletschern wie mit guten Freunden und so weiter. Jedenfalls hatte dieser Murjadan einen Kater. War schwarz wie eine Dunkelwolke und wild wie ein Schwerkraftsturm. Hatte auch keinen Namen; schätze, das Tier war zu stolz, um sich von einem Menschen einen Namen geben zu lassen. Nun, der Kater verschwand jedesmal aus dem Shuttle, wenn Murjadan nach Barzons Welt flog, um einen Claim anzumelden, und tauchte erst wieder auf, wenn das Shuttle zu den Eismonden zurückkehrte. Murjadan hat nie herausbekommen, wie es dem schwarzen Biest gelang, aus dem Shuttle zu entwischen; schien ihn auch nicht weiter zu interessieren. Als ich ihn einmal darauf ansprach, sagte er einfach: ›Katzen brauchen keine Türen. Sie haben die Türen in sich.‹ Bin nie ganz schlau daraus geworden, aber … « Kumpel kratzte sich am Kopf. »Schließlich sollen die Katzen von der alten Erde stammen, und was wissen wir schon von den Geheimnissen der Erde?«
Kumpel zwinkerte ihr zu und wandte sich ab. »Gute Nacht, Mädchen. Und paß auf dich auf.«
»Gute Nacht, Phibus.« Gahl sah dem alten Mann nach. Katzen brauchen keine Türen. Sie haben die Türen in sich. Eine seltsame Bemerkung. Phibus Kumpel verschwand in seiner Kabine, und der Korridor war wie der leer.
Gahl bog in den breiten Hauptgang des Kabinentraktes und näherte sich allmählich der Zentralsektion des 3. Oberdecks.
Wie alle der insgesamt elf Decks der NOVA STAR hatte auch das 3. OD die Form eines Achtecks. Mit einem Durchmesser von 250 Metern war es von durchschnittlicher Größe und geräumig genug, rund achthundert Flüchtlingen als Unterkunft zu dienen. Der Kabinentrakt lag in der Bugsektion, während sich rings um den zentralen Hauptaufzug die Kantinen, Messen, Freizeit- und Fitnessanlagen und mehrere künstliche Gärten gruppierten. Das Heck bestand aus einem Gewirr unterschiedlich großer Lagerräume, deren Bestände erst zum Teil katalogisiert waren.
In den Jahrtausenden, in denen das Schiff auf dem Planeten Terminus dem Geschlecht der Tamerlans als Magisterpalast gedie nt hatte, war das 3. OD weitgehend ungenutzt geblieben. Manche Bereiche waren seit Generationen von keinem Menschen betreten worden, und immer wieder stießen die von Supervisor Frust organisierten Suchgruppen auf uralte Artefakte, von denen niemand zu sagen wußte, ob sie von der Erde oder aus einer weit zurückliegenden Epoche des Planeten Terminus stammten.
Die Tamerlans hatten für ihre Zwecke hauptsächlich das 1. und das 5. und 6. Oberdeck genutzt; dort waren auch die größten baulichen Veränderungen vorgenommen worden, und jedesmal, wenn Gahl eines dieser Decks betrat, fühlte sie sich wieder in die Zeit zurückversetzt, da niemand geahnt hatte, daß sich hinter dem Magisterpalast von Terminus
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