Flaming Bess 02 - Wo die Echse herrscht
kalt, das zähnestarrende Maul hungrig aufgerissen.
Ein Grollen drang aus dem Schlund des Ungeheuers.
Wild peitschte der Echsenschwanz den Boden.
Unter den Schuppen des mächtigen Halses spielten armdicke Muskelbündel.
Die Tyrannenbestie, dachte Flaming Bess. Sie war wie betäubt. Das Tier, dem alle anderen Tiere untertan sind … Und das Bewußtsein, daß sie einen schrecklichen Fehler gemacht hatte, schnürte ihr die Kehle zu.
Diese Kreatur hatte nichts von der Sanftmut und der Weisheit Pra-Yaswäns, der selbst im Angesicht seines Todes bereit gewesen war, den Menschen zu helfen. In den kalten Augen dieser Kreatur glitzerte eine fremdartige Intelligenz, ein mechanisches abstraktes Erkennen der physikalischen Welt und eine namenlose Drohung, die jeden Gedanken an Widerstand erstickte.
Auf der Galerie stieß einer der Flottensoldaten einen gepreßten Schrei aus.
Der riesige Echsenschädel ruckte herum, ein lauernder Blick traf den Soldaten, und der Mann verstummte.
Flaming Bess rührte sich nicht; instinktiv spürte sie, daß jede unbedachte Bewegung eine Katastrophe auslösen konnte. Sie sah zu der Echse auf, dem Ungeheuer aus der Vorzeit, und erst jetzt, wo der Schock langsam nachließ, erkannte sie die künstliche Natur des Schuppenkleides, das den mächtigen Rumpf, die muskulösen Arme mit den Klauenhänden und die stämmigen Säulenbeine bedeckte und bis zur dunklen Hornstruktur des Halsansatzes reichte. Ein Kampfanzug aus stumpfen Metallsegmenten.
Keine Waffen.
Aber groß wie die Echse war, tonnenschwer und zähnestarrend, war sie selbst eine Waffe. Eine animalische Brutalität ging von ihr aus, die Bereitschaft, jeden zu zerschmettern, der sich ihr in den Weg stellte. Die latente Gewalttätigkeit verriet sich in der vornübergebeugten Haltung, im lauernden Ausdruck der Augen, dem nervösen Spiel der Muskeln unter der Schuppenhaut.
Die Spannung wuchs mit jeder Sekunde, und irgendwann würde sie unerträglich werden und sich entladen.
Flaming Bess befeuchtete ihre trockenen Lippen. »Wir sind Freunde«, sagte sie. »Freunde von Pra-Yaswän. Wir kommen in Frieden zu den Dhrakanen.«
Der Dhrakane reagierte nicht.
Er schien die Worte nicht einmal gehört zu haben.
»Verstehst du mich, Dhrakane? Wir sind Freunde. Pra-Yaswän hat uns … «
Mit dröhnenden Schritte stapfte der Dhrakane an Bess vorbei. Der Boden vibrierte unter den stämmigen Säulenbeinen, und der schenkeldicke, nervös hin und her schwingende Schwanz verfehlte Clusters Kontrollpult nur um Haaresbreite.
»Cluster!« Bess’ Warnruf kam zu spät.
Der Admiral wich von seinem Pult zurück und zog gleichzeitig die Energiewaffe. Sein Gesicht war kalkweiß, und seine Hand zitterte, als er den Strahler auf den Dhrakanen richtete.
Aber ehe Cluster abdrücken konnte, wirbelte der Dhrakane blitzschnell herum und schmetterte ihm die Waffe aus der Hand. Cluster wimmerte. Schmerz und Todesangst lähmten ihn. Mit aufgerissenen Augen starrte er zu dem ungeheuren Echsenschädel mit dem zähnestarrenden Maul hinauf. Er war ein großer, kräftiger Mann, aber neben dem Dhrakanen wirkte er wie ein Zwerg. Er stand da und wartete auf den Tod.
Doch der Tod verschonte ihn.
Abrupt wandte sich der Dhrakane von Cluster ab, ganz so, als hätte der Admiral von einem Moment zum anderen aufgehört zu existieren.
Er reagiert auf Bewegung, erkannte Flaming Bess. Er kämpft nur, wenn er angegriffen wird, wenn er sich bedroht fühlt …
Mit einem Sprung erreichte der Dhrakane die nächsthöhere Ebene der Zentrale.
Ka wuchs hinter seinem Kontrollpult auf, das Nar bengesicht von tödlicher Entschlossenheit verdüstert. Der Dhrakane grollte warnend. Die unterarmlangen Reißzähne blitzten, der Schwanz peitschte durch die Luft.
Ka duckte sich, und einen Sekundenbruchteil später war der Dhrakane an ihm vorbei und am Fuß der Galerie. Die beiden Flottensoldaten standen mit dem Rücken zum Schott, die entsicherten Laser schußbereit in der Hand, und ein paar Meter weiter streckte Fortunato Stengel wie abwehrend die Arme aus.
»Schießt!« schrie Cluster den Soldaten zu. »Erledigt die verdammte Bestie!«
Die Soldaten eröffneten das Feuer. Die blendend hellen Laserblitze sengten über den Schädel der Echse und brannten sich in den Knochenkamm, der halb die kleinen Augen überwölbte. Der Dhrakane brüllte; es war ein schreckliches, ohrenbetäubendes Gebrüll voller Schmerz und Wut, und dann packte er die Soldaten und schmetterte sie mit ungeheurer Wucht zu
Weitere Kostenlose Bücher