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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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es nichts umsonst.»
    «Ich will nur, dass du diese weiße, affektierte Missus dazu bringst, ihrem noblen Ehemann in all seinen Wünschen gefügig zu sein. Nichts sonst. Wichtig ist allerdings, dass Jess nichts von unserem starken Zauber erfährt. Glaub mir, wenn er wüsste, was wir vorhaben, wäre er imstande, uns eigenhändig zu töten.»
    Sie räusperte sich und senkte bekümmert den Kopf.
    «So weit ist es schon gekommen, dass eine Mutter ihren leibhaftigen Sohn zu dessen Schutz betrügen muss.»
    «Ich habe das Orakel befragt», wandte Desdemona beiläufig ein und begann nun damit die verschiedenen Ingredienzien miteinander zu mischen. «Es könnte tatsächlich ein großes Unglück geschehen, wenn wir nicht eingreifen. Du musst dir also keine weiteren Sorgen machen. Das, was wir tun, ist rechtens und kann nur dem Willen der Ahnen entsprechen.»
    Baba war erleichtert über Desdemonas Zustimmung, und doch wusste sie, dass die Ahnen ihren Preis fordern würden.
    «Falls nötig», erwiderte sie trotzig, «sollen die Ahnen mich holen, wenn es eines Opfers bedarf. Ich bin lieber tot als alleine und ohne Familie.»
    Desdemona setzte zu einem hohen Gesang an, um die Geister der Ahnen zu locken. Ein kalter Windstoß fuhr durch die Hütte und ließ Baba erschaudern. Das Licht flackerte, und sie glaubte plötzlich weiße Nebelschwaden zu erkennen, die sie und Desdemona wie zarte Gespinste umkreisten. Aus Furcht, von ihnen ergriffen zu werden, schloss sie die Augen. Plötzlich hörte der Gesang auf, und die vorübergehende Kühle wich einer wohligen Wärme. Baba schlug zaghaft die Lider auf. Desdemona saß indessen mit zufriedener Miene an ihrem Tisch und strich eine gelbe Paste in ein frisches Bananenblatt, das sie sorgfältig faltete. Zielsicher übergab sie es an Baba, deren Hände immer noch zitterten.
    «Misch das in eine wohlschmeckende Suppe und serviere sie der Gefangenen zum Frühstück. Bereits winzige Mengen reichen aus, um sie nach ein paar Stunden in einen dauerhaften Zustand schweigsamer Willenlosigkeit zu versetzen. Nur ein geheimes Gegenmittel, das ich in meinem Besitz halte, kann sie ins Diesseits zurückholen und wieder zu einem eigenständigen Menschen machen.»

    Mit fünfzehn Männern und ihren Mulis hatte Jess sich mitten in der Nacht in Bewegung gesetzt, um die Übernahme der Gefangenen vorzubereiten, die im Morgengrauen vorgesehen war. Die vielen Krieger benötigte er weniger zur Verteidigung, sondern vielmehr als Beobachter, die sicherstellten, dass sie anschließend nicht verfolgt wurden.
    «Es tut dir leid, hab ich recht?», fragte Nathan in die Dämmerung hinein, nachdem sie die halbe Nacht dem schweren Regen unter ausladenden Blätterdächern getrotzt hatten.
    Manche der Männer hatten die unfreiwillige Pause genutzt, um noch ein wenig zu schlafen, doch Jess war zu aufgedreht, um sich auszuruhen.
    «Was meinst du mit leidtun?», fragte Jess leise und nahm einen Schluck Wasser aus seiner Feldflasche, um die Nervosität zu bekämpfen.
    «Nun, dass du deine weiße Geisel spätestens morgen früh an ihren Ehemann zurückgeben musst. Vorausgesetzt, mit der Übergabe der zum Tode Verurteilten läuft alles glatt», gestand Nathan geradeheraus.
    «Ich hab keine Ahnung, was du meinst», log Jess, ohne mit der Wimper zu zucken.
    «Glaubst du wirklich», erwiderte Nathan leicht spöttisch, «die Jungs und ich hätten nicht mitbekommen, dass du etwas mehr für sie empfunden hast, als üblich wäre?»
    «Du musst dich täuschen», antwortete Jess mit rauer Stimme. «Da war nichts, und da wird nie etwas sein. Sie ist eine weiße Bakra, nicht mehr und nicht weniger.»
    Dass es ihn schier zerriss, wenn er daran dachte, Lena nie wiederzusehen, würde er sich nicht anmerken lassen. Er tröstete sich damit, dass sie wenigstens seiner Idee zugestimmt hatte, bei nächster Gelegenheit mit seiner Hilfe zum nächstbesten Hafen zu fliehen, um sich schnellstmöglich nach Europa absetzen zu können. Wobei er sich eingestehen musste, dass es weitaus schlimmer für ihn war, sie wieder in Edward Blakes Armen zu sehen, als sie Tausende Meilen entfernt zu wissen.
    «Falls die Sache mit dem Austausch schiefgehen sollte», bemerkte Nathan mit einem grimmigen Unterton in der Stimme, «wirst du beweisen dürfen, wie wenig sie dir bedeutet, indem du ihr vor Catos Augen die Kehle durchschneidest.»
    «Nathan!»
    Joel, der dicht hinter ihnen stand und sich an einem Maisfladen gütlich tat, gingen Nathans Sticheleien offenbar zu weit.

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