Flamme von Jamaika
voller Stolz, als sein Vater ihm Lenas zitternde Hand übergab. Es war, als ob er sagen wollte:
Seht her, was für eine junge, schöne Frau mir das Jawort gibt!
Lena war bemüht, seinen Blick mit einem hingebungsvollen Augenaufschlag zu erwidern. Pastor Langley schien ihre Nervosität nicht zu bemerken. Er bat Edward und Lena, nebeneinander auf zwei rot gepolsterten Hockern Platz zu nehmen, und hob die Hände zum Gebet.
Der Innenraum der Kapelle hatte sich bis auf den letzten Platz gefüllt. Einige der geladenen Männer fanden keine Sitzmöglichkeit mehr und drängten sich in den Kirchentüren, sodass niemand mehr hinein- oder hinausgelangen konnte. Zum Weglaufen war es nun eh zu spät, dachte Lena und faltete sittsam die Hände, den Blick starr geradeaus auf den Altar gerichtet.
Die nun folgenden Worte des Pastors rauschten beinahe ungehört an ihr vorbei, bis Langley ihr mit beiden Händen den Schleier zurückschlug und das Brautpaar bat, sich gemeinsam zu erheben. Schüchtern ergriff sie Edwards dargebotene Hand, bemüht, den weiteren Ausführungen des Pastors mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
«Willst du, Edward William Montgomery Blake, die von Gott dir anvertraute Helena Sophie Huvstedt als deine Ehefrau lieben und ehren und die Ehe mit ihr nach Gottes Gebot und Verheißung führen in guten und in bösen Tagen, bis der Tod euch scheidet, so antworte: Ja, mit Gottes Hilfe.»
Edward zögerte keinen Moment.
«Ja, mit Gottes Hilfe!» Mit tiefer, sonorer Stimme sprach er die Worte mit geradezu einschüchternder Autorität.
Nun wandte sich der Pastor mit der gleichen Frage an Lena. Während er sprach, glaubte sie mit einem Mal neben sich zu stehen. In Edwards Augen loderte unterdessen unbändiges Verlangen, doch loderte darin auch das Feuer ewiger Verbundenheit? Bei seinem siegessicheren Lächeln brachen erneute Zweifel an seiner Liebe in ihr auf.
Eine innere Stimme riet ihr schon länger zur Vorsicht, was Edwards wahre Gefühle für sie betraf. Es erschreckte sie selbst, dass sie sich bis vor kurzem hauptsächlich nach seinem attraktiven Körper und seinen heißen Küssen gesehnt hatte. Die Herzenswärme war dabei entschieden zu kurz gekommen, und doch sehnte sie sich nun vor allem nach seiner Liebe. Dabei war Lena noch nicht einmal klar, wann sie sich dessen bewusst geworden war. Als Edward bereits bei ihrer Ankunft mit seiner Abwesenheit geglänzt hatte? Oder weil er so nachlässig mit seinen Sklaven umging? Oder lag es daran, weil sie das Gefühl nicht loswurde, dass er sie offenbar mehr mit dem Körper als mit dem Herzen begehrte?
Du verlangst zu viel,
mahnte eine innere Stimme.
Er ist bereit, alles für dich zu tun, sein Leben und seinen Reichtum mit dir zu teilen. Liebe kann man nicht erzwingen, sie muss wachsen, und das wird sie auch.
Vielleicht aber waren ihre Zweifel auch nur den Anstrengungen der vergangenen Wochen und den aufwendigen Hochzeitsvorbereitungen geschuldet.
Lena hatte schon viel zu lange mit einer Antwort gezögert, als Pastor Langley sich unvermittelt räusperte.
Ein hastiger Blick zur Seite versicherte ihr, dass die Armee von Hochzeitsgästen in ihrem Nacken ihr keine Chance ließ, das Ruder im letzten Augenblick noch herumzureißen. Sie durfte nicht einmal ansatzweise dem Versuch erliegen, ihre wahren Gefühle preiszugeben.
«Ja, mit Gottes Hilfe», wiederholte sie willenlos die Vorlage des Pastors, doch die Worte fühlten sich seltsam hohl an.
«Der allmächtige Gott segne eure Verbindung!», verkündete Langley mit salbungsvoller Stimme und vollführte den Segen. «Getreu dem Motto: Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, und wo man dich begräbt, will auch ich begraben werden.» Dann wandte er sich mit einem feierlichen Nicken an Edward. «Zum Zeichen der ehelichen Treue und Liebe darfst du, Edward William Montgomery Blake, der Braut nun den Ring anstecken.»
Für einen Moment erlag Lena der Vorstellung, was wohl geschehen würde, wenn sie die Hand zurückzog, bevor Edward den goldenen Ehering neben ihrem hochkarätigen Diamantring platzieren konnte, den er ihr anlässlich ihrer Verlobung in London geschenkt hatte. Aus Furcht, ihre Hand könnte sich plötzlich verselbständigen, machte sie sich stocksteif und ließ die Zeremonie wortlos über sich ergehen.
Mit erhobenem Haupt richtete sich Langley nun an die gesamte Gästeschar. «Was Gott
Weitere Kostenlose Bücher