Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
Vom Netzwerk:
Dann werde ich ihn zur Rede stellen, nahm sie sich stillschweigend vor
.
Denn ihr Vater war offenbar nicht ganz unschuldig daran, dass sie sich auf diesen fragwürdigen Ehemann eingelassen hatte.
    Plötzlich spielte die Musik einen Tusch, und alle drehten sich zu Lord William um, der einen kleinen Notizzettel in der Hand hielt. Allem Anschein nach wollte er eine Rede auf das Brautpaar halten. Mit langen Schritten durchquerte er die Halle, vorbei an den hohen Terrassenfenstern, die man wegen der stickigen Luft und der vielen Menschen weit geöffnet hatte.
    Von draußen drang der Geruch nahenden Regens herein. Dem frischen Wind des Vormittags würde bald ein kräftiger Schauer folgen. Schon jetzt tanzten die Wipfel der Palmen wild hin und her, weil der Sturm an Kraft zugenommen hatte. Im Saal wurde es dagegen still, und alle starrten wie gebannt auf das Podium, das William Blake mit einem triumphierenden Blick in die Runde bestiegen hatte.
    «Heute ist für mich ein ganz besonderer Tag», begann er feierlich, «denn mit Stolz blicke ich auf meinen einzigen Sohn, der eine ganz besondere Frau zum Traualtar geführt hat. Eine Frau, die den weiten Weg übers Meer nicht gescheut hat, um als zukünftige Herrin von Redfield Hall diese traditionsreiche Plantage zu führen. Und wie ich hoffe», ergänzte er grinsend, «sie mit vielen gesunden Nachkommen zu segnen.»
    Ein Raunen ging durch die Menge. Hier und da entschlüpfte einer männlichen Kehle ein unanständiges Lachen. Während Lena am liebsten im Boden versunken wäre, schien Edward mit den Worten seines Vaters durchaus einverstanden zu sein. Besitzergreifend hielt er ihre schmale Taille umklammert. Plötzlich blitzte und donnerte es heftig, sodass Lord William für einen Moment seine Rede unterbrechen musste. Der Sturm brandete heftiger auf, und der Himmel verdüsterte sich.
    Als der Schrecken der Gäste sich gelegt hatte, hob Lord William von neuem an und fuhr mit seiner Laudatio fort. Doch unvermittelt ging ein weiterer Aufschrei durch die Gästeschar. Lord William schaute irritiert auf. Es hatte keinen weiteren Donnerschlag gegeben, aber Lena sah, wie sich abrupt ein schwarzer Schatten aus dem Nichts herausschälte und vor das Podium trat. Die Gestalt hielt ein flatterndes Etwas in ihrer erhobenen Hand und schien damit ihren Schwiegervater zu bedrohen.
    «Ich verfluche dich, William Blake, und deinen vermaledeiten Sohn!», ertönte die schrille Stimme einer alten Frau in gebrochenem Englisch. «Der Leib seiner Frau soll eher verfaulen, als dass er Früchte hervorbringt. Und sollte der Teufel ein Einsehen haben und ihren Körper mit seiner Brut segnen, so soll sie eines grässlichen Todes sterben, noch bevor sie niedergekommen ist!»
    Alle Gäste standen wie angewurzelt an ihrem Platz. Keiner sagte ein Wort, geschweige, dass sich jemand bewegte. Alle schienen wie verhext. Lena stockte der Atem. Dann hob die Alte plötzlich eine Machete und schlug auf das immer noch flatternde Tier ein, ein Hahn, wie Lena nun unschwer erkennen konnte. Anschließend schleuderte sie den leblosen Kadaver in hohem Bogen durch die Luft und traf Lord William damit so hart am Kopf, dass dieser zunächst rückwärtswankte und dann mit voller Wucht in die Orchesterstühle stürzte.
    Mit einem Mal war überall Blut. Williams Gesicht und sein Anzug samt Kragen waren überströmt, und auf dem Boden bildete sich ein kleiner roter See. Es sah aus, als ob dem Lord selbst jemand die Kehle durchschnitten hätte. Erneut ging ein Aufschrei durch die Menge, und es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die ersten Männer aufsprangen, um zumindest den toten Hahn vom Boden aufzuheben. Das Tier war zwischen Lord Willams ausgestreckten Beinen gelandet, was – so wie es auf den ersten Blick aussah – zu keinen zusätzlichen Blessuren geführt hatte.
    Erst als Edward sich von ihr löste und zu seinem Vater rannte, erwachte auch Lena aus ihrer Schockstarre. Andere Gäste, darunter einige Soldaten, machten sich daran, hinaus in den Regen zu rennen, um die Täterin zu fassen. Doch die Frau war längst durch die offen stehenden Terrassentüren entkommen. Ein hektisches Durcheinander entstand, weil die meisten Gäste nun ebenfalls nach draußen eilten.
    Der Gouverneur rief Captain Peacemaker im Vorbeieilen ein paar eindeutige Befehle zu, in denen die Worte «Tot oder lebendig!» vorkamen. Lena ließ den Blick schweifen, um Maggie in dem Trubel auszumachen.
    «Nur keine Aufregung», sagte da eine vertraute Stimme

Weitere Kostenlose Bücher