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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.» Dann senkte er den Blick auf das vor ihm stehende Paar.
    «Hiermit erkläre ich euch kraft meines von Gott gegebenen Amtes zu Mann und Frau. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.»
    In Edwards Kuss bestätigte sich sein unbotmäßiges Verlangen, das fern jedweder Romantik lag und ihre Bedenken nachträglich verstärkte. Eisern kniff sie die Lippen zusammen, als sie spürte, wie seine Zunge vor allen Leuten nach Einlass verlangte.
    «Amen!», erscholl es aus gut zweihundert Kehlen.
    Sogleich setzte der Organist an und spielte zur Ehre des englischen Königs die Nationalhymne. Die Gäste erhoben sich und sangen lauthals mit.
    Währenddessen beugte sich Edward vor und flüsterte ihr triumphierend ins Ohr:
    «Heute Nacht ist es vorbei mit all der Prüderie. Dann gehörst du deinem Ehemann, mit Haut und Haaren. So, wie du es vor Gott versprochen hast.»
    Obwohl sie eigentlich glücklich sein sollte, brachte Lena nur ein gequältes Lächeln zustande. Bei Lichte betrachtet hatte sie genau das erhalten, was sie sich in London so sehnlich gewünscht hatte: einen blendend aussehenden, vermögenden Kerl, dem es, was die körperlichen Bedürfnisse von Frauen betraf, weiß Gott nicht an Erfahrung mangelte.

    Die anschließende Feier in der großen Halle des Haupthauses bot alles, was man von der prominentesten Hochzeit des Jahres erwarten durfte. Auf einem unendlich langen, französischen Buffet hatten die besten Köche Jamaikas ausgesuchte Köstlichkeiten aufgetürmt: frischer Hummer, Fisch in allen Variationen, Fruchtcocktails mit allem, was die Insel zu bieten hatte, Roastbeef mit gerösteten Rosmarinkartoffeln, Schwein in Aspik, bunte Kuchen, Pasteten und allerlei Süßspeisen von Pudding bis zu kandierten Früchten. Dazu wurde erlesener Wein aus Frankreich kredenzt und Kaffee von den besten Plantagen der Insel. Nicht zu vergessen die riesigen Kristallschüsseln mit
Sangaree
, einem äußerst beliebten Getränk aus Wein, Saft und frisch geschnittenen Früchten, das mit Rum, Wasser und Zucker angereichert eine nicht zu unterschätzende Versuchung darstellte. Lena hatte vor einiger Zeit einmal davon gekostet. Man bemerkte gar nicht, wie rasend schnell man einen Schwips bekam.
    «Eine solche Hochzeit findet auf Jamaika nicht alle Tage statt», bekannte Lady Elisabeth gegenüber ihrer Bekannten, Lady Rossburne, während sie in Gesellschaft der frischgebackenen Braut ihren Begrüßungschampagner schlürften.
    «Da haben sich Williams Bemühungen in Europa ja gelohnt», bestätigte diese und bedachte Lena mit einem wohlwollenden Lächeln.
    Nachdem Lady Rossburne zu ihrem Gatten zurückgekehrt war, warf Lena Lady Elisabeth einen irritierten Blick zu.
    «Wie meint sie das?»
    «Hm …» Nach einer Weile fügte Lady Elisabeth zögernd hinzu: «Er hat es sich wohl einiges kosten lassen, ein Mädchen wie dich für Edward zu finden.»
    «Was soll das heißen?»
    «Nun, dass du heute hier stehst, meine Liebste, in einem wunderbaren Brautkleid mit einem überaus kostbaren Ring am Finger, zeugt doch davon, dass sein finanzieller Einsatz zur Anbahnung dieser Ehe offensichtlich von Erfolg gekrönt war.»
    «Moment mal!» Lena wurde heiß und kalt. «Heißt das, er hat irgendjemanden bezahlt, um mich auszusuchen?»
    Lady Elisabeth entging der Unmut in Lenas Blick keinesfalls.
    «Ich weiß gar nicht, warum du dich so aufregst, Schätzchen», flötete sie scheinbar unbeschwert. «In den Kreisen, in denen wir uns bewegen, geht nichts ohne Beziehungen. Und wenn dein Vater nicht selbst auf der Suche nach einem passablen Ehemann für dich gewesen wäre, hättest du Edwards Einladung zum Debütantinnenball wohl kaum angenommen.»
    Bevor Lena darauf etwas erwidern konnte, spielte das kleine Militär-Orchester, das nunmehr in den Festsaal umgezogen war, einen Tusch. Die Männer hatten nicht nur ihre Instrumente gewechselt, sondern auch ihre Uniformen. Anstatt in Rot spielten sie nun in dezenten schwarzen Abendanzügen.
    Aus einem Pulk von Gästen löste sich Edward, kam zu ihr und zog sie an sich, um den Eröffnungstanz zu beginnen. Lena ließ sich wie in Trance aufs Parkett führen. Zu viele Dinge gingen ihr durch den Kopf, und sie war froh, dass Edward von all dem anscheinend nichts bemerkte. In gewohnter Souveränität absolvierte er mit ihr einen Wiener Walzer.
    Erst als weitere Paare zu tanzen begannen, nahm Lena all ihren Mut zusammen und fragte: «Hat dein

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