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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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verscharrt.»
    Edward sah sie entgeistert an, weil er sich über ihren rüden Ton wunderte.
    «Ich habe nur wiederholt, was der Gouverneur gesagt hat», bekräftigte sie zu ihrer Entschuldigung. «Wo ist die Braut?», fragte sie Edward unvermittelt.
    «Sie fühlt sich nicht wohl», stieß er mürrisch hervor.
    «Ist ja auch kein Wunder», erklärte sie. «Aber solltest du nicht bei ihr sein und ihr die Hand halten?»
    «Ich würde ihr lieber etwas anderes halten, aber sie hat mir ihre penetrante Gesellschafterin auf den Hals gehetzt», knurrte er und schaute mit schmalen Lidern zum Flussufer runter. «Und das, obwohl sie mir ab heute den Gehorsam schuldet.»
    «Du musst Geduld mit deiner Frau haben.» Lady Elisabeth schaute ihn aus blauen, hervorquellenden Augen mitfühlend an. «Das, was heute geschehen ist, muss ein furchtbarer Schock für sie gewesen sein. Hinzu kommt, dass sie jung, unerfahren und Tausende Meilen von ihrem bisherigen Zuhause entfernt ist. Mit der Zeit wird sie sich gewiss an die Lebensumstände hier und erst recht an dich gewöhnen.»
    «Vielleicht», sagte er und schaute abwesend zu den Sklavenhütten, «aber bis dahin kann ich nicht warten.»

    Lena setzte sich in ihrem Bett auf und hielt sich die Stirn. Die Kopfschmerzen, die sie in all der Aufregung erfolgreich verdrängt hatte, waren zurückgekehrt. Am liebsten hätte sie etwas frische Luft geschnappt, doch draußen war die Sonne längst untergegangen. Mindestens eine Stunde war vergangen, seit Edward schmollend abgezogen war, wie Maggie ihr triumphierend versichert hatte. Nun plagte sie unvermittelt das schlechte Gewissen. Vielleicht hätte sie doch noch einmal mit Edward reden sollen, damit er endlich zur Vernunft kam.
    «Soll ich bei dir bleiben?» Maggie sah sie mit besorgter Miene an, doch Lena schüttelte nur den Kopf.
    «Du hast heute schon genug für mich getan. Ich denke, wir benötigen beide unsere Ruhe, um das Erlebte zu verdauen.»
    «Was hast du vor? Du siehst nicht aus, als ob du gleich zu Bett gehen wolltest.»
    «Ich habe den Gästen gegenüber ein schlechtes Gewissen. Ich will noch mal nach unten gehen und Lady Elisabeth um Verzeihung bitten, dass ich mich ohne ein Wort der Erklärung zurückgezogen habe. Außerdem möchte ich sie noch einmal nach ihrer ehrlichen Meinung über die Vorfälle fragen. Ich will wissen, warum Edward sich in Bezug auf Trevor Hanson so uneinsichtig benimmt. Bei ihr mache ich mir die meiste Hoffnung, dass sie mich bei der Aufklärung all dieser Ungereimtheiten unterstützt.»
    «Soll ich mitkommen?»
    «Das ist nicht nötig», erwiderte Lena und trat auf den Korridor.
    Im Treppenhaus hatte Jeremia bereits die Petroleumleuchten entzündet, die in verschnörkelten Glasfassungen die Wände schmückten. Dies war ein Indiz dafür, dass noch nicht alle Hausbewohner zu Bett gegangen waren. Wahrscheinlich hielt sich Lord William noch immer mit dem Gouverneur im Salon auf. Lena glaubte sich zu erinnern, dass man ihm und seiner Gattin ein Gästezimmer für die Nacht angeboten hatte. Auch Captain Peacemaker hatte man in einem Gästequartier untergebracht, wo ihn Doktor Lafayette verarztete, damit er am nächsten Tag, sobald es hell wurde, zur Garnison nach Falmouth transportiert werden konnte.
    Vor dem Haus waren einige Gestalten zu sehen. Die Dunkelheit brach langsam herein, und die Diener hatten je eine Pechfackel in der Hand, um die letzten Gäste zu ihren Kutschen zu geleiten. Lena huschte mit gesenktem Haupt an ihnen vorbei. Den Schleier hatte sie längst abgelegt, und im Halbdunkel der Korridore schien niemand auf die Braut zu achten. Deshalb war sie froh, als Lady Elisabeth ihr auf dem Weg zum Festsaal direkt in die Arme lief. Sie war allein und hatte sich offenbar nochmals am verwaisten Buffet bedient, jedenfalls türmten sich auf ihrem Teller allerlei köstliche Speisen.
    «Es ist doch wirklich schade, wenn das ganze Essen verkommt», rechtfertigte sie sich mit Nachdruck in der Stimme.
    «Elisabeth», begann Lena vorsichtig, «wäre es möglich, dass wir in den nächsten Tagen einmal unter vier Augen miteinander reden könnten? Ich meine … es ist viel passiert heute und …» Sie stockte.
    «Natürlich, mein Kind», kam ihr die Lady zuvor und legte ihr in einer mütterlichen Geste die Hand auf den Unterarm. «Ich bin immer für dich da, das weißt du hoffentlich. Komm doch übermorgen zu mir nach Rosenhall zum Tee, dann können wir alles, was dich bedrückt, in Ruhe besprechen. Edward meint es

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