Flammen der Rache
sich an der Gummimatte auf dem Boden, und er kippte torkelnd nach vorn. Das Foto flog ihm aus der Hand. Die Scheibe zerbrach, und die Scherben stoben auseinander. Mit einem panischen Schrei krabbelte der Mann hektisch über den Boden, um das Bild dann wieder an sich zu reißen.
Rachel nutzte Lilys gelockerten Griff und riss sich los. »Ich gehe zu meiner Mama!« Sie rannte zur Tür.
Aaros Hand schnellte vor und packte das kleine Mädchen am Arm. In diesem Moment sah Lily, dass Blut von den Händen des Mannes tropfte, weil er die Scherben des Fotorahmens umklammerte. Er bemerkte es gleichzeitig mit ihr.
Er kreischte los. Seine Augen rollten nach hinten, als er taumelte und der Länge nach umkippte wie ein gefällter Baum. Direkt auf Lily zu.
Aaro ließ Rachel los und hechtete nach vorn, um ihn abzublocken. Zu spät.
Der Mann knallte mit seinem ganzen Gewicht gegen Lilys Brust und landete quer über ihrem Schoß. Er war entsetzlich schwer und schlaff wie ein Mehlsack. Es war ein chaotisches, lautes Durcheinander. Sie fühlte ein brennendes Stechen im Arm, und bei dem Alkoholgestank drehte sich ihr der Magen um.
Dann wurde das Gewicht von ihr genommen. Mit wild klopfendem Herzen rang sie nach Luft. Der Mann lag ausgestreckt auf dem Boden. Aaro hockte auf ihm und drückte ihm das Knie auf die Brust, während seine Finger die Kehle des Betrunkenen umschlossen. Grunzend und brabbelnd versuchte er, sich zu drehen und zu winden, aber er war außer Gefecht gesetzt.
»Alles okay, Lily?« erkundigte Aaro sich, ohne den Kerl aus den Augen zu lassen.
»Ich glaube schon.« Lily schaute an sich runter, dann keuchte sie erschrocken auf. Er hatte sie mit einer Scherbe am Unterarm verletzt. Es war derselbe Arm, der schon bei dem Angriff in New York eine Schnittwunde davongetragen hatte. Die neue war nicht so tief, dafür blutete sie stark. Es tropfte ihr von den Fingerspitzen. Ihr Pulli und ihre Jeans waren ruiniert. »Doch, ich bin okay. Ich habe nur eine Wunde von einer Glasscherbe. Nicht weiter schlimm.«
Aaro fluchte in einer Sprache, die er ausschließlich zum Fluchen benutzte.
Rosa schnappte bestürzt nach Luft. »
O Madonna santissima!
« Sie kramte eine Packung Papiertücher aus ihrer Handtasche und machte sich daran, unter lautstarkem Gezeter auf Italienisch an Lilys Wunde herumzutupfen.
Die Krankenschwester stürzte herein. »Um Himmels willen! Jamison, Sie Dummkopf!«
Der Mann namens Jamison gab hilflose, erstickte Geräusche von sich, während er sich vergeblich unter Aaro herauszuwinden versuchte. Doch dessen eiserner Griff gab nicht nach.
»Sie können ihn loslassen«, sagte die Schwester zu Aaro. »Er ist harmlos.«
»Ach ja? Sagen Sie das meiner blutenden Freundin.« Aaros Ton war eisig. »Der Typ ist gefährlich.«
»Nein, das ist er nicht«, beschwichtigte die Frau ihn. »Er wohnt in einer offenen Anstalt ein Stück die Straße rauf. Er hat psychische Probleme, aber er ist nicht gefährlich.«
»Es bricht mir das Herz. Rufen Sie die Polizei. Soll das doch der Richter entscheiden.«
Jamison begann zu schniefen. »Caroline?«, wimmerte er. »Caroline?«
Aaro schaute gequält drein. Er nahm seine würgende Hand weg, stemmte sich aus seiner kämpferischen Hockhaltung hoch und befreite den schluchzenden, keuchenden Mann von seinem Gewicht.
Noch immer die blutigen Scherben umklammernd rollte Jamison sich auf die Seite und kauerte sich in Embryonalhaltung zusammen. Er brach in lautes Schluchzen aus. Der Boden unter ihm war mit blutigen Schmierflecken besudelt.
Lily verzog das Gesicht und schaute weg. Der Anblick war zu viel für sie.
»Meine Güte«, murmelte die Krankenschwester. Sie zog an Jamisons Arm. »Kommen Sie, stehen Sie auf. Ich rufe Sandy an, damit sie Sie abholt.« Sie wandte sich an Lily. »Ich werde jemanden holen, der hier saubermacht, anschließend bin ich sofort wieder da, um Ihre Wunde zu versorgen. In Ordnung?«
»Wie Sie meinen«, antwortete Lily geistesabwesend. »Das hat keine Eile. Ich habe schon Schlimmeres durchgemacht.«
Reglos sahen sie zu, wie der Mann sich am Arm der Schwester festhielt und zitternd aus dem Zimmer schwankte.
Bleierne Stille senkte sich über den Raum. Sogar Rachel hatte, eingeschüchtert von dem seltsamen Vorfall, zu weinen aufgehört. Lily, die noch immer die blutdurchtränkten Papiertücher auf ihren Arm presste, atmete hörbar aus.
»Das war bizarr«, bemerkte sie leise.
Aaro starrte auf die Tür, durch die die Schwester verschwunden war. »Ich muss
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