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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihm zu helfen.«
    »Du bist ein edler Mensch, Lothar. Das hast du bereits gezeigt, als du mich damals gewarnt hast. Hätte mein Vater auf deine Worte gehört, könnten mein älterer Bruder und meine Mutter noch leben. Doch er hat gezögert, und deswegen ist alles in Stücke zerfallen, was mir je etwas bedeutet hat.«
    Lothar nahm ihr den Kochlöffel aus der Hand und umarmte sie. »Es gibt eine Fabel von einem Vogel, der verbrannt wurde und aus seiner eigenen Asche wieder neu entstand. So wird es auch bei uns sein, meine Liebste. Mag der heutige Tag uns noch quälen, so wird der Morgen umso strahlender der Nacht entsteigen.«
    »Das hast du schön gesagt«, antwortete Frauke und holte sich den Kochlöffel zurück, denn der Brei im Topf drohte anzubrennen.

5.
    I n den nächsten Tagen hielten Frauke und Lothar stets den Atem an, wenn draußen vor der Hütte Schritte aufklangen. Meistens aber war es nur Helm, der von seinem Wachdienst auf der Mauer zurückkehrte. Von dem Toten hörten sie nichts mehr. Weder gab es Gerüchte über einen Erstochenen, noch suchten die Büttel des Täuferkönigs nach Mördern. Erst nach einer Weile begriffen Frauke und Lothar, dass wahrscheinlich jemand den Leichnam gefunden und versteckt hatte. Was dann passiert war, konnten sie sich ausmalen, und das war nicht angenehm.
    Sie wagten es nicht einmal, Helm zu berichten, was ihnen zugestoßen war, damit dieser sie nicht aus Versehen verraten konnte. Doch beiden war klar, dass sie es in Münster nicht mehr lange aushalten würden. Als sie an einem der nächsten Tage am Morgen zusammensaßen und zu dritt ihre Hungerportion verzehrten, die selbst für einen zu wenig gewesen wäre, deutete Helm nach Norden.
    »Heute Nacht habe ich am Kreuztor Wache gehalten. Was meint ihr, was ich da gesehen habe?«
    »Jetzt rede schon! Mir fehlt die Lust, um Rätsel zu lösen«, fuhr Frauke ihn an.
    »Draußen vor dem äußeren Graben haben sich mehrere Männer herumgetrieben. Zwar hatten sie ihre Laternen abgeblendet, so dass kaum Licht zu sehen war, aber ich konnte sie erkennen und nehme an, dass sie sich die Bastion und den Wall angesehen haben. Ich schätze, sie werden bald mit mehr Männern wiederkommen und in die Stadt eindringen.«
    »Hast du das gemeldet?«, fragte Lothar.
    Helm schüttelte den Kopf. »Warum sollte ich?«
    »Haben es die anderen Wachen denn nicht gesehen?«
    »Nein, die haben geschlafen. Weißt du, der Hunger macht müde, und so war ich als Einziger wach«, erklärte Helm.
    Frauke fasste ihn ganz aufgeregt am Arm. »Wie lange, glaubst du, wird es dauern, bis der Angriff erfolgt?«
    »Die kommende Nacht sicher nicht. Da sie nicht wissen, ob jemand sie bemerkt hat, könnte man ihnen eine Falle stellen. Ich schätze, dass es noch einige Tage dauern wird, bis die Wachsamkeit in ihren Augen wieder nachlässt«, antwortete Lothar nachdenklich.
    Helm wiegte den Kopf. »Das vermute ich auch. Aber wir sollten auf jeden Fall darauf vorbereitet sein. Ich weiß nur nicht, wie es sein wird, wenn wir den Landsknechten des Bischofs gegenüberstehen. Was ist, wenn sie uns einfach niederhauen?«
    »Ich hoffe, dass mein Vater vorgesorgt hat. Sicher wird Gresbeck ihm mitgeteilt haben, wo wir zu finden sind.«
    Lothar wusste selbst, dass er sich an einer vagen Hoffnung festklammerte. Wenn Heinrich Gresbeck seinen Gruß an den Vater nicht ausgerichtet hatte, konnte dieser den Mann auch nicht gefragt haben, wo er wohnte. Um Frauke und deren Bruder nicht zu entmutigen, verschwieg er ihnen seine Zweifel und forderte sie nur auf, achtsam zu sein.
    »Wenn die Landsknechte des Bischofs die Stadt stürmen, können wenige Augenblicke über Tod und Leben entscheiden. Du darfst dich dann nicht den Kämpfern anschließen, sondern musst bei uns bleiben«, schärfte er Helm ein.
    Dieser nickte verbissen. »Ich hoffe, du hast recht! Aber da unser Herr Jesus Christus es bisher nicht für nötig gehalten hat, Jan Matthys’ und Bockelsons Prophezeiungen zu erfüllen, wird er es auch in den nächsten Tagen nicht tun. Also ist unsere ganze Lehre eine Lüge gewesen.«
    »Eine Lüge vielleicht nicht, aber zu radikal. Gott ist für alle Menschen da, nicht nur für Römisch-Katholische oder Lutheraner oder Wiedertäufer. Immerhin gibt es im Osten die griechische Kirche, die ebenfalls nicht dem Papst untersteht. Wer behauptet, die allein seligmachende Lehre zu verkünden, verrät für mich das Christentum.«
    In den letzten Monaten hatte Lothar oft genug über theologische Dinge

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