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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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zu schreiben und diese der Aa zu übergeben. Als er seine Papiervorräte sichtete, bemerkte er, dass kaum noch Blätter übrig waren. Auch besaß er lediglich zwei leere Flaschen.
    Es wird Zeit, dass dies hier zu Ende geht, dachte er, als er das Reißblei in die Hand nahm und in kurzen Sätzen aufschrieb, dass jemand aus der Stadt zu Magnus Gardner gehen wollte. Auf Gresbecks Namen verzichtete er ebenso wie auf die Betonung seiner familiären Verbindungen zu seinem Vater. Sollte die Botschaft in die falschen Hände geraten, durfte diese weder auf ihn zurückzuführen sein noch einen anderen Menschen in der Stadt erwähnen.
    Als er das Papier in die Flasche gestopft und diese verschlossen hatte, hielt er es in der Hütte nicht mehr aus.
    »Ich komme gleich wieder«, sagte er noch zu Frauke und Helm, legte das Schultertuch um und brach auf.
    Lothar kam gut bis an den Fluss, sah dann aber mehrere Männer am Ufer stehen und schob die Flasche ganz vorsichtig ins Wasser. In der schwachen Strömung schaukelte die Flasche wie ein Korken auf und nieder. Daher erschien es ihm fast unmöglich, dass sie nicht entdeckt wurde. Doch sie passierte die Stelle mit den Männern, ohne dass sie einem davon auffiel. Schließlich gingen diese weiter, und Lothar atmete auf. Als er sich umdrehte, spürte er plötzlich eine harte Hand auf seiner Schulter und blickte in zwei fiebrig glänzende Augen.
    »Was hast du eben ins Wasser geworfen?«
    Lothar konnte es nicht leugnen, da der Mann ihn anscheinend gesehen hatte. »Nur eine alte Flasche, die ich nicht mehr brauche«, versuchte er, sich herauszureden.
    »Eine Flasche, sagst du? Was war in der Flasche drinnen? Wein, nicht wahr!« Der Fremde leckte sich die Lippen und starrte Lothar giftig an. »Du hast Wein getrunken! Auch siehst du nicht so verhungert aus wie manch anderer. Gewiss hast du Lebensmittel versteckt und labst dich heimlich daran, während es mir vor Hunger beinahe die Därme zerreißt. Du wirst mir deine Vorräte geben, sonst melde ich dich Knipperdolling. Der braucht immer jemanden, dem er den Kopf abschlagen kann, damit er nicht aus der Übung kommt.«
    Lothar überlegte verzweifelt, was er tun sollte. Auch wenn Frauke, Helm und er noch über ein paar Vorräte verfügten, so hungerten sie kaum weniger als die anderen. Trotzdem überlegte er, ob er dem Mann nicht einen Teil davon versprechen sollte.
    Da packte dieser ihn an der Kehle und drückte zu. »Du wirst mir deine Vorräte geben, du Miststück, hast du verstanden?«
    Der Kerl sprach leise, verstärkte aber mit jedem Wort seinen Griff.
    Lothar versuchte sich verzweifelt zu befreien, doch die Gier verlieh dem anderen schier übermenschliche Kräfte. Selbst als er ihm mit beiden Fäusten ins Gesicht schlug, gab sein Gegner nicht auf.
    »Wenn du mich umbringst, bekommst du gar nichts«, würgte Lothar mühevoll heraus. Seine Gegenwehr wurde jedoch immer schwächer, und er spürte, wie eine schwarze Wolke auf ihn zuraste und ihn einzuhüllen drohte.
    »Kriege ich deine Vorräte nicht, kriege ich dich. Du hast genug Fleisch auf den Rippen«, hörte er den anderen noch sagen, dann erlosch er wie ein Blatt im Wind.
    Der Mann grinste, als Lothar in seinen Armen erschlaffte, und zerrte ihn in den Schatten eines Hauses. Dort zog er sein Messer, um sein Werk zu vollenden. Im nächsten Augenblick erstarrte er und riss den Mund zum Schrei auf. Es kam jedoch nur ein Röcheln über seine Lippen. Dann sackte er in sich zusammen und blieb starr liegen.
    Hinter ihm stand Frauke mit vor Schrecken und Ekel graugrünem Gesicht. Die Hand, in der sie das blutbefleckte Messer hielt, zitterte. Sie riss sich jedoch zusammen und kniete neben Lothar nieder.
    Dieser rang mühsam nach Luft und wurde sich seiner Umgebung langsam wieder bewusst. Als er die Augenlider öffnete und Fraukes Gesicht über sich sah, schüttelte er mühsam den Kopf. »Mich narrt ein Trugbild! Du kannst noch nicht im Himmel sein.«
    »Das bist du auch nicht. Oh Gott, ich habe ihn erstochen! Heilige Maria Muttergottes, hilf!« Zum ersten Mal in ihrem Leben rief Frauke die Mutter Jesu an, wie sie es als Kind von katholischen Frauen gehört hatte.
    Nun begriff Lothar, was geschehen war, und fasste ihre Hände. »Du hast mich vor dem Tod gerettet und davor, in einer heimlichen Ecke verzehrt zu werden.«
    »Als du losgegangen bist, um dem Fluss die Botschaft anzuvertrauen, bin ich unruhig geworden und dir gefolgt«, flüsterte Frauke, die den Toten nicht anschauen konnte.
    Im

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