Flammen im Sand
anderen Bank zusammen.«
»Aber Ihre Frau arbeitete mit dieser zusammen.« Erik tippte mit dem
Zeigefinger auf den Brief.
Pedersen lachte. »Elske? Die arbeitete mit gar keiner Bank zusammen.
Die lebte von meinem Geld.«
»Dann sollten Sie sich dieses Schreiben mal ansehen.« Erik reichte
Jannes Pedersen den Brief und beobachtete ihn genau, während er las. So
registrierte er, dass sich auf Pedersens Stirn Schweià sammelte und seine Hände
zu beben begannen. SchlieÃlich lieà er das Blatt sinken. »Was soll das? Elske
hatte kein Geld. Das weià ich genau.«
»Ihre Frau spielte Lotto! Wussten Sie das nicht?«
Jannes Pedersen starrte ihn mit offenem Mund an. Erik gefiel es,
dass er in diesem Augenblick jegliche Attraktivität verlor.
»Soll das etwa heiÃen â¦Â«
»â¦Â dass Ihre Frau gewonnen hat, ja. Und zwar sechshunderttausend
Euro! Wollen Sie mir weismachen, dass Sie davon nichts wussten?« Erik machte
einen Schritt auf Pedersen zu, weil es so aussah, als wollte er den Brief zusammenknüllen
oder sogar zerreiÃen.
Aber er lieà ihn sich widerstandslos aus der Hand nehmen. »Dieses
Miststück«, flüsterte er. »Gewinnt sechshunderttausend und gibt mir nichts ab!
Lebt jahrelang auf meine Kosten und lässt mich auÃen vor, wennâs ihr gut geht.«
Erik hörte über das, was Pedersen sagte, hinweg. »Ihre Frau hat die
sechshunderttausend kurz vor ihrem Tod in bar abgehoben. Wo ist das Geld
geblieben?«
Pedersen glotzte ihn an. »Ich habâs nicht, wenn Sie das meinen.«
»Warum sollten wir Ihnen das glauben?«, fragte Erik. »Sie haben uns
auch gesagt, dass Sie bis drei Uhr morgens in Käptens Kajüte mit dem Wirt
Genever getrunken haben.«
»Hat Tove, dieser ScheiÃkerl, etwa was anderes behauptet?«
Erik nickte, dann machte er ein paar Schritte um Jannes Pedersen
herum, schlug einen Halbkreis um ihn, als wollte er ihn einkesseln. »Ach,
übrigens â¦Â«, sagte er leise und wartete, bis Jannes sich zu ihm hindrehte.
»Wussten Sie, dass Yvonne schwanger war?«
Was nun folgte, war schrecklich. Pedersen kniff die Augen zusammen,
presste sein Gesicht in eine Grimasse, die es unkenntlich machte, zog die
Mundwinkel auseinander, zeigte seine zusammengepressten Zähne, ballte die
Fäuste vor seinem Gesicht und dann ⦠dann begann er zu brüllen. Er brüllte wie
unter einem unerträglichen Schmerz und gleichzeitig in rasender Wut, er
brüllte, dass die Glasscheiben des Wintergartens vibrierten, und brüllte, als
könnte er damit die Welt anhalten.
Erik und Sören erschraken so heftig über diesen Ausbruch, dass sie
auÃerstande waren, darauf zu reagieren. Aus weit aufgerissenen Augen starrten
sie Jannes Pedersen an, unfähig, ihn aus seiner Raserei zu befreien. Sie verhinderten
auch nicht, dass er einen kleinen Glastisch anhob und ihn auf dem Boden
zertrümmerte, einen Blumentopf hinterherwarf, in dem eine Grünpflanze gestanden
hatte, die nun mit einem Teil der Blumenerde auf dem Sofa gelandet war. Erik
stand sogar noch bewegungslos da, als eine Vase am Boden zerschellte und er mit
dem Blumenwasser bespritzt wurde.
Seine Erstarrung löste sich erst, als die Tür zur Schneiderwerkstatt
aufgerissen wurde und Wilko Tadsen in den Raum stürzte. Er lief auf Jannes zu
und griff nach seinem Arm. »Jannes!«, rief er. Und immer wieder: »Jannes, Jannes!«
Tatsächlich wurde Pedersen ruhiger und hörte schlieÃlich auf zu
wüten. Für ein paar Augenblicke blieb er schwer atmend, den Blick zu Boden
gerichtet, stehen und lieà sich dann in einen Sessel fallen. Er legte das
Gesicht in die Hände und begann zu schluchzen. »Ein Kind! Verdammt noch mal!
Ein Kind!«
Wilko Tadsen sah Erik fragend an, und der erklärte ihm in wenigen
Sätzen, was seinen Freund dermaÃen aus der Fassung gebracht hatte. Wilko setzte
sich auf die Armlehne von Jannesâ Sessel und legte eine Hand auf seine
Schulter. »Ganz ruhig, Jannes!« Zu Erik sagte er: »So reagiert er immer. Er
kann nicht anders.« Und entschuldigend fügte er hinzu: »Jannes hat sich immer
Kinder gewünscht.«
Erik machte einen Schritt vor. »Der Verdacht gegen Sie hat sich
erhärtet, Herr Pedersen. Der Verdacht, Ihre Frau und Ihre Lebensgefährtin
ermordet zu haben.«
Jannesâ Kopf fuhr hoch, und Erik musste sich zusammenreiÃen,
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