Flammen im Sand
nicht umbringen wollte. Dass es
ein Handgemenge gegeben hat, dass er sie hindern wollte, ihn zu verlassen, dass
er wütend war und zugeschlagen hat. Dann ist sie vielleicht unglücklich gestürzt
und â¦Â« Sören führte seine Handkante am Hals vorbei.
»Schon komisch, wie er reagiert hat, als er hörte, dass seine Frau
tot ist. Es kommt mir vor, als reagierte er immer nur mit Wut. Wo andere
traurig sind, enttäuscht, verzweifelt, da ist Jannes Pedersen immer wütend.«
Erik war erschrocken gewesen, als Pedersen aufgesprungen, zur Tür
des Wintergartens gelaufen war und mit zwei, drei Faustschlägen
dagegengetrommelt hatte. Dann war er herumgefahren und hatte die beiden
Polizeibeamten angefunkelt, als hätten sie ihn schwer beleidigt. »Tot? Wieso
ist sie tot? Sie hat mich verlassen! Vor fünf Jahren! Wieso wird sie jetzt auf
einer Baustelle gefunden?«
»Wir sind hier, um das herauszufinden«, hatte Erik gesagt.
Aber Jannesâ Zorn war so leicht nicht zu besänftigen. Mit einer
heftigen Armbewegung hatte er eine Schale von einem Regal gefegt. Dann, ohne
sich um das zu kümmern, was er angerichtet hatte, war er zum Tisch zurückgekommen,
an dem Erik und Sören saÃen und ihn erschrocken anstarrten.
»Wie ist sie in dieses Loch gekommen? Wie â zum Henker?!«
Erik schüttelte die Erinnerung an Jannesâ befremdliches Benehmen ab
und blätterte in Elskes Fotoalbum. »Wenn es ein Unglücksfall war, warum hat er
seine Frau dann verschwinden lassen?«
»Weil ihm niemand geglaubt hätte, dass keine Absicht dahintersteckte«,
antwortete Sören.
»Und nachdem er für den Tod seiner Frau verantwortlich war, wollte
er nicht auch noch das vernichten, was sie zurückgelassen hat?« Erik machte
eine knappe Armbewegung, die alles umfasste, was es in diesem kleinen Raum gab.
Sören schüttelte den Kopf. »So zartbesaitet ist der nicht.«
»AuÃerdem ist es für solche MutmaÃungen zu früh«, sagte Erik
ärgerlich. »Nichts spricht dafür, dass Jannes Pedersen der Täter ist.« Er zog
ein Blatt aus dem Fotoalbum, auf das jemand in Schönschrift ein Gedicht geschrieben
hatte. »Ich willâs dem blauen Himmel sagen, ich willâs der dunklen Nacht
vertrauân â¦Â«
Sören sah auf. »Was soll das?«
»Ein Liebesgedicht. Hoffmann von Fallersleben.«
»Das hat sie in ihrem Fotoalbum aufbewahrt? Also ⦠von Jannes
Pedersen hat sie das nicht geschenkt bekommen.«
»Wer weiÃ! Vielleicht war er mal ganz anders.« Erik lächelte. »Nein,
eine so schöne Handschrift traue ich Pedersen nicht zu. Die Schrift einer Frau,
würde ich sagen.«
Sören warf einen Blick auf das Blatt. »Aber nicht ihre eigene.« Er
tippte auf einen handgeschriebenen Lebenslauf, den er gerade in einer Mappe
entdeckt hatte.
»Ist ja auch egal.« Erik las weiter. »In meinem Herzen sollst du
leben, sollst haben, was sein Liebstes ist ⦠Schön, nicht?«
Sörens Begeisterung hielt sich in Grenzen. »Eine Erinnerung an ihre
erste Liebe vielleicht?«
»Vermutlich.« Langsam und mit leiser Stimme wiederholte Erik: »In
meinem Herzen sollst du leben, sollst haben, was sein Liebstes ist â¦Â« Dass er
an Lucia dachte, verriet er nicht. Und dass er bereute, ihr nie ein Gedicht
geschenkt zu haben, lieà er erst recht nicht verlauten.
Sören sah ihn an, als machte er sich Sorgen um seinen Chef, dann
seufzte er auf und nahm sich eine Dokumentenmappe vor, die Elskes
Schulzeugnisse enthielt. »Sind eigentlich die Sachen gefunden worden, die Elske
Pedersen angeblich mitgenommen hat, als sie ihren Mann verlie�«
Erik schüttelte den Kopf. »Vetterich hat die ganze Baustelle
umgegraben. AuÃer dass er die Bauleitung zur Verzweiflung gebracht hat, ist
nichts dabei herausgekommen.«
»Wer weiÃ, wo sie umgebracht wurde«, überlegte Sören. »Vermutlich
nicht in List. Dort ist sie nur begraben worden, weil der Täter glaubte, dass
die Leiche dort nicht gefunden wird.«
»Ihre Sachen liegen vermutlich dort, wo sie gestorben ist.«
»In einem Müllcontainer am Bahnhof, wo sie auf den Zug wartete, der
sie aufs Festland bringen sollte? Ein Container, der bereits vor fünf Jahren
geleert wurde?«
»Oder in einem Müllcontainer im Lister Hafen, weil sie mit der Fähre
nach Römö übersetzen
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