Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammen im Sand

Flammen im Sand

Titel: Flammen im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
Vom Netzwerk:
wie Verzweiflung aussah. Sein Mund war sogar sehr schön, mit vollen, klar
umrandeten Lippen. Die Frage, warum eine Frau wie Yvonne Perrette sich in ihn
verlieben konnte, hatte Erik sich damit beantwortet. Die Frage, ob eine Frau
mit einem Mann wie Jannes Pedersen glücklich werden konnte, brauchte er sich
gar nicht zu stellen. Sicherlich gehörte er zu den Männern, die viel
versprachen und wenig hielten. Eine Frau, die sich für ihn entschied, hatte
eine Sicherheit gewählt, die sich später gegen sie richten konnte.
    Â»Kennen Sie jemanden, der ein Motiv hatte, Ihre Frau umzubringen?«,
fragte Erik nun.
    Â»Nein!«
    Erik sah sich hilflos um, dann wies er auf die breite Fensterbank,
die die richtige Höhe hatte, um sich darauf niederzulassen. Den einzigen Stuhl,
den es im Raum gab, hatte Sören besetzt, und Erik selbst wollte stehen bleiben,
während er mit Jannes Pedersen sprach.
    Aber der schüttelte den Kopf. »Wenn Sie mit mir reden wollen, okay.
Aber nicht hier!«
    Â»Warum nicht?«
    Â»Weil ich dieses Zimmer nicht leiden kann. Und weil Elske nie
wollte, dass ich es betrete.« Pedersen drehte sich um und ging. »Ich muss in
den Laden. Ich warte im Wintergarten auf Sie!«
    Nun war sie wieder da, diese bleierne Müdigkeit! Während
Frau Kemmertöns, die vermutlich eine ruhige Nacht hinter sich hatte, in der
warmen Bäckerei geradezu aufgeblüht war, ging Mamma Carlottas Leistungskurve
steil nach unten. Sie brauchte Schlaf! Wenigstens ein oder zwei Stunden!
Während sie ihr Fahrrad neben Frau Kemmertöns herschob, konnte sie an nichts
anderes denken. Die Mutmaßungen der Nachbarin, die immer verwegener wurden,
rauschten an ihr vorbei, sie war unfähig, sie zu bestätigen, zurückzuweisen
oder auszuschmücken, wie sie es getan hätte, wenn sie auf der Höhe gewesen
wäre. Leben kam erst wieder in Mamma Carlotta, als Frau Kemmertöns erwähnte,
dass sie mit Marikke Tadsen gesprochen hatte.
    Â»Wissen Sie, was sie sagt? Dass auch Geraldine hinter Yvonnes
Verschwinden stecken könnte.«
    Mamma Carlotta starrte sie aus glasigen Augen an. »Geraldine
Bertrand? Wieso?«
    Â»Die hat Jannes zwar nie leiden können, aber sie wollte auch nicht,
dass Yvonne sich von ihm trennt. Weil dann vielleicht Schluss gewesen wäre mit
dem tollen Modeatelier!«
    Â»Ja, aber …« Mamma Carlotta schüttelte den Kopf. »Was hat das mit
Yvonnes Verschwinden zu tun?«
    Â»Angenommen, Yvonne hat zu Geraldine gesagt: Ich habe die Nase voll
von Jannes und von meinem Leben auf Sylt. Ich packe meine Sachen und haue ab.
Was aus dem Modeatelier wird, ist mir egal!«
    Mamma Carlotta stellte es sich vor, kam aber zu keiner aufschlussreichen
Erkenntnis.
    Frau Kemmertöns half ihr auf die Sprünge. »Marikke meint, Geraldine
wäre es zuzutrauen, dass sie lieber ihrer Schwester einen über den Schädel
gibt, als auf die Arbeit im Modeatelier zu verzichten.«
    Nun waren sie vor dem Hause Wolf angekommen, und Mamma Carlotta
stellte erleichtert das Fahrrad ab. Wenn sie auch im Augenblick alles andere
als fix im Denken war, so erkannte sie doch schnell, dass Frau Kemmertöns’
These reichlich gewagt war. »Geraldine konnte doch nicht damit rechnen, dass
sie das Modeatelier übernehmen darf, wenn Yvonne nicht mehr da ist. Jedenfalls
nicht zu den guten Konditionen! Mietfrei!«
    Â»Es stimmt zwar, dass Jannes keine Miete verlangt hat, aber die
beiden Mode-Schwestern mussten ihm einen Teil ihres Gewinns abgeben. Das weiß
ich von Marikke.«
    Â»Davvero?« Mamma Carlotta versuchte, darüber nachzudenken, ob diese
Tatsache eine neue Sichtweise auf die Ereignisse warf, aber sie merkte, dass
sie zu müde war zum Kombinieren. Später! Das musste warten!
    Â»Geraldine Bertrand traue ich alles zu!«, beharrte Frau Kemmertöns.
»Vielleicht hatte sie ja einen Grund, von dem wir nichts wissen! Womöglich hat
das mit dem Modeatelier gar nichts zu tun.«
    Â»Ja, zwischen Schwestern gibt es häufig Probleme«, bestätigte Mamma
Carlotta nachdenklich. »Oft von klein auf. Ich brauche nur an die Schwestern
Birillo in meinem Dorf zu denken! Ein Leben lang war eine auf die andere
eifersüchtig. Und als sich dann beide in denselben Mann verliebten …«
    Â»Sie meinen, Yvonne hatte auch ein Verhältnis mit Wilko Tadsen?«
Frau Kemmertöns fiel vor Aufregung die Brötchentüte aus der

Weitere Kostenlose Bücher