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Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Titel: Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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worin besteht das Beweismaterial?«
    »Besitz von Falschgeld«, sagte Tellman mit einem kaum wahrnehmbaren Anflug von Stolz in der Stimme. »Er hatte tatsächlich welches«, fügte er hinzu. »Mit einem bisschen Nachhilfe. Ich habe einen Kollegen mitgenommen, Stubbs, um einen Zeugen zu haben, aber ich weiß natürlich nicht, ob er vertrauenswürdig ist. Kann sein, dass er schlagartig blind wird oder, schlimmer noch, sagt, ich hätte Jones das Geld selbst untergeschoben.«
    »Wäre das möglich?«, fragte Pitt besorgt.
    »Eigentlich nicht. Ich habe ihn festgehalten und Stubbs aufgefordert, ihn zu durchsuchen. Dabei habe ich sorgfältig darauf geachtet, auf keinen Fall in die Nähe seiner Taschen zu kommen.«
    »Und woher hatte er das Falschgeld?«, fragte Pitt neugierig.
    »Ich habe es mir von einem besorgt, der mir einen Gefallen schuldig war, und einem der Wirte gegeben, bei denen er Schutzgeld eingetrieben hat.«
    »Schön. Und wie geht es jetzt weiter?« Fast hätte Pitt ihn gefragt, warum er mit dieser Mitteilung zu nachtschlafender Zeit gekommen sei, aber Tellman sah so elend aus, dass er es unterließ.
    »Wetron hat mich wegen der Sache zu sich bestellt«, gab er zur Antwort, den Blick auf seine Hände gerichtet, die auf dem Küchentisch lagen. »Natürlich war vorauszusehen, dass er früher oder später davon erfuhr, aber ich muss sagen – das war besonders schnell! Ich weiß nicht, wer es ihm berichtet hat, ob Stubbs oder Grover aus der Cannon Street, denn der war bei der Festnahme ebenfalls in der Nähe.« Er hob den Blick und sah Pitt an. »Wetron war ziemlich hämisch, aber er hat mir dann doch
gesagt, dass Piers Denoon – ein Vetter von Magnus Landsborough – das Geld für die Anarchisten beschafft hat. Er behauptet, das sei allgemein bekannt. Sofern der Staatsschutz das noch nicht herausbekommen habe, sei das ein unübersehbarer Hinweis darauf, wie schlecht er arbeitet. Ganz offensichtlich hat er mir das mitgeteilt, um zu sehen, ob ich es Ihnen weitergebe.«
    »Ja …«, gab ihm Pitt Recht. Er hörte, wie zischend Wasserdampf aus dem Kessel aufstieg. »Natürlich ist das eine Falle. Sie …«
    »Was er gesagt hat, stimmt aber«, fiel ihm Tellman ins Wort. »Ich habe es selbst nachgeprüft. Ich habe mich nach dem Mann erkundigt, ihn vor seinem Haus gestellt und ihm gesagt, dass sein Treiben der Polizei bekannt ist. Kurz darauf ist er losgegangen, um das seinem Hintermann weiterzuberichten.« Sein Gesicht war jetzt fast grau. Der Wasserkessel begann leise zu pfeifen. Pitt achtete nicht darauf. »Und wer ist das?«
    »Simbister.«
    Pitt spürte, wie Kälte in ihm aufstieg und ihn ein leichtes Unwohlsein beschlich. Eigentlich hätte ihn diese Mitteilung nicht überraschen dürfen, denn Welling und Carmody hatten etwas in dieser Richtung durchblicken lassen. »Der Mann von der Wache in der Cannon Street? Steht das zweifelsfrei fest?«
    »Ja.«
    »Und Denoon hat ihn zu Hause aufgesucht? Ist das sicher?«
    »Ja. Haben Sie die Absicht, mit Jones zu sprechen?«, fragte Tellman.
    »Nein. Immerhin besteht die Gefahr, dass Wetron davon erführe. Ganz davon abgesehen bezweifle ich, dass er mir etwas sagen würde.«
    Tellman nickte unglücklich. »Danke.«
    Pitt stand auf und nahm den Kessel vom Herd, bevor dessen schrilles Pfeifen alle im Hause aus dem Schlaf riss. »Was wissen Sie über Piers Denoon?«, fragte er und griff nach der Teedose.
    Tellman setzte ihn ins Bild.

    Gleich am nächsten Morgen schickte Pitt eine Mitteilung an Voisey und ging um die Mittagszeit erneut die Treppe zur Krypta der St.-Paul’s-Kathedrale hinab. Diesmal aber suchte er statt Nelsons Grabmal das des Herzogs von Wellington auf, der nicht nur im spanischen Freiheitskampf den Feldzug gegen die Franzosen geführt und Napoleon bei Waterloo besiegt, sondern seinem Lande auch später noch in hohen politischen Ämtern gedient hatte.
    Voisey wartete bereits am anderen Ende des Grabmals. Als er Pitts Schritte hörte, wandte er sich um. Er war erkennbar verärgert und sagte leise und eindringlich, kaum dass Pitt neben ihm stand: »Ich hoffe, dass Sie für Ihr Verhalten einen wirklich guten Grund haben! Immerhin musste ich wegen dieser Sache eine Unterredung mit dem Innenminister absagen.«
    »Den habe ich«, gab Pitt knapp zurück und warf einen Blick auf das prächtige Grabmal. Es wirkte eindrucksvoll und feierlich, wie es sich für den bedeutendsten Befehlshaber in der Geschichte des Landes gehörte, zugleich aber auch nüchterner und

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