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Flammen um Mitternacht

Flammen um Mitternacht

Titel: Flammen um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Kopfkissen.
    „Ich weiß
jetzt, Avdi“, sagte er, „wie wir ihn kleinkriegen.“
    Natürlich
meinte er Honold.
    „Wie?“
    „Er hängt
sehr an seiner Freundin, dieser Claudia Schoeffe.“
    „Aha!“
    „Die nehmen
wir uns vor, Avdi. Die richten wir zu, daß Honold nicht weiß, wen er vor sich
hat.“
    „Eine gute
Idee.“
    „Die beiden
leben zusammen, wie du weißt. Aber zu gewissen Zeiten ist sie allein in der
Wohnung.“
    „Kannst du
feststellen, wann das ist?“
    „Habe ich
schon. Jetzt, zum Beispiel! Jetzt ist Honold bei Heidenreich auf der Baustelle.
Und dort bleibt er ‘ne Weile!“
    Korac leerte
seinen Zahnputzbecher. Mit dem Handrücken wischte er sich den Mund.
    „Also eine
gute Gelegenheit, wenn ich dich richtig verstehe. Worauf warten wir?“
    Grinsend
standen sie auf.
    Es war
Montag, am frühen Nachmittag, und ein grauer Herbsthimmel spannte sich über die
Stadt.
     
    *
     
    Gunter Rehm,
der Journalist und Leiter der TAGBLATT-Lokalredaktion, mußte einsehen, daß der
Apfel nicht weit fällt vom Stamm. Was in diesem Fall bedeutete, daß Töchterchen
Locke ihm hinsichtlich Hartnäckigkeit nicht nachstand. Freilich benutzte sie
nicht das Brecheisen, um ans Ziel zu gelangen, sondern gurrte wie ein Täubchen.
    „Nicht wahr,
Papilein, das verstehst du doch? Uns ist das ein Herzenswunsch, ein
menschliches Anliegen! Wir wollen mitwirken, wenn es darum geht, das Los dieser
illegalen Arbeitssklaven zu mildern. Deshalb, bitte, nimm uns mit in die Höhle
des Löwen. Als Redaktions-Volontäre. Wer weiß, ob wir das nicht eines Tages
wirklich sind. Nach dem Abitur, meine ich.“
    Gunter
seufzte.
    Sie saßen zu
dritt in seinem Redaktionsbüro: er, Locke und Tom.
    Im Vorzimmer
und den Räumen ringsum herrschte gähnende Leere. Es war Mittagszeit. Noch
keiner hatte viel gearbeitet — das findet bei Zeitungsleuten in der zweiten
Tageshälfte statt —, aber zu den Futternäpfen zog’s alle.
    Die meisten
Kollegen saßen jetzt in der Pressehaus-Kantine. Jene, denen diese Verköstigung
nicht mundete, bevölkerten die umliegenden Restaurants.
    Mißvergnügt
betrachtete Gunter den Käse-Schinken-Sandwich, den Melanie Frühauf, seine
Sekretärin, ihm besorgt hatte. Der Imbiß lag auf einem Pappteller und war mit
welkem Salatblatt verziert. Aber Gunter hatte keinen Appetit. Seine Gedanken
eilten voraus — in die Höhle des Löwen.
    Konnte er es
verantworten, Locke und Tom mitzunehmen? Andererseits: Wenn die sich vom
Jagdfieber packen ließen, halfen keine Ermahnungen. Dann würden sie, wie man
aus Erfahrung wußte, auf eigene Faust losziehen. Da war es schon besser, er
behielt sie im Auge.
    Sein Blick
wanderte zum Fenster — und hinaus über die Dächer der Innenstadt. Immerhin
befanden sie sich hier im 7. Stock des 8stöckigen Pressehauses. Also hoch.
Allerdings lag Honolds Luxuswohnung noch höher, wie er wußte: nämlich in der
12. Etage eines neuerbauten Menschensilos.
    „Habt ihr
die Schule geschwänzt?“ fragte er.
    Tom
schüttelte den Kopf. „Wir hatten heute nur fünf Stunden und sind dann gleich
hergekommen.“
    „Seit wann
geht ihr in dieselbe Klasse?“
    Die
Bemerkung war berechtigt, denn Locke besuchte die 9. Klasse des
Goethe-Gymnasium und Tom die Zehnte.
    „Wir hatten
beide nur fünf Stunden“, erklärte Tom etwas lahm, was gewisse Vermutungen
zuließ, aber Gunter löcherte nicht weiter.
    „Also gut!“
entschloß er sich. „Ihr könnt mitkommen. Aber wenn ihr mir mit vorlauten Reden
die Chose (Angelegenheit) vermasselt, fülle ich euch Tinte in die
Benzintanks.“
    Beide
gelobten, nur gefragt den Mund aufzumachen.
    Gunter nahm
seinen Trenchcoat aus dem Schrank. Locke trug ihre rote Steppjacke, einen
langen Strickrock und Stiefel. Tom fand, sie sehe zum Anbeißen aus. Er
seinerseits schützte sich mit derben Jeans und dickem Pullover gegen die
herbstliche Kühle.
    Mit dem Lift
fuhren sie zur Tiefgarage hinunter.
    Für Gunters
Saab war eine Parknische reserviert. Auf ihr standen jetzt außerdem die beiden
Roller des Pärchens. Und zwar so dicht am Wagen, daß Tom sie wegschieben mußte,
damit Gunter starten konnte.
    Wegen
allgemeinen Platzmangels stellt Tom sie dann an dieselbe Stelle zurück.
    Während sie
durch die Innenstadt fuhren, kam das Gespräch auf das zurückliegende Wochenende
in Kleinbeeren.
    „Was ist
eigentlich mit dem Staatsanwalt Weber?“ fragte Locke. „Hat er sich bei dir
gemeldet?“
    „Hat er“,
nickte Gunter. „Heute vormittag. Er rief an, äußerte sich sehr nett

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