Flammen um Mitternacht
ausgestattet mit Raubvogelgesicht
und langem braunen Haar. Er redete wenig, nickte auch jetzt nur zum Gruß.
Während
Korac redete, durfte Luka einen Schluck aus der Flasche nehmen.
„Fünfzig
Illegale“, sagte er, „Türken hauptsächlich, sollten heute bei uns eintreffen.
Sie waren als Touristen getarnt, eine ganze Busladung. Ich habe jedem Handgeld
gezahlt. Unsere beiden Gewährsleute sollten sie an der Grenze, bei Salzburg, in
Empfang nehmen. Soviel wißt ihr, nicht wahr?“
Beide Kapos
nickten.
„Honold war
schneller“, fuhr Korac fort. Seine schwarzen Gorillaaugen glitzerten. „Er hat
sie mir weggeschnappt. Hat diese meine Leute kassiert. Er war plötzlich da.
Seine Kapos Fromm und Eckert haben unsere Gewährsleute mit Pistolen bedroht.
Sie nahmen den Bus mit den Illegalen einfach mit. Das hat Honold getan.“
Ein Schauder
lief Mollai über den Rücken.
Luka verzog
keine Miene.
Beide
wußten, was nun bevorstand: Bandenkrieg.
Niemals
würde der Chef zulassen, daß Honold ihn ausbootete, ihn aus der Szene
verdrängte. Korac würde kämpfen, gern kämpfen, und seine Brutalität war
bekannt.
„Ist mir
unbegreiflich, daß Honold das macht“, sagte Mollai.
Luka nickte.
„Er wird
größenwahnsinnig“, urteilte Korac. „Er braucht neue Leute und denkt, so gehe es
auch. Auf meine Kosten, zu meinen Lasten, denn ich — in Teufels Namen! — habe
das Handgeld gezahlt und die Organisation besorgt. Aber er wird sich wundern.“
„Wo sind die
Illegalen jetzt?“ forschte Mollai.
„Hat sie in
dieser Bude am Stadtrand untergebracht, hinter dem Industrieviertel. Fromm und
Eckert schieben Wache.“
„Mit denen
ist nicht zu spaßen“, gab Mollai zu bedenken, merkte aber sofort, daß das der
falsche Ton war und zu sehr nach Vorsicht klang. „Wann machen wir sie fertig?“
fragte er forsch.
Korac hob
die Hand. „Jetzt sind sie vorbereitet und wachsam. Wir warten noch. Außerdem
brauche ich neue Leute, bevor wir’s ihm heimzahlen. Heidenreich kriegt fünf
Arbeitskolonnen. Dazu habe ich mich verpflichtet. Die von Honold nimmt er auch.
Ihm ist es egal, von wem die Illegalen sind. Aber ich muß zu dem stehen, was
ich zugesagt habe. Sonst sind wir weg vom Fenster. Begriffen? Also, schafft
Leute ran!“
„Du meinst,
wir sollen anwerben?“ fragte Luka.
„Was sonst?“
schnappte Korac. „Die Zeit drängt. Und in der Stadt wimmelt es von Typen, die
Schwarzarbeit suchen.“
„Aber die
sind teurer als die Illegalen aus dem Ausland“, wandte Mollai ein. „Die
hiesigen fordern von vornherein mehr Lohn — oder sie winken gleich ab.“
„Das weiß
ich selbst“, schnauzte Korac. „Weshalb glaubst du denn, hat Honold uns die
Türken weggeschnappt? Trotzdem müssen wir jetzt hiesige nehmen! Auch wenn wir
daran nichts verdienen. Es geht darum, daß wir im Geschäft bleiben. Wenn
Heidenreich zu mir sagt: Avdi, ich brauche 50 Illegale zum Spottpreis! Und ich
sage: Tut mir leid! Wende dich an Honold! Der hat sie mir weggenommen. Wie
stehe ich dann da? Als lächerliche Figur. Aber das wird er mir büßen, dieser
Sohn einer Hündin.“
Die beiden
nickten.
Er starrte
sie an.
Sie
verstanden seinen Blick nicht.
„Worauf
wartet ihr?“ fragte er mit gefährlicher Ruhe. „Wachsen euch Wurzeln aus dem
Arsch? Ihr sollt anwerben! Rührt euch! Geht in die Gastarbeiter-Kneipen und
besorgt mir die Leute!“
Sie sprangen
auf. An der Tür stießen sie mit Franz Bossert zusammen.
Er ließ sie
vorbei, trat über die Schwelle und hob die Hand zum Gruß.
„Sie haben
Mienen wie Anwerber“, meinte er grinsend.
Korac
nickte. „Hoffentlich kriegen sie genug Illegale auf dem grauen Markt.“
Bossert
setzte sich auf den einzigen Sessel und zog sofort seine Jacke glatt, weil er
Falten haßte — und überhaupt immer aussah wie aus dem Ei gepellt.
Er war
Deutscher, 38 Jahre alt und Koracs bester — und einziger — Freund. Als dessen
Partner war er eine Art Mädchen für alles. Zu seinen Aufgaben gehörte es, die
Illegalen als Touristen einzuschmuggeln.
Er war auch
bei den Gewährsleuten gewesen, als sie Honolds rüder Waffengewalt hatten
weichen müssen. Das hatte seine Eitelkeit verletzt. Seitdem sann er auf Rache.
Bossert
hatte ein glattes Gesicht und fischige Augen. Die Stirnglatze reichte schon
weit hinauf. Den Rest seiner Blondhaare, einen strohigen Kranz, ölte er ein —
in der Hoffnung, ihn damit zu bewahren. Er war ein guter Pistolenschütze und
immer bewaffnet. Nachts lag sein Mordwerkzeug unter dem
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