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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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einer Sekunde war der blaue Waggon auf selber Höhe mit Corliss und setzte dann seinen Weg nach Westen fort.
    Corliss warf ihr über die Schulter ein – so empfand sie es zumindest – triumphierendes Grinsen zu. Er würde vielleicht nicht für immer entkommen können, aber hier in seinem Revier, zwischen den Zügen, konnte er Theresa besiegen. Dann sprang er über die Gleise und rannte mit der Beweglichkeit eines halb so alten Mannes davon.
    Doch ein zweiter Zug hatte sich mittlerweile von Westen genähert, der erste Zug hatte dafür gesorgt, dass man ihn weder hörte noch sah. Corliss stand mitten auf dem Gleis, als er getroffen wurde.
    Es geschah so schnell, dass Theresa nicht begriff, wie Corliss im einen Moment noch auf den Schienen stehen und im nächsten von einem eisernen Ungetüm durch die Landschaft geschleudert werden konnte. Sie verstand es nicht. Ihr Körper dagegen schon, sie blieb stehen.
    Hinter ihr waren Schritte zu hören. Sie drehte sich nicht um, es war sicher einer der Bauarbeiter.
    »Theresa!« Frank packte sie mit beiden Händen, hielt sie, schüttelte sie, barg sogar ihr Gesicht zwischen seinen Handflächen. »Geht es dir gut? Du blutest.«
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich habe mein Versprechen gebrochen. Wo ist er hin?«
    »Ich war bei Corliss’ Haus, konnte aber niemanden finden … geht es dir gut? Hast du einen Schock?«
    »Weiß nicht. Wo ist er hin ?«
    Die Hände auf ihren Schultern antwortete er ihr in einem derart sachlichen Ton, dass es sie auf die Palme brachte: »Der Zug hat ihn erwischt.«
    »Das weiß ich«, entgegnete sie gereizt. »Aber wo ist er jetzt?«
    »Der Zug wird ihn nach vorn geschleudert haben, weshalb wir ihn sicher da irgendwo finden, auf welcher Seite der Gleise auch immer. Bist du sicher, dass du nicht verletzt bist?«
    »Oh, ich bin verletzt.« Jeder Millimeter ihrer Haut tat weh und blutete. Ihre Ellbogen pochten, und ihr rechter Knöchel wurde langsam steif. »Aber ich werde es überleben. Glaube ich.«
    Er legte ihr den Arm um die Schultern, und sie lehnte sich an ihn, blutete eines seiner guten Hemden voll und wusste, es spielte keine Rolle, wer der Liebling ihres Großvaters gewesen war.
    Die Bauarbeiter holten sie nun ein und schwenkten ihre Taschenlampen. »Haben Sie gesehen, was passiert ist? Wer war der Kerl? Seht mal da drüben nach.«
    »Das hier ist ein Tatort«, protestierte Frank. »Sie können nicht …«
    »Wir werden schon nichts anfassen. Hey, ist das Blut?«
    »Frank?«, fragte Theresa, ihre Stimme gedämpft von seiner Windjacke, ihre schmerzenden Arme immer noch um seinen Oberkörper geschlungen.
    »Ja?«
    »Ist Rachael zurück ins College gefahren?«
    Er ließ sie los und betrachtete sie besorgt. »Nein, sie ist immer noch daheim. Sie hat mir erzählt, dass du nicht ans Telefon gehst.«
    »Oh. Gut.« Sie zog ihre Hände zurück und blies in die Handflächen, weil sie nicht wusste, was sie gegen den brennenden Schmerz anderes tun sollte. »Gut.«
    »Hab ihn gefunden!«, rief einer der Männer aus einiger Entfernung.

47
    Im Mai des folgenden Jahres
    Das Law Enforcement Officers Memorial in Washington, D. C., war ein anmutiges Stein- und Marmoroval, einige Blocks nordwestlich des Capitols gelegen. Die jährliche Zeremonie, mit der man Polizisten gedachte, die in Ausübung ihrer Pflicht umgekommen waren, fand jedes Frühjahr statt, der Jahreszeit der Erneuerung. Theresa atmete den leichten Geruch nach Kirschblüten ein und fragte sich, ob Edward Corliss die Torso-Morde wiederaufleben ließ, um die Polizei von seiner Verbindung zum ersten und fünften Opfer abzulenken, oder ob er einfach nur Befriedigung dabei empfand.
    »Danke, dass du mitgekommen bist«, sagte sie.
    »Ich lasse mir doch keine Gelegenheit entgehen, fotografiert zu werden«, neckte sie Chris Cavanaugh.
    Die Menschen drängten sich auf dem Platz, auch wenn es noch Stunden dauern würde bis zur Kerzenzeremonie. Zum dritten Mal in den letzten drei Minuten fuhr Theresa mit den Fingern die Gravur im Marmor nach. James F. Miller.
    »Gut, dass er hier seinen Platz gefunden hat«, meinte Chris. »Alle waren so hysterisch wegen der Aufklärung der Torso-Morde, dass es fast noch einmal fünfundsiebzig Jahre gedauert hätte, bis sich jemand an James Miller erinnert hätte.«
    »Ich wünschte nur …«
    Als sie nicht weitersprach, drängte Chris sie: »Was denn?«
    »Ich wünschte, ich wüsste, was damals geschehen ist.«
    »Mit Miller? Ja, ich weiß, was du meinst. Wusste er, dass

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