Flammenbucht
sie war ihnen zur Waffe geworden.
Sie alle bewunderten Nhordukael; doch hier, im Angesicht der Quelle, erkannten sie, welch hohen Preis er für seine Macht zahlen mußte. Nhordukaels Körper hatte sich verändert, seit er die Vulkanhöhlen des Brennenden Berges betreten hatte. Feuer umspielte seine Hände und Füße, sein Haar stand in Flammen, ohne zu vergehen, unter der Haut glommen die Adern wie flüssige Bronze. Manchmal schien sich sein Körper in der hitzeflimmernden Luft aufzulösen, seine Umrisse drohten im aufwirbelnden Rauch zu verwehen. Nhordukael hob die Stimme. »Ihr habt in den letzten Tagen eine große Stadt in Rauch aufgehen sehen; eure einstige Heimat, die Stadt eures alten Lebens, das unwiederbringlich vergangen ist. Thax war das Herz des palidonischen Hochlandes; und wir versetzten ihm den Todesstoß! Bars Balicor ist geflohen, der Silberne Kreis nach Persys vertrieben worden. Das Hochland ist nun endgültig sicher vor unseren Feinden; sie werden so schnell nicht mehr wagen, uns den Brennenden Berg fortzunehmen.« Nhordukael sprach mit schleppender Stimme, die Worte strengten ihn sichtlich an. »Meine Botschaft ist in ganz Sithar vernommen worden. Überall rufen die Menschen meinen Namen; sie erhoffen von mir die Rettung vor den Goldei, da sie dem Reich und der Kirche nicht mehr trauen.« Er deutete auf den glühenden See. »Dort liegt unsere Rettung - in der Sphäre. In ihr liegt die Antwort auf unsere Fragen: woher die Goldei kommen, warum sie uns bekämpfen und wie wir sie besiegen können. Ich muß dorthin gehen. Ich muß wissen, warum diese Katastrophe über uns hereingebrochen ist. Ob ich zurückkehren kann, weiß ich nicht; was in der Sphäre auf mich wartet, ist ungewiß. Doch falls ich zurückkehre, wird diese Welt eine andere sein.« Er faßte sich an den Hals, als ob ein brennender Schmerz ihn quälte. »Ihr müßt zurückbleiben und den Brennenden Berg beschützen. Wenn er an die Goldei oder an einen anderen Feind fällt, bin ich verloren. Vergeßt das nie!« Er hob die Hand. »Drun! Komm zu mir!«
Einer der Weißstirne trat auf ihn zu: Drun, ein junger Kaufmannssohn aus Thax, der den ersten Aufstand angeführt hatte. In der Schlacht gegen das kaiserliche Heer hatte er gekämpft wie kein zweiter; Drun hatte es verstanden, seinen Säbel von der Macht des Brennenden Berges leiten zu lassen. Funken hatten von seiner Klinge gesprüht, hatten sich in das Fleisch, in die Rüstungen der angreifenden Feinde gefressen. Sein Glaube an Nhordukael hatte ihn unbesiegbar werden lassen. Nun trat er auf den Hohenpriester zu, ergriff seine Hand. »Du darfst uns nicht verlassen«, bat er Nhordukael. »Ohne dich sind wir hilflos! Nur durch dich haben wir das kaiserliche Heer besiegt; nur an deiner Seite können wir es wagen, den Goldei entgegenzutreten.« »Die Quelle hat euch allen die Macht des Feuers verliehen. Nutzt sie, so wie ihr es in den vergangenen Tagen tatet.« Nhordukael senkte die Stimme, damit nur Drun ihn verstehen konnte. »Du mußt sie anführen, Drun. Verteidige das Hochland gegen alle Gefahren; niemand darf sich dem Brennenden Berges nähern. Wenn der Thronrat dir Verhandlungen anbietet, schließe Frieden, um das Hochland zu sichern Doch wenn die Fürsten erneut ein Heer entsenden, zerschlage es! Sie haben der Macht des Feuers nichts entgegenzusetzen. Und eines noch, Drun: Sende dem Kurator von Vara, Alplaudo Carxives, eine Botschaft von mir. Warne ihn vor Bars Balicor; schreibe ihm, die verblühte Rose habe neue Ranken geschlagen.«
Drun nickte tapfer. »Ich werde tun, was du von mir verlangst.« Schon wollte er zurücktreten, als ein neuer Gedanke ihn befiel. »Wenn du von uns gehst und in die Sphäre eintauchst - wirst du uns ein Zeichen senden? Werden wir dich sehen können oder deine Stimme hören? Sollen wir zu Tathril beten, damit er dich…« Nhordukaels Augen verengten sich. »Hat Tathril je unsere Gebete erhört? Hat Tathril uns je eine Antwort gegeben? Sein Name fesselt uns mehr, als er uns befreit; er ist eine Last, die ich zurücklassen muß, wenn ich den Weg in die Sphäre gehe!« Er richtete sich auf; die Flammen, die sein Haupt umtanzten, wurden heller, strahlender. »Wenn ihr fortan Hilfe benötigt, ruft nicht mehr Tathrils Namen! Ruft nach mir, Weißstirne; denn ich werde euch antworten! Ich bin kein Trugbild, kein Schatten, kein bloßer Name; ich bin ein Mensch wie ihr, und wir werden Seite an Seite kämpfen, wenn auch in verschiedenen Welten.«
Drun erbleichte
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