Flammenbucht
gesehen hatte - damals, in den geheimnisvollen Gärten des Aru'Amaneth. Schon damals hatte Intharas Blick ihn gefesselt.
»In Euren Worten schwingt ein Mißtrauen mit, das mich schmerzt«, sagte sie vorwurfsvoll. »Ich dachte, wir hätten in Praa Vertrauen zueinander gefaßt.«
Baniter zögerte. »Ich will Euch nichts vormachen, Inthara.
Die Lage, in die unsere Länder geraten sind, ist seit unserem letzten Zusammentreffen verzwickter geworden. In Vara warten jede Menge Unannehmlichkeiten auf mich - und auf Euch ebenso! Als Ulimans Gattin werdet Ihr von einem Tag auf den anderen zahlreiche Feinde haben, die Euren Einfluß fürchten, Eure Macht und Eure Schönheit.«
»Das ist mir bewußt. Doch was ist mit Euch? Seid auch Ihr mein Feind? Oder vertraut Ihr mir?« Er wich ihrem Blick aus.
Erwartet sie tatsächlich eine Antwort auf diese Frage?
Sie ließ sein Handgelenk los. »Ihr sollt mich nicht fürchten, Baniter, und Ihr sollt mich nicht hassen. Ich werde Euren Plänen in Vara nicht im Weg stehen, welche es auch immer sein mögen. Als ich damals in Praa jenen vergifteten Weinbecher in den Händen hielt, schenkte ich Euren Unschuldsbeteuerungen Glauben; ich wußte tief in meinem Herzen, daß Ihr mit diesem Mordanschlag nichts zu tun hattet. Nun wünsche ich mir von Euch ebensolches Vertrauen.«
»Ihr verkennt meine Position, Inthara! Ich bin im Silbernen Kreis ein Ausgestoßener; die übrigen Fürsten meiden mich und fürchten ein Erstarken meiner Familie. Sie werden in Vara jeden meiner Schritte beobachten. Es wäre unklug von Euch, als künftige Kaiserin Sithars allzu offen meine Nähe zu suchen.«
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. »Ich hatte nicht vor, es offen zu tun, Baniter Geneder.« Erschrocken wandte sich Baniter von ihr ab und verließ das Zelt. Diesmal hielt sie ihn nicht zurück. Scorutar wartete draußen, etliche Schritte vom Ausgang entfernt. Er blickte zum Himmel empor und wärmte sein Gesicht in der Sonne, wie er es schon am Nordtor getan hatte. Er ließ sich nicht anmerken, ob er das Gespräch zwischen Baniter und der Königin belauscht hatte, doch Baniter hütete sich davor, die Wachsamkeit der Möwe von Swaaing zu unterschätzen.
Und Zuversicht: vor ihm der letzte Schritt, so nah die Grenze, die es zu überqueren galt. Eine Treppe aus glühenden Steinen, eine Leiter aus brennenden Eisensprossen, ein Pfad durch beißenden Rauch… all dies sah Nhordukael in den Feuern des Brennenden Berges. Er stand vor dem Lavasee, wo die Urkräfte des Vulkans zum kochenden Chaos verquirlten; aufspritzender Funkenregen, blutroter Glanz, purpurne Flammen, die wie Geister über der Glut tanzten. Nhordukaels Augen folgten ihrem Spiel; in seinen Pupillen spiegelte sich die alles verschlingende Kraft der Quelle. Der letzte Schritt, so nah, und Zuversicht trug seine Gedanken. Unweit des Lavasees warteten die Weißstirne auf seine Anweisungen. Nachdem Nhordukael den Tempel von Thax verlassen hatte, war er mit ihnen zum Berg Arnos zurückgekehrt; der Ritt hatte nur wenige Stunden in Anspruch genommen. Nun hatte er einige der Weißstirne in die Vulkanhöhlen des Brennenden Berges mitgenommen. Zum ersten Mal in ihrem Leben kamen sie dem Herz der Quelle so nahe. Bislang hatten allein die Priester der Tathrilya dem Auge der Glut gegenübertreten können, ohne von seiner Macht vernichtet zu werden. Doch nun, da Nhordukael über den Brennenden Berg gebot, war die Quelle versöhnt mit den Menschen. Sie ließ die Weißstirne am Leben, betrachtete sie gar mit Wohlwollen, denn sie dienten dem ›Auserkorenen‹, der sie von ihren Fesseln befreit hatte.
Die Weißstirne ertrugen die Gluthitze, ohne zu klagen. Sie waren Nhordukael gefolgt, seit sie sich das weiße Tuch um die Stirn gebunden hatten; manche hatten gesehen, wie er auf dem Platz der Gießer und Schmelzer unbeschadet aus den Bronzefluten hervorgetreten war, andere hatten den ›Auserkorenen‹ zunächst allein deshalb verehrt, weil er ihnen als Symbol des Aufbegehrens gegen das Althergebrachte erschienen war, das sie an ihren Eltern und Lehrmeistern so verachteten. Doch auch sie waren bald zu fanatischen Anhängern Nhordukaels geworden, fasziniert von seinen magischen Fähigkeiten. Er hatte ihre Waffen mit dem Feuer des Brennenden Berges gesegnet, er hatte ihnen den Sieg über das kaiserliche Heer beschert und die Stadt Thax vor ihren Augen in Flammen aufgehen lassen. Nun schützte er die Weißstirne vor dem Zorn der Quelle. Die Glut konnte ihnen nichts anhaben;
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