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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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ist wahr«, versprach die Stimme im Einklang mit der aufwirbelnden Melodie, »denn ich habe sie selbst erlebt. Ich war zu dieser Zeit Sternengängers Gefährte und sein Freund. Mein damaliger Name war Mondschlund … doch laß mich dir die gesamte Geschichte erzählen.«
    Bis zum obersten Raum des Turms reichte das Netz des Gefüges. Zwei Drähte führten an der Wand entlang, zitterten wie die Fühler eines Insekts. Angewidert starrte Laghanos auf die silbernen Fäden.
Mit dir soll ich verschmelzen; dir soll ich meinen Körper ausliefern, um in die Sphäre übertreten zu können.
Er streckte die Hand aus, spürte die jähe Verwirrung des Gefüges; peitschend schlugen die Drähte gegen seine Fingerkuppen. Rasch zog er die Hand zurück.
Werde ich ein Teil von dir sein oder du ein Teil von mir? Wirst du mir deinen Willen aufzwingen, oder werde ich über dich herrschen?
    Er wandte sich dem Fenster zu, an dem er schon einmal gelehnt hatte, als Darsayn ihm die Erhabene Halle gezeigt hatte. Der Grund der Kaverne war nur undeutlich zu erkennen, verborgen in blauen Schatten. Allein die Arme der Beschlagenen funkelten im Licht. Laghanos konnte ihre Nähe spüren.
    Die Maske verbindet mich mit ihnen - und auch mit den Goldei. Ich führte die Echsen zur Quelle von Oors Caundis, und die Quelle brachte mich zum Heiligen Spektakel, damit ich den Beschlagenen begegne. All dies war vorherbestimmt, ein Teil der Prophezeiung… welchen Sinn hat es, sich dagegen aufzulehnen?
Ja, welchen Sinn hatte es, sich zu wehren? Lange hatte Laghanos mit dem Gedanken gespielt, aus den Gängen des Spektakels zu fliehen - fort von Darsayn, fort von der Beobachtung durch das Gefüge und den ängstlichen Blicken der Unbeschlagenen. Doch was würde dort draußen auf ihn warten? Drafurs Maske hatte ihn entstellt, und er war längst zu eng mit der Sphäre verbunden, um jemals Frieden finden zu können.
    Wenn er jedoch blieb… wenn er Darsayns Wunsch entsprach und mit dem Gefüge verschmolz, würde er kein Gejagter mehr sein. Er würde die Macht besitzen, die Quellen zu durchschreiten - und nicht mehr allein sein! Die Beschlagenen würden ihm in der Sphäre zur Seite stehen, wenn dort tatsächlich ein Kampf seiner wartete.
Auf wessen Seite stehe ich? Wer ist mein Verbündeter? Und wer ist mein Gegner?
    Wie sehr wünschte sich Laghanos in diesem Moment den Rat Sorturos, seines einstigen Lehrmeisters. Sorturo hatte ihn beschworen, vor den Goldei zu fliehen und den Kampf gegen sie aufzunehmen; er hatte geglaubt, daß Laghanos die Echsen eines Tages ins Verderben führen würde. Aber die Maske Drafurs hatte alles verändert. Die Goldei hatten Laghanos benutzt, ihn zu ihrem Schüler gemacht - doch war es ihm bei den Menschen besser ergangen? Warum sollte er für sie kämpfen, für eine Welt, der er nicht länger angehörte?
    Ich muß in die Sphäre gehen! Drafur wartet dort auf mich, so versprach es mir der Rotgeschuppte. Ich muß endlich erfahren, wer sich hinter diesem Namen verbirgt. Vielleicht wird er mir den Weg weisen, den ich gehen muß. Und die Beschlagenen werden meine Begleiter sein, wenn ich…
    Ein Geräusch ließ ihn zusammenzucken, ein unterdrücktes Atmen. Er spürte einen Hauch in seinem Nacken. Laghanos fuhr herum. Blickte sich im Turmrund um, bis zur im Dunkeln verborgenen Wendeltreppe. Doch da war niemand! Er war allein - um ihn nur totes Gestein und die vibrierenden Drähte des Gefüges. Dennoch hatte er jemanden gehört, ganz in seiner Nähe!
    Laghanos konzentrierte sich auf die Maske. Die Sporne richteten sich auf, tasteten nach der Sphäre. Sogleich spürte Laghanos die Gegenwart des Gefüges; es schien in großer Unruhe, war erfüllt von nervöser Angst. Fürchtete es sich vor Drafurs Maske? Oder witterte es eine andere Gefahr?
    Laghanos preßte sich an die Wand. Hörte erneut ein leises Atmen. Dort - eine plötzliche Bewegung am Rand seines Sichtfeldes, ein Schatten! Als er die Augen darauf richtete, verschwamm die Erscheinung in der Finsternis. Tauchte dann für einen Moment wieder neben ihm auf: eine schmächtige Gestalt, gehüllt in eine Kutte. Langes braunes Haar. Laghanos' Blicke glitten von ihr ab wie Wasser von einer Fläche. Er wollte schreien, doch seine Stimme versagte. Vor ihm erschien eine Hand; sie war umhüllt von schwarzem Stoff, auf dem ein Zeichen glomm. Schmale Finger, die ein Messer umklammerten. Die Klinge näherte sich seiner Kehle. Wie gelähmt starrte Laghanos auf die Waffe, sah sie und sah sie nicht, war

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