Flammenbucht
Geschmeide den Südseglern entgegen. Zufrieden beobachtete sie, wie die Hände der drei Männer gierig nach den Schmuckstücken tasteten.
KAPITEL 12 -
Spuren
Blutrote Abendsonne. Flimmernde Hitze. Wüstensand
™ß
wirbelte empor und stob über den Fluß Nesfer hinweg; der größte Strom Arphats, ein silbernes Band, das die praa-tische Wüste durchschnitt. An seinem Ufer lagerte ein Heerestroß. Blaue Waffenröcke, grünglimmende Säbel; es waren Bena-Sajif-Mönche aus dem Osten des Königreiches. Die Priesterschaft des Todesgottes Kubeth hatte sie herbeigerufen, um das Heer der Arphater im Westen zu verstärken.
Der Krieg gegen die Goldei hatte eine furchtbare Wendung genommen. Der Versuch der Arphater, die Echsen an den Reichsgrenzen aufzuhalten, war gescheitert. Hohe Verluste wurden gemeldet: der Sajessin, der stärkste Kriegerorden Arphats, hatte zweitausend Mönche verloren, als der Feind die Heereslinie durchbrochen hatte. Auch die Bruderschaft des Balah-Sej beklagte an die tausend Gefallene. Nun drangen die Goldei ins Landesinnere vor; die Zwingfeste von Thesma hatte sich ihnen ergeben, und aus dem Grenzgebiet flohen die Menschen gen Norden, um Schutz in den Küstenstädten zu suchen. Auch dort war die Lage angespannt: Immer häufiger wurden auf dem Nordmeer die goldenen Schiffe der Echsen gesichtet, die vom Hafen der besetzten Stadt Harsas aus in See stachen. Noch hielten sie sich von der Küste fern, doch es war abzusehen, daß sie den Krieg bald in weitere Gebiete Arphats tragen würden.
Alle Hoffnung richtete sich nun auf das Bündnis mit dem Kaiserreich Sithar. Die Nachricht von der Eheschließung zwischen Königin Inthara und dem sitharischen Kaiser hatte zunächst Empörung in der Bevölkerung hervorgerufen, doch da die Königin den göttlichen Willen verkörperte, waren die Widerworte rasch verstummt. Inzwischen hatten selbst jene, die glühenden Haß auf das Kaiserreich verspürten, die Notwendigkeit des Paktes erkannt und sehnten die Ankunft des sitharischen Heeres herbei. Gerüchten zufolge hatte bereits eine Streitmacht von achttausend Mann den Nebelriß überquert. Mit dieser Verstärkung würde es gelingen, die Goldei von Arphats Städten fernzuhalten, und so faßten die Menschen im Königreich wieder Mut.
Seit Tagen schon zogen die Bena-Sajif-Mönche am Ufer des Nesfers entlang. Sie waren von Praa aus aufgebrochen; ihre Maultiere hatten Flöße mit Verpflegung und Rüstzeug stromaufwärts getreidelt. Nun hatte der Troß die Ebene von Sarma erreicht, wo der Nesfer vom Süden her in die Wüste drang und gen Osten abbog. Hier standen die Ruinen von Dalal'Sarmanch, der Stadt der Sieben Türme, die am Ende der Alten Zeit von König Apetha zerstört worden war. Dunkle Gesteinsbrocken zeigten, wo einst ihre Mauern gestanden hatten; zerschlagenes Geröll, überwuchert von Faulnesseln, teils im sandigen Grund versunken. Angeblich spukten des Nachts noch immer die einstigen Bewohner der Stadt in den Trümmern umher, in ewiger Furcht vor dem unsichtbaren Feind, der Dalal'Sarmanch von innen heraus vernichtet hatte.
Die Bena-Sajif hatten es nicht gewagt, ihr Lager innerhalb der Grenzen der verfluchten Stadt aufzuschlagen. Statt dessen hatten sie vor der Flußbiegung haltgemacht und ihre Zelte auf einer ufernahen Lehmbank errichtet. Die Ruinen lagen in Sichtweite; auf der anderen Seite des Flusses ragten Bruchstücke der zerstörten Mauern aus dem Sand. Als sich Dunkelheit über die Wüste senkte und die Gluthitze der nächtlichen Kälte wich, begriffen die Mönche, daß die Gerüchte um Dalal'Sarmanch keine bloße Erfindung waren. Über den fernen Trümmern waberte ein blaues Licht, und der Wind trug ein Klagen an die Ohren der Wachen, die sich um ein Lagerfeuer scharten. Mit klammen Herzen starrten sie auf die Ruinen; niemand wagte zu sprechen. Schließlich begann einer der Mönche zu singen; ein Lied, das er in den vergangenen Tagen in Praa aufgeschnappt hatte:
»Hört ihr denn nicht, überhebliche Narren die haltlosen Heere vor Dalal'Sarmanch? Wißt ihr denn nicht, wie entschlossen sie nahen zu schleifen die Türme von Dalal'Sarmanch? Goldenes Rüstzeug und klirrende Schwerter, am Rochen geschärft und an Candacars Stahl getaucht in das Blut der gefallenen Gegner bald richten sie sich gegen euch! Ja, bald umschließt der Griff der goldenen Klaue die Türme von Dalal'Sarmanch.«
Jeder kannte diese Zeilen; die sitharische Dichterin Lyndolin Sintiguren hatte sie vor einigen Kalendern am Har'buthi-Fest
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